Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (208) ZM-SERIE „KARRIEREN IM AUSLAND“ Von Hersfeld an die University of Pennsylvania – die Erfolgsgeschichte des Max Oppenheim Dominik Groß Der hessische Zahnarzt und Jude Max Oppenheim ging 1936 – drei Jahre nach seinem Staatsexamen – in die USA. Dort avancierte er an der University of Pennsylvania zum ordentlichen Professor für restaurative Zahnheilkunde. Verehrt von Kollegen wie Studierenden gehört er zu den zwangsemigrierten Wissenschaftlern, die den Zenit ihrer wissenschaftlichen Laufbahn erst im Ausland erreichten. Wie kam es zu diesem Karierreverlauf? Max Oppenheim wurde am 10. Februar 1911 in Bad Hersfeld in Hessen geboren. Er war der Sohn eines Metzgers und Wurstlieferanten und jüdischer Herkunft. Sein Lebensverlauf ist außergewöhnlich gut dokumentiert: 1971 wurde Oppenheim von Herbert A. Strauss für die „Research Foundation for Jewish Immigration“ zu seiner Biografie und seinen Erfahrungen als jüdischer Immigrant befragt; besagtes Interview ist als Skript überliefert [Strauss, 1971]. Hinzu kommen weitere Quellen mit biografischen Angaben [Dent. Record, 1937 und 1970; Asbell, 1977; IBDCEE, 1983; Philadelphia Inquirer, 1983; Depmer, 1993; Schröck-Schmidt, 1996; Wahl, 2007]. Demnach entstammte Oppenheim einer streng orthodoxen Familie und gehörte dem Rabbinat Fulda an („We were Orthodox. Extremely Orthodox“ [Strauss, 1971]). In seiner Jugend war er sehr sportbegeistert und nahm als Mitglied der „Deutschen Turnerschaft“ an entsprechenden Wettkämpfen teil („I was very active in sports and even represented my Gymnasium in a sense“ [Strauss, 1971]). Dennoch dürfte er keine leichte Kindheit gehabt haben: Sein Vater Julius war im Juli 1917 als Gefreiter im Ersten Weltkrieg gefallen, so dass er weitgehend von seiner Mutter, der aus Wüstensachsen stammenden Rosa Oppenheim, geborene Nordhäuser, erzogen werden musste. Zudem war er nach eigenen Angaben bereits in der Schulzeit – an der Oberrealschule Fulda – wiederholt judenfeindlichen Verhaltensweisen ausgesetzt („Like we had at the Gymnasium teachers who were known to be anti-semitic“ [Strauss, 1971]). Dennoch konnte er das Gymnasium abschließen und sich 1930 an der Universität Würzburg für das Fach Zahnheilkunde einschreiben. 1931 wechselte er dann für ein Studienjahr nach Berlin, wo er unter anderem von Hermann Schröder (1876–1942) unterrichtet wurde. EIN FINANZIELLER ZUSCHUSS VON HITLER 1932 kehrte er nach Würzburg zurück. Dort zählten Paul Wustrow (1890– 1945) und Josef Münch (1894–1977) zu seinen klinischen Lehrern [Groß, 2022b]. Oppenheim beschrieb den bekennenden Nationalsozialisten Münch in der Rückschau als Stahlhelm-Mitglied und nationalistisch, jedoch nicht als judenfeindlich. Vielmehr habe jener ihm um 1934 durch eine positive Stellungnahme zu einem finanziellen Zuschuss verholfen, den mittellose Kriegs(halb)waisen beantragen konnten: „He wrote a form letter, and believe me, the Hitler government gave me then an extra bonus of 100 Marks“ [Strauss, 1971]. Demgegenüber habe der Direktor der Zahnklinik – dieser wird von Oppenheim nicht namentlich genannt, doch die Klinik stand seinerzeit unter der Leitung von Paul Wustrow – Juden nur noch dann behandeln lassen, wenn keine „Arier“ die Behandlungsplätze beanspruchten („we could only work on a dental chair Max Oppenheim, um 1937 Foto: [Dent. Record, 1937] 54 | GESELLSCHAFT

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