Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 21

zm 111, Nr. 21, 1.11.2021, (2085) ren, als ihre guten Mitarbeiter an sich zu binden und zu fördern. Bereits 1994 beschrieb Günther H. Schust in seinem Buch „Total Performance Ma- nagement“, dass die Fluktuationskos- ten für eine qualifizierte Fachkraft, die nach nur neun bis zwölf Monaten das Unternehmen verlässt, auf das Ein- bis Zweifache des Jahresgehalts geschätzt werden. Heutzutage liegen die Kosten der Fluktuation sogar noch drüber. Geld, das der Praxis am Ende fehlt. Wenn Sie es sich aussuchen können, tanken Sie doch auch lieber an der Tankstelle mit der freundlichen Ser- vicekraft, gehen in das Einkaufszen- trum mit dem charmanten Kassierer und essen am liebsten in der Pizzeria ums Eck, weil es dort nicht nur die bes- te Pasta, sondern auch mit Abstand die netteste Bedienung gibt? Warum soll- ten Sie also dem Irrglauben unterlie- gen, dass es den Patienten egal ist, wie freundlich und nett Ihr Praxisteam ist? IRGENDWANN BRÖCKELT DIE FASSADE Tatsache ist, dass man – egal ob als ZFA oder Inhaber – nur begrenzt die be- rühmte „gute Miene zum bösen Spiel“ machen kann. Irgendwann bröckelt die Fassade. Die Stimmung im Team wird schlecht, der Patient nervt und über- haupt macht man bestenfalls noch Dienst nach Vorschrift. Die innere Kün- digung hat längst begonnen. Als Chef in der Situation aus eigener Kraft das Ruder herumzureißen, ist alles andere als einfach. Aber nicht unmöglich. Man muss nur wissen, wo man ansetzen soll. In einem persönlichen Gespräch mit Ihrem Team werden Sie vermutlich nie eine aufrichtige Antwort bekom- men. Um herauszufinden, wo im All- gemeinen und wo vielleicht nur ver- einzelt der Schuh drückt, bietet sich daher eine Mitarbeiterbefragung an. Sie ist anonym und ihr Team kann ehrlich antworten, ohne Konsequen- zen befürchten zu müssen. Idealerweise wählt man für die Praxis- teambefragung einen Anbieter, der sich auf Arztpraxen spezialisiert hat. Dabei gibt es mittlerweile sogar Model- le, die Befragungen als Abo anbieten, so dass eine Erhebung turnusmäßig und ohne hohe Kosten durchgeführt werden kann. Eine regelmäßige Befra- gung hat gleich mehrere Vorteile: Zum einen ist sie für die Mitarbeiter ein Zei- chen, dass ein echtes Interesse an dem Team besteht. Allein diese Tatsache motiviert. Zum anderen erkennt man anhand der Auswertungen, ob die ein- geleiteten Optimierungsmaßnahmen bereits greifen. Wer sich dabei den Verbesserungspro- zess allein nicht zutraut, bucht eine Variante inklusive Beratungsleistung. Damit hat man die entsprechende Hilfestellung und professionelle Unterstützung bei der Optimierung der Praxissituation gleich inbegriffen. Auch ein Mitarbeiter-Coaching ist sehr hilfreich. Generell haben mein Team und ich die Erfahrung gemacht, dass man mit Mitarbeiter- Workshops durch externe Berater schneller Erfolge verbuchen kann. Sofern natürlich die Leitung wirklich eine Veränderung der Praxiskultur wünscht. Die Offenheit gegenüber ei- ner fremden Person ist oft viel unge- hemmter und ehrlicher. Auch werden deren Empfehlungen eher akzeptiert. UND REDEN SIE MIT IHREM TEAM UND HÖREN SIE ZU Reden Sie mit Ihrem Team, hören Sie ihm zu. Ganz gleich wie klein oder groß Ihr Praxisteam ist: Reibungen und Unstimmigkeiten gibt es überall. Und der (wirtschaftliche) Erfolg der Praxis ist so eng umwoben mit der Zufriedenheit des Praxisteams, das man dies wirklich nicht außer Acht lassen sollte. Manchmal hilft schon ein kleiner Motivationskurs, eine Schulung für den besseren Umgang mit Absagen der Patienten oder ein Workshop für den Verkauf von Zusatzleistungen. Sofern Sie das Gefühl haben, dass Ihr Team noch nicht innerlich gekündigt hat, planen Sie ein gemeinsames Event und schaffen Sie (nicht-mone- täre) Anreize. Probieren Sie Feedback-Gespräche oder – wenn Sie sicher sein möchten, dass das Feedback auch wirklich ehr- lich ist – versuchen Sie es mal mit einer anonymen Team-Befragung. Ihr Team wird Ihre Bemühungen mit Motivation und Loyalität danken. Und last but not least steigern Sie er- heblich den Wert Ihrer Arbeitgeber- marke. Die Quintessenz aus all diesen Din- gen ist, dass Sie wahrscheinlich nie wieder eine wichtigere Kennzahl messen werden als die der Mitarbei- terzufriedenheit. Kleiner Tipp: Ich habe vor einigen Wochen ein Interview auf dem You- Tube-Channel von Dr. Stefan Helka dazu gegeben. Schauen Sie einmal rein. Einfach nach „Henrici“ suchen. Ihr Christian Henrici zusammen mit Marc Barten, Mitglied im Team Praxisflüsterer Henrici@opti-hc.de, www.opti-hc.de CHRISTIAN HENRICI – DER PRAXISFLÜSTERER Mit der Erfahrung aus mehr als 3.200 umfassenden zahnärztlichen deutschlandweiten Mandaten in knapp fünfzehn Jahren beantwortet der Praxisexperte und Haupt- gesellschafter der „OPTI health consulting GmbH“ Fragen von Mandanten und Lesern zum Unternehmen Zahnarztpraxis. Der Einblick in seinen „Praxis“-Alltag soll Lösungs- ansätze aufzeigen, um Problemen in der Praxis so früh wie möglich begegnen zu können. Oder besser – um diese gar nicht erst entstehen zu lassen. PRAXIS | 71

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