Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 15-16

zm 111, Nr. 15-16, 16.8.2021, (1461) gangränöses nekrotisches Stadium der Gewebeschädigung wird durch den thrombotischen Verschluss der ernährenden Gefäße schnell erreicht. Durch den stark system- toxischen Effekt können Exo- und Endotoxine zügig ein Multiorgan- versagen mit septischem Schock be- dingen [Wong et al., 2003]. Im seltenen Fall der cervikofazialen nekrotisierenden Fasziitis sind be- sonders vaskuläre Komplikationen (Thrombose der V. jugularis interna, Blow-out der A. carotis, Aneurysmen der A. carotis) mögliche und schwer- wiegende Komplikationen [Gunaratne et al., 2018]. Die Diagnosestellung erfolgt in erster Linie klinisch anhand des Lokalbefunds und der charakteristisch raschen Symptom- progredienz, die wiederum gleich- zeitig die Grundlage einer zwingend erforderlichen chirurgisch-explora- tiven Therapie mit ausgedehntem Wunddebridement darstellt. In der Schnittbilddiagnostik (CT und/oder MRT) lassen sich in manchen Fällen Veränderungen wie Lufteinschlüsse und/oder Gewebeeinschmelzungen erkennen [Gunaratne et al., 2018]. Intraoperativ imponiert die Infek- tion durch nekrotische Gewebe- veränderungen, „spülwasserartigen“ Eiter und stark übelriechendes, bräunliches Wundexsudat. Die end- gültige Diagnosesicherung erfolgt auf Basis der histopathologischen und mikrobiologischen Analyse resezier- ten Gewebes [Baer et al., 2002]. Um die Morbidität und Mortalität dieser fulminanten und lebens- bedrohlichen Weichgewebeinfek- tion zu senken, sind eine schnelle Diagnosestellung, die umgehende Initiierung einer intravenösen Breit- band-Antibiotikatherapie sowie ein aggressives Wunddebridement ent- scheidend [Fontes et al., 2000]. Nach der mikrobiologischen Unter- suchung wird die antibiotische The- rapie auf Basis eines angefertigten Antibiogramms spezifisch angepasst [Hua et al., 2018]. Eine multimodale und interdisziplinäre Therapie ist für eine gute Prognose der Infektion unerlässlich. \ ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion ange- fordert werden. FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Die nekrotisierende Fasziitis ist eine sich schnell ausbreitende und lebensbedrohliche Weichteilinfektion und erfordert eine schnelle Diagnosestellung und eine interdisziplinäre Therapie. \ Ein bis zehn Prozent der Fälle treten im Kopf-Hals-Bereich auf und lassen sich dort entsprechend der Lokalisation in Fälle der Skalp- und Periorbitalregion sowie des Mittelgesichts und des Halses unterteilen. \ Die Diagnosestellung erfolgt primär anhand der Klinik (Schwellung, Rötung und Allgemeinsymptome mit Fieber) und wird regelhaft mittels CT und oder MRT komplettiert. \ Differenzialdiagnostisch zeigen Erysipel und Gasbrand ähnliche Symptome bei milder ausgeprägten Allgemeinsymptomen. \ Standardtherapie ist ein aggressives, chirurgisches Wunddebridement, zusammen mit einer initial breit aufgestellten intravenösen Antibiotika- therapie, die entsprechend dem Antibiogramm im Verlauf angepasst werden muss. Abb. 4: Postoperativer Zustand vier Wochen (a, b) und drei Monate nach der Operation (c) Alle Fotos: MKG Universitätsmedizin Mainz a b c ZAHNMEDIZIN | 59

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