Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 112, Nr. 01-02, 16.1.2022, (45) ppm), hochkonzentrierte Fluoridlacke (> 20.000 ppm) oder Silberdiamin- fluorid (SDF > 30 Prozent) in Betracht. Beim invasiven Vorgehen empfahl er die Verwendung von kunststoffver- stärktem Glasionomerzement, wenn keine adäquate Trockenlegung mög- lich ist. Bei interdentaler Wurzelkaries sollten Behandler, gegebenenfalls einen horizontalen Zugang wählen – also keinen klassischen Klasse-II-Zu- gang von okklusal. Das lasse sich gut mit Ultraschallinstrumenten bewerk- stelligen, die die Papille schonen. PLÄDOYER FÜR REPARATUREN Wann werden in der Seitenzahn- versorgung noch indirekte Konzepte benötigt? Prof. Dr. Anne-Katrin Lührs von der Medizinischen Hochschule Hannover verwies in ihrem Vortrag auf die S1-Handlungsempfehlungen „Komposit im Seitenzahnbereich“. Auch wenn die Entscheidung – ver- einfacht betrachtet – bei kleineren Defekten sicherlich zugunsten von Kompositfüllungen ausfalle und bei sehr großen Defekten zugunsten in- direkter Restaurationen, gebe es doch eine „Grauzone“. Anhand vieler Patientenfälle veranschaulichte sie, dass direkte Restaurationen sehr oft möglich sind. Bei 15 Prozent aller Klasse-II-Kavitäten erreichten diese eine Tiefe von acht Millimetern. Matrizen müssten hier modifiziert werden, und Keile können oftmals ersetzt werden durch ein zwischen Matrize und Gingiva kompaktiertes Teflonband. So erreichten Behandler trockene Verhältnisse im tiefen Ap- proximalbereich und auf einen ohne- hin schwierig zu legenden Kofferdam kann verzichtet werden. Lührs plä- dierte für die Reparatur von indirek- ten Restaurationen, wann immer das möglich ist. Sie empfahl die Kombi- nation von direkten mit indirekten Verfahren, zum Beispiel mit der Pro- ximal Box Elevation (PBE, Kasten- elevation). Manchmal sei es nur so machbar, zuvor tief liegende approxi- male Kästen suffizient abzuformen. REGENERATIVE KONZEPTE IN DER ENDODONTIE PD Dr. Matthias Widbiller aus Re- gensburg erklärte die Regenerations- möglichkeiten der Pulpa am jugend- lichen Zahn mit Pulpanekrose. Zu den weithin geläufigen Therapien eines Zahnes mit offenem Apex gehören die Apexifikation oder eine apikale Barriere mit einem MTA Plug. Beide Verfahren lassen jedoch einen avitalen Zahn zurück, der sein Wurzelwachstum nicht mehr ab- schließen wird und bei dem ent- sprechend dünne, frakturgefährdete Dentinwände verbleiben. Wenn es allerdings gelänge, eine Zahnpulpa mit ihren biologischen Funktionen wiederherzustellen, könne ein unreifer Zahn in einen reifen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum 6. DGZ-TAG DER WISSENSCHAFT EINBLICKE IN DIE AKTUELLE HOCHSCHULFORSCHUNG Vor dem Hauptkongress gaben die Universitätsstandorte einen Überblick über ihre aktuelle Forschungsarbeit. Unter anderem standen neue klinische Untersuchungsmethoden, Erosionsschutz und die Entfernung von Wurzelstiften auf der Agenda. Eine neue Methode für klinische Untersuchungen von Zahnoberflächen, die 3-D-Oberflächentexturanalyse (3DST), stellte Dr. rer. nat. Ellen Schulz-Kornas, Leiterin des Forschungslabors der Zahnerhaltung der Uniklinik Leipzig, vor. Sie hat dafür Dentin- und Schmelzoberflächen dreidimensional vermessen, darunter Klasse-V-Kavitäten auf Wurzeloberflächen. Mit zunehmender Ausprägung einer kariösen Läsion (gesund, kariös-hart, kariös-ledrig oder kavitiert) zeigte sich die Oberfläche immer vertiefter, poröser und verrundeter. Die in der Zahnmedizin neue Methode ist geeignet, im Rahmen der Kariesdiagnostik Zahnoberflächen zu beurteilen und Veränderungen von Läsionen zu überwachen (Monitoring). Initiale bakterielle Kontamination und Candida-Anhaftung Dr. Jasmin Flemming von der Universitätszahnklinik Dresden untersuchte den Einfluss von Zinnfluorid, Zinnchlorid und Polyphenol-Spüllösungen auf die antiadhärenten und erosionsprotektiven Eigenschaften der Pellikel. Die Zinnfluorid-Spülung und eine Kombination aus Zinnfluorid und Tanninsäure reduzierten die initiale bakterielle Kontamination am effektivsten und wirkten erosionsprotektiv. PD Dr. Johanna Dudek vom Universitätsklinikum des Saarlandes erläuterte in ihrem Vortrag, wie über die Pellikel die initiale Anhaftung von Candida albicans an Zahnschmelz verstärkt wird. Der Erreger nutzt offenbar Pellikel-Makromoleküle, um am Zahn anhaften zu können. Kompromissbehaftet: Die Entfernung von Wurzelstiften In einer In-vitro-Studie verglich eine Arbeitsgruppe der Zahnerhaltung an der Universitätsmedizin Göttingen die Effektivität von verschiedenen Techniken zur Entfernung von Glasfaserstiften (Sonicflex™ Endo, KaVo, Biberach; Langschaft- Rosenbohrer, Komet, Lemgo; DT Post Removal Kit, VDW, München). Dr. Franziska Haupt stellte die Ergebnisse vor. Alle Methoden hatten ihre Defizite: Sie führten zu Mikrorissen (am meisten bei Verwendung des Removal Kits) und zusätzlichem Dentinabtrag (am meisten die diamantierten Schallspitzen). Der Dentinabtrag korrelierte nicht mit der Entstehung von Mikrorissen. Als bester Kompromiss stellte sich die Verwendung des Langschaft-Rosenbohrers heraus. DR. MED. DENT. KERSTIN ALBRECHT Medizin-/Dentaljournalistin Foto: privat ZAHNMEDIZIN | 47

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