Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (182) DISKUSSION Die nekrotisierende Fasziitis bezeichnet eine progressive und destruierende Infektion des Weichgewebes mit erheblicher Morbidität und Mortalität [Oguz und Yilmaz, 2012]. Die Inzidenz dieser Erkrankung im Kopf-Hals-Bereich ist nicht sicher bekannt. Sie wird je nach Literatur mit 4–400/100.000 angegeben und kann daher als selten angesehen werden [Wolfet al., 2010; Chou et al., 2020]. Häufiger findet sich das Krankheitsbild im Bereich der Extremitäten, des Abdomens und der Leistengegend. Immunkomprimierende Faktoren wie Diabetes mellitus, Alkoholismus, chronisches Nierenversagen, Infektionserkrankungen oder Adipositas erhöhen das Risiko zur Entwicklung einer nekrotisierenden Fasziitis erheblich [Weiss et al., 2011]. Ein schlecht eingestellter Diabetes mellitus findet sich hierbei als häufigste Begleiterkrankung in Patienten mit einer nekrotisierenden Fasziitis im Kopf-Hals-Bereich [Cheng et al., 2015; Gunaratne et al., 2018]. Dentogene oder pharyngeale Prozesse sind als die häufigsten Ursachen der Erkrankung beschrieben. Hierzu zählen beispielsweise entzündliche Prozesse in der Mundhöhle, allen voran Entzündungen im Bereich der Unterkiefermolaren [Bahu et al., 2001; Kämmerer et al., 2017]. Weitere mögliche Ursachen sind die Pharyngitis, die Tonsillitis, eine Speicheldrüseninfektion, eine Bestrahlung im KopfHals-Bereich oder auch Traumata mit ausgeprägter Weichgewebsbeteiligung [Siegberg et al., 2021]. Die Symptome der nekrotisierenden Fasziitis sind vor allem in frühen Stadien der Erkrankung eher unspezifisch und lassen sich oft nur schwer von anderen entzündlichen Prozessen abgrenzen. Dies beinhaltet uncharakteristische Schmerzen in Kombination mit einer Schwellung und Rötung. Eine Hautbeteiligung bleibt häufig aufgrund der guten Durchblutung klinisch inapparent. Bei voranschreitender Infektion lassen sich systemische Symptome wie Fieber und eine Reduzierung des Allgemeinzustands gegebenenfalls in Kombination mit kutanen Symptomen wie Blasenbildung oder Krepitationen erheben. Engmaschige klinische Kontrollen sind deshalb unbedingt erforderlich, um rechtzeitig zu intervenieren. Unbehandelt führt die Erkrankung in der Regel zum septischen Schock mit Multiorganversagen. Häufige Komplikationen im Bereich der Kopf-Hals-Kompartimente sind eine absteigende nekrotisierende Mediastinitis und vaskuläre Komplikationen mit Thrombosen oder Aneurysmen der Halsgefäße [Petitpas et al., 2012]. Abb. 3: Nekrotisch veränderte Muskulatur bei initialer Abszesseröffnung Abb. 4: Situs postoperativ nach Tracheotomie und Einlage multipler Drainageröhrchen Foto: Kämmerer Foto: Kämmerer ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. UNIV.-PROF. DR. DR. PEER W. KÄMMERER, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt und stellvertretender Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: privat 28 | ZAHNMEDIZIN

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