Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 3

zm112, Nr. 3, 1.2.2022, (222) (AML) (Tabelle 2). Die ursprünglich für den Termin geplante Probeexzision wurde daraufhin unterlassen. Der Patient war zu diesem Zeitpunkt bereits in der Hämatologie/- Onkologie des Universitätsklinikums Frankfurt eingebunden und eine Knochenmarksbiopsie hatte ebenfalls bereits stattgefunden. Am darauffolgenden Tag fand dort das Beratungsgespräch für die im weiteren Verlauf der Behandlung geplante Chemotherapie statt. Die Chemotherapie erfolgte unter stationären Bedingungen und führte bereits nach einem Zyklus zu einer klinisch verifizierbaren Regression der manifesten Gingivawucherung beziehungsweise der leukämischen Zellinfiltration (Abbildung 7). DISKUSSION Schwellungen der Gingiva können unterschiedliche Ursachen haben. In den meisten Fällen sind Plaque und Zahnstein aufgrund einer ineffektiven individuellen Mundhygiene der Auslöser. Das Gewebe ist zumeist stark gerötet, geschwollen, kann druckdolent sein und blutet leicht bei Berührung, teilweise begleitet von einem Foetor ex ore oder geschwollenen und druckdolenten Lymphknoten. Differenzialdiagnostisch können Gingivawucherungen hereditär, medikamentös bedingt oder aufgrund einer generalisierten Erkrankung auftreten [Holmstrup et al., 2018]. Die familiär auftretende Gingivafibromatose liegt meist generalisiert vor und betrifft bereits das Milchzahngebiss. Die betroffenen Personen leiden teils unter weiteren Symptomen wie Akromegalie, Epilepsie oder Hypertrichose [Chapple et al., 2018b]. Zu den bekannten Medikamenten, die eine Gingivawucherung auslösen können, zählen Immunsuppressiva (Cyclosporin A), Antikonvulsiva (Phenytion) und Kalziumkanalblocker (Nifedipin, Amlodipin) [Ellis et al., 1999]. Die hierdurch bedingte Einschränkung der Mundhygiene kann den Verlauf zudem begünstigen. Männer sind häufiger betroffen als Frauen [de Sena et al., 2021]. Histologisch weisen hereditäre und medikamentöse Gingivawucherungen identische Merkmale auf. Sowohl eine Schwangerschaft als auch systemische Krankheiten können zu ähnlichen Befunden führen. Zu den systemischen Krankheiten gehören unter anderem HIV, Morbus Crohn oder die Sarkoidose [Khera et al., 2005b; Albandar et al., 2018; Khera et al., 2005a]. Im vorgestellten Patientenfall konnten die typischen Merkmale einer Plaque-induzierten gingivalen Erkrankung durch die relativ gute Mundhygiene ausgeschlossen werden. Zudem war die Gingiva des Patienten nur leicht gerötet und nicht druckdolent. Die akute myeloische Leukämie ist eine hoch maligne Erkrankung myeAbb. 3: Intraorale Aufnahme Oberkiefer (Okklusalansicht) bei Erstvorstellung Abb. 4: Intraorale Aufnahme Unterkiefer (Okklusalansicht) bei Erstvorstellung Foto: Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie Foto: Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie ZÄ YANISLAVA LERMEN Poliklinik für Zahnärztliche Chirurgie und Implantologie Zentrum der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde, Johann Wolfgang GoetheUniversität Frankfurt, Carolinum Zahnärztliches Universitäts-Institut gGmbH Theodor-Stern-Kai 7, Haus 29, 60596 Frankfurt am Main Foto: privat DR. MED. BJÖRN STEFFEN Med. Klinik 2 Hämatologie / Medizinische Onkologie Universitätsklinikum der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt Theodor-Stern-Kai 7, Haus 23, 60595 Frankfurt am Main Foto: privat 68 | ZAHNMEDIZIN

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