Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 112, Nr. 01-02, 16.1.2022, (8) SYSTEMATISCHE PARODONTITISBEHANDLUNG Antiinfektiöse Therapie: Was ist delegierbar? Die führenden zahnärztlichen Standesorganisationen und wissenschaftlichen Fachgesellschaften haben in einem Positionspapier wichtige Fragen zur Dele- gationsfähigkeit von AIT-Leistungen beantwortet. Inwieweit diese Leistungen an qualifiziertes Prophylaxepersonal delegiert werden können, müssen Zahnärzte in jedem Patientenfall individuell entscheiden. Das Positionspapier benennt dafür die Kriterien. U m eine einheitliche Umset- zung in der Praxis zu gewähr- leisten, geben die Kassenzahn- ärztliche Bundesvereinigung (KZBV), die Bundeszahnärztekammer (BZÄK), die Deutsche Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) und die Deutsche Gesellschaft für Pa- rodontologie (DG PARO) in einem gemeinsamen Positionspapier einen Überblick zu den Voraussetzungen der Delegation zahnärztlicher Leis- tungen allgemein und stellen den Rahmen dar, in dem eine Delegation von Leistungen der Antiinfektiösen Therapie (AIT) in der Zahnarztpraxis möglich ist und wann eine Delega- tionsentscheidung zurückgenommen werden muss oder ausgeschlossen ist. AN WEN DARF DELEGIERT WERDEN? Im Papier heißt es dazu: „Rechtliches Dürfen setzt stets auch fachliches Können voraus. Deshalb ist Voraus- setzung einer Delegation eine ent- sprechende Qualifikation der Mit- arbeiterin oder des Mitarbeiters. Bei der Delegation von Teil-Tätigkeiten im Rahmen der PAR-Therapie kann insbesondere eine ZMP, ZMF bzw. DH eingesetzt werden, da diesen Kennt- nisse und Fertigkeiten im Rahmen der Aufstiegsfortbildungen inhaltlich vermittelt werden. Die Zahnärztin oder der Zahnarzt entscheidet am Ende darüber, was an dafür qualifi- zierte nichtzahnärztliche Mitarbeiter delegiert wird, denn er oder sie haftet bei deren möglichen Fehlern.“ WAS DARF DELEGIERT WERDEN? „Der aus § 1 Abs. 5 und 6 ZHG abge- leitete Delegationsrahmen der BZÄK behält auch im Zusammenhang mit dem durch die S3-Leitlinie vorgegebe- nen Leistungsgeschehen unverändert Gültigkeit. Vereinfacht kann man formulieren: ‚ Was vorher (unter den Bedingungen der bisherigen Bestim- mungen) delegierbar war, ist auch künftig (unter den Bedingungen der neuen PAR-Richtlinie) delegierbar‘.“ KRITERIEN DER DELEGATION „Da eine AIT stets ein Arbeiten im Bereich einer parodontalen Wunde umfasst, sind an eine Delegations- entscheidung strenge Maßstäbe an- zulegen. Die Delegationsfähigkeit der AIT orientiert sich deshalb am Schweregrad bzw. an der Komplexität der parodontalen Erkrankung (Sta- ging). Komplexitätsfaktoren (u. a. Ta- schentiefen ≥ 6 mm, fortgeschrittene Furkationsbeteiligung) können eine Delegation der AIT jederzeit aus- schließen. Gemäß ZHG richtet sich die Delegation danach, ob weiche und harte subgingivale Beläge ‚ kli- nisch erreichbar‘ entfernt werden können. ‚ Klinische Erreichbarkeit‘ wird neben der Taschentiefe maß- geblich von der Anatomie der sub- gingivalen Zahn(wurzel)oberflächen sowie der Lokalisation des Zahnes / der Zahnfläche beeinflusst. Natürlich spielt auch die klinische Erfahrung der zahnärztlichen Behandler bzw. der Fachkräfte eine wichtige Rolle. Zudem können auch besondere indi- viduelle Risiken eine Delegation im konkreten Einzelfall ausschließen. Patientenindividuelle Risiken in die- sem Sinne können zum Beispiel medikamentös bedingte Blutungs- risiken sein. In all diesen Fällen ist es notwendig individuell abzuwägen, ob die (Teil-)Tätigkeit insgesamt der Zahnärztin oder dem Zahnarzt vor- behalten bleibt, um das Risiko zu beherrschen. Nur wenn die Risiko- abwägung ergibt, dass alle Risiken beherrschbar sind, kommt eine Delegation allein an dafür ent- sprechend qualifiziertes Personal in Betracht.“ br Das vollständige Positionspapier können Sie hier herunterladen: https://www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/ b/position-ait.pdf Seit dem Beschluss über die neue PAR-Richtlinie wurde die Frage der Delegationsfähigkeit von Leistungen im Rahmen der PAR-Behandlung von Verbänden der ZFA, Zahnärzte- kammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen teils unterschiedlich dargestellt. Foto: Adobe Stock_Christoph Hähnel 10 | ZAHNMEDIZIN

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