Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 7

zm112, Nr. 7, 1.4.2022, (663) begonnen, in den indigenen Dörfern Alaskas zahnärztliche Dienste aufzubauen. 2004 wurde dort der Beruf des Dental Health Aide Therapist (DHAT) für Native Students kreiert. Die Gesetzgebung erlaubt die Ausübung der zahnärztlichen Therapie auf verschiedenen Stufen und schreibt vor, dass die DHAT unter der Aufsicht eines Zahnarztes praktizieren dürfen und in erster Linie einkommensschwache, nicht versicherte und unterversorgte Patienten behandeln. Nach diesem Vorbild sind in vielen Teilen des Landes multidisziplinäre Teams aus Gesundheitsfachleuten entstanden, die eine zahnärztliche Versorgung außerhalb der Zahnarztpraxis erbringen. KINDER: DIE GEWINNER DER PRÄVENTION Zur Bekämpfung frühkindlicher Karies (ECC) gibt es inzwischen extra Programme: von der Förderung des ersten Zahnarztbesuchs im Alter von einem Jahr bis hin zur Versiegelung der ersten Molaren mit Fluoridlacken. Kinderzahnärzte haben dafür mit Ärzten routinemäßige Vorsorgeuntersuchungen für Säuglinge und Kleinkinder unter drei Jahren etabliert. Mehrere wichtige Initiativen haben in den vergangenen Jahren zudem die Verbesserung der Mundgesundheit von Kindern vorangetrieben. So empfehlen viele Gesundheits- und Berufsverbände heute den ersten Zahnarztbesuch im Alter von einem Jahr, um Eltern dabei zu unterstützen, ihre Kinder schon früh an gute Mundgesundheitspraktiken heranzuführen und auf frühkindliche Zahnkaries zu achten. Heute sind 9 von 10 Kindern in den Vereinigten Staaten gegen Zahnerkrankungen versichert. Zusammen genommen haben diese Bemühungen zu einem Rückgang unbehandelter Karies bei Vorschulkindern um fast 50 Prozent und einer historisch niedrigen Prävalenz von ECC geführt. Der verstärkte Einsatz von Fissurenversiegelungen hat bewirkt, dass die sich Ungleichheiten bezüglich der Mundgesundheit deutlich verringert haben. Der Anteil unbehandelter Karies im Milchgebiss sank bei unter 12-Jährigen von 23 auf auf 15 Prozent. Am stärksten zeigt sich der Rückgang bei Kindern im Alter von 2 bis 5 Jahren: Bei ihnen reduzierte sich die Karieserfahrung von mindestens 19 auf 10 Prozent. Diese Erfolge kommen Kita-Kindern aller Schichten zugute, wobei sie am stärksten bei Minderheiten und einkommensschwachen Familien sichtbar sind. Bei Kindern im Vorschulalter zählt ein Zahntrauma übrigens zu den häufigsten Unfällen – es macht fast 20 Prozent aller Verletzungen aus. TEENIES: DER BLINDE FLECK IN DER FORSCHUNG Sie wurden in den Programmen zur Untersuchung, Bewertung und Verbesserung der Mundgesundheit oft übersehen: die Teenager. Diese Gruppe wurde einfach von Maßnahmen überschattet, die sich an jüngere Kinder oder Erwachsene richten. Die Adoleszenz ist daher in den USA vielleicht die am wenigsten erforschte Altersgruppe. Was wir wissen: Einer von 6 Jugendlichen leidet an unbehandelter Karies, das ist ein Rückgang im Vergleich zu 2002 von etwa 3 Prozent. Insgesamt 23 Prozent der Jugendlichen, die in Armut leben, haben Karies. 2020 rauchte mehr als einer von 8 Mittel- und HighschoolSchülern E-Zigaretten – das sind in absoluten Zahlen 3,6 Millionen. Die Prävalenz von unbehandelter Karies ist damit höher als die von Asthma oder Zigarettenrauchen. Leider gibt es nur wenige systematisch gesammelte Informationen über andere Zahnkrankheiten bei Teenagern. Bei den Erwachsenen nimmt Zahnverlust weiter ab. Von den Senioren im Alter von 65 bis 74 Jahren sind heute nur noch 13 Prozent zahnlos, gegenüber 50 Prozent in den 1960er Jahren. Der Anteil Älterer, die Zahnimplantate erhalten, hat sich in den letzten 20 Jahren vervierfacht. Unter Erwachsenen zwischen 50 und 64 Jahren sind schätzungsweise 6 Prozent zahnlos, wobei mehr als 17 Prozent der in Armut lebenden Menschen von vollständigem Zahnverlust betroffen sind. Drei von vier Personen in dieser Gruppe besitzen dagegen ein funktionelles Gebiss (mehr als 20 Zähne) – in der Armutsbevölkerung sind es 47 Prozent und bei den Wohlhabenden 83 Prozent. Karies bleibt eine fast universelle Erfahrung für Senioren: Vor 20 Jahren waren bei einem in Armut lebenden Erwachsenen im erwerbsfähigen Alter etwa vier Zahnflächen von unbehandelter Karies betroffen, bei einem wohlhabenden dagegen nur eine. Inzwischen ist diese Zahl um 50 Prozent gestiegen, unabhängig vom Armutsstatus. Aber auch Parodontitis erwächst sich zu einem ernsten Problem: Fast 10 Prozent der über 65-Jährigen sind von einer schweren Form betroffen. Richtig schwierig wird es für alte Menschen, die auf dem Land leben, wo die Entfernungen zum Zahnarzt groß und Gesundheitsnetze rar sind. ERWACHSENE: WER KEIN GELD HAT, IST RAUS Zusätzlich zu den geografischen und wirtschaftlichen Barrieren leiden Senioren unter denselben sozialen Ungleichheiten wie die anderen Altersgruppen. Hinzu kommt Altersdiskriminierung – manchmal auf der Grundlage der Überzeugung, dass Ältere ja nur wenige oder gar keine Zähne haben und daher keine Routinezahnpflege benötigen. Fast die Hälfte aller älteren Erwachsenen ist nicht zahnärztlich versichert. Einige von ihnen könnten theoretisch zahnärztliche Leistungen über Medicaid in Anspruch nehmen, jeORAL HEALTH IN AMERICA: ADVANCES AND CHALLENGES Der Bericht der National Institutes of Health fußt auf wissenschaftlichen und evidenzbasierten Studien, ergänzt um Beschreibungen von Programmen und Maßnahmen, die wichtige neue Trends widerspiegeln. Neben zehn größeren Überarbeitungen wurde das Werk mehrfach intern überprüft und zwei großen Peer-Review-Zyklen unterzogen. ZAHNMEDIZIN | 73

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