Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 01-02

zm 112, Nr. 01-02, 16.1.2022, (50) V ier Jahre ist es her, dass der Weltzahnärztever- band FDI seine erste politische Stellungnahme zum Thema Nachhaltigkeit in der Zahnmedizin abgab. Damals hieß es, der zahnärztliche Berufsstand solle die nachhaltigen Entwicklungsziele in die tägliche Praxis integrieren und einen Wandel zu einer grünen Wirtschaft unterstützen. Etwa durch die Vermeidung von Einwegmaterialien, die Reduzierung des Strom-, Wasser- und Papierverbrauchs und mehr Forschung zu den Folgen zahnärztlicher Tätigkeit für die Umwelt. Eine erste Grundlage dafür lieferte zwei Jahre später der Brite Dr. Brett Duane, außerordentlicher Professor am Trinity College Dublin für öffentliche Gesundheit und Zahnmedizin. 2019 zeigte Duane mit Kollegen in einer Forschungsarbeit, dass sich der Löwenanteil des CO 2 - Fußabdrucks der Zahnmedizin im Nationalen Gesund- heitsdienst Großbritanniens (NHS) dem Einfluss der Praxisinhaber weitestgehend entzieht: Fast zwei Drittel der Emissionen entfielen 2014/2015 auf das Pendeln der Mitarbeiter sowie den Hin- und Rückweg der Patien- ten. Nur 19 Prozent resultierten aus der Produktion und Lieferung von Verbrauchsgütern, 15 Prozent aus dem Energieverbrauch der Praxen und Kliniken. Duane berät heute als Dental-Public-Health-Experte viele internationale Gremien, vor allem im angelsäch- sischen Raum. Von dort kommen auch die meisten Leitfäden zum Thema. So veröffentlichte die Ameri- can Dental Association (ADA) online den Ratgeber „80 Möglichkeiten, um Ihre Zahnarztpraxis grün zu NACHHALTIGKEIT IN DER ZAHNMEDIZIN Der Becher aus Pappe ist nur der Anfang Pappbecher, Bambuszahnbürsten und unverpackte Zahnpasta für die Patienten, Nahverkehrstickets für die Mitarbeiter oder ein Dienst-E-Bike – langsam ergreifen immer mehr Zahnärzte und Zahnärztinnen Maßnahmen, um ihre Praxis grüner zu machen. Fest steht: Jeder Einzelne kann viel bewirken. Kleinvieh macht auch Mist. Aber ohne Politik und Industrie stößt man an Grenzen. KLIMA-AWARD FÜR US-ZAHNARZTPRAXIS Im den USA werden nachhaltige Praxiskonzepte von Organisationen und Industrie bereits seit 2013 jährlich mit dem sogenannten Green Leader Award der American Association of Dental Office Management (AADOM) ausgezeichnet. Die Gewinnerpraxis 2021 ist Artisan Dental aus Madison, Wisconsin. Sie arbeitet zu 100 Prozent mit Strom aus erneuerbaren Energien, gewährt den Teammitgliedern einen Zuschuss von einem US-Dollar pro Tag zur Nutzung alternativer Transportmittel – für Fahrgemeinschaften, Radfahren, Gehen, öffentliche Verkehrsmittel, Elektrofahrzeuge – und kompensiert als erste klimaneutrale Zahnarztpraxis der USA 100 Prozent der Treibhausgasemissionen, die mit ihrem Betrieb verbunden sind über Emissions- gutschriften aus einem Aufforstungsprogramm im Tal des Mississippi. So werden alle Emissionen aus dem täglichen Betrieb, durch Geschäftsreisen, Pendeln, Büroenergie und die Beschaffung aller Vorräte und Materialien ausgeglichen. 2021 hat die Berliner Werbeagentur White&White diese Idee nach Deutschland geholt und „Die Grüne Praxis“ ausgelobt. 115 Zahnarztpraxen bewarben sich, 37 nahmen letztlich teil, 22 wurden für ihre Nach- haltigkeitskonzepte ausgezeichnet (siehe Kästen). Foto: AdobeStock_TRAVELARIUM 52 | POLITIK

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