Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm 111, Nr. 23-24, 1.12.2021, (2301) BRANDENBURGISCHER ZAHNÄRZTETAG Die Gruppenprophylaxe muss wieder stattfinden Der 30. Brandenburgische Zahnärztetag vom 19. bis zum 20. November in Cottbus stellte die Kinderzahnheilkunde in den Mittelpunkt. 14 Referenten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz gaben Einblicke in den Stand der Wissenschaft. Die Landeszahnärztekammer nutzte die Veranstaltung für eine klare Forderung ans Gesundheits- ministerium: Die gruppenprophylaktische Betreuung muss wieder stattfinden, um das Erreichte zu sichern. S eit Beginn der Corona-Pandemie, also seit mehr als 20 Monaten, finden praktisch keine Gruppenpro- phylaxe-Maßnahmen und Vorsorgeuntersuchungen in den Schulen und Kitas mehr statt“, kritisierte Kammer- präsident Jürgen Herbert in seiner Eröffnungsrede. „Da- durch werden Karies und Zahnfehlstellungen deutlich zu spät oder gar nicht mehr erkannt und die Eltern nicht darüber informiert.“ Dieses Defizit betreffe in zunehmen- dem Maß Kinder und Jugendliche aus sozial schwachen Familien. DIE PANDEMIE GEFÄHRDET DIE ERFOLGE DER PRÄVENTION Die Pandemie „hat einen negativen Einfluss auf die zahn- medizinische Gruppenprophylaxe“, bestätigte Dr. Gudrun Rojas, Fachzahnärztin für Kinderstomatologie und Öffent- liches Gesundheitswesen, in ihrem Vortrag zur Situation der Mundgesundheit in der Region. Bei der Gruppenpro- phylaxe im Schuljahr 2019/2020 seien nur noch 52,6 Pro- zent der Kinder erreicht worden. Die Gesundheitsberichterstattung zeigt die Zunahme ka- riesfreier Gebisse. Bei den Zwölfjährigen ist der Anteil in 28 Jahren von 15 Prozent auf 76 Prozent gestiegen. Der Behandlungsbedarf liegt aktuell bei 7 Prozent. Bei den Dreijährigen ist dieser Anteil mit 9 Prozent höher und das ist inakzeptabel. Anfang November hat die Kammerversammlung einstim- mig beschlossen, die Kontinuität der flächendeckenden gruppenprophylaktischen Betreuung wiederherzustellen, „um das Erreichte nachhaltig zu sichern“, sagte Rojas. Aus diesem Grund forderten die Mitglieder das Brandenbur- gische Gesundheitsministerium dazu auf, sich dafür ein- zusetzen, dass die Zahnärztlichen Dienste der Gesundheits- ämter ihre Aufgaben sobald wie möglich wiederaufnehmen. Brandenburgs Gesundheitsministerin Ursula Nonnemacher (Grüne), selbst Ärztin, versprach in ihrem digitalen Gruß- wort ihre Unterstützung: „Die Gruppenprophylaxe ist nun pandemietauglich aufgestellt und muss im Interesse der Kindergesundheit wieder im gewohnten Umfang statt- finden. Die Kinder haben ein Recht auf diese Betreuung und auf ein Höchstmaß an Schutz ihrer Gesundheit.“ DIE KINDER KOMMEN ZU SPÄT ZUR BEHANDLUNG „Jedes siebte Kleinkind hat Karies“, klärte Prof. Dr. Katrin Bekes aus Wien auf. Fast 14 Prozent der Dreijährigen hat- ten laut DAJ-Studie 2016 eine Kariesläsion, führte die Prä- sidentin der Deutschen Gesellschaft für Kinderzahnheil- kunde (DGKiZ) aus. Die Gründe hierfür seien nicht nur auf die Ernährung und die Mundhygiene zurückzuführen, sondern auch auf das Verhalten der Eltern. „Die Kinder kommen zu spät zu uns“, sagte Bekes. Prof. Dr. Jan Kühnisch, München, hob hervor: „Jedes zweite Kind im Alter von sechs Jahren hat einen Kariesfall erlebt und etwa die Hälfte aller kariösen Milchzähne sind bei den Sechs- bis Siebenjährigen in Deutschland un- behandelt.“ Dem Experten für Kinder- und Jugendzahn- heilkunde fehlt ein Gesamtkonzept für die Behandlung und Sanierung von frühkindlicher Karies. Kühnisch: „Api- kale Entzündungen am Milchzahn sind ein Extraktions- grund. Es macht nur Sinn, Milchzähne zu behandeln, die eine gute Prognose aufweisen.“ ak Kammerpräsident Jürgen Herbert bei seiner Eröffnungsrede Foto: KZVLB POLITIK | 51

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