Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm112, Nr. 8, 16.4.2022, (742) den Vorteil einer deutlich geringeren Halbwertszeit hat, was die langfristige Wirkung und den Eintritt möglicher unerwünschter Wirkungen besser kalkulierbar macht. Denosumab ist ein humaner monoklonaler IgG2-antiRANKL-Antikörper, der die Effekte von Osteoprotegerin (OPG) imitiert. Im Gegensatz zu OPG ist Denosumab hochselektiv, das heißt der Antikörper bindet nicht an andere Vertreter der TNF-Familie und ermöglicht dadurch die spezifische Inhibierung der RANKL-Aktivität. Nach subkutaner Injektion von Denosumab dauert es relativ lange, bis die Plasmaspitzenkonzentration erreicht ist; als minimale Frist werden fünf Tage und als maximale 42 Tage angegeben. Die biologische Verfügbarkeit liegt bei 61 Prozent. Die Halbwertszeit bewegt sich in der Größenordnung von 30 Tagen. Eine Nieren- oder eine Leberinsuffizienz lässt keine Verzögerung der Elimination erwarten [Burkiewicz et al., 2009; Geusens, 2009]. Bei Patienten, die unter DSO litten und mit Denosumab therapiert wurden, trat bereits einige Tage nach Verabreichung des Präparats eine signifikante Linderung bis hin zur Remission der Beschwerden ein. Unerwünschte Wirkungen wie unten beschrieben traten bei den Probanden während des Untersuchungszeitraums nicht auf. Bislang ist der Wirkstoff zur Behandlung der DSO allerdings nicht zugelassen, es handelt sich daher um einen Off-Label-Use. Diese Untersuchungen von Otto et al. decken sich mit den Erfahrungen unserer Klinik [Otto et al., 2017]. Im Rahmen individueller Heilversuche wurde Denosumab bei insgesamt vier Patienten eingesetzt. Im Durchschnitt trat nach fünf Tagen ein Intervall vollständiger Beschwerdefreiheit ein, dem nach 120 Tagen der Wiedereintritt der Beschwerdesymptomatik folgte (Abbildung 5). DISKUSSION Die einwandfreie Diagnosestellung bei DSO ist mitunter herausfordernd. Patienten, die unter dieser Entität leiden, haben in der Regel eine lange Anamnese mit Beteiligung mehrerer Vorbehandler und/oder multiplen Therapieversuchen. Nicht selten wird zunächst versucht, den Patienten durch endodontische oder parodontale Therapien Linderung zu verschaffen. Bei Ausbleiben eines Therapieerfolgs schließen sich im Verlauf chirurgische Maßnahmen wie – zum Teil multiple – Zahnextraktionen oder Dekortikationen an, was ebenfalls nicht zur Remission der Symptome führt. In den vergangenen 24 Monaten stellten sich fünf Patienten in unserer Klinik vor, bei denen – basierend auf klinischer Symptomatik und wegweisender Bildgebung – die Diagnose einer DSO gestellt werden konnte. Im Mittelwert litten diese Patienten seit sechs Jahren unter der entsprechenden Symptomatik und hatten vier Vorbehandler. Bei vier dieser Patienten wurde im Rahmen der Vorbehandlung mindestens ein Zahn entfernt, unter diesen waren drei Patienten, bei denen anschließend der Versuch einer Dekortikation unternommen wurde. Auf der einen Seite zeigen sich Schwierigkeiten bei der korrekten Einordnung der präsentierten Symptome, die immer wieder zur Fehldiagnose einer akuten oder einer sekundär chronischen Osteomyelitis verleiten können, auf der anderen Seite die Problematik, ein für den Patienten sinnvolles Therapiekonzept Abb. 5: Die Abbildung zeigt den Verlauf der Schmerzintensität im Zusammenhang mit der Gabe von Denosumab: linke Y-Achse: Wirkspiegel von Denosumab in Prozent, rechte Y-Achse: Schmerzintensität auf der visuellen Analogskala (VAS): 0 = kein Schmerz; 10 = maximal erdenklicher Schmerz. Auf der X-Achse ist die Zeit in Tagen ab der ersten Gabe angezeigt. Die „T-Werte“ zeigen die Zeitpunkte der Untersuchung. T0a = VAS vor der ersten Gabe von Denosumab, T0b = VAS vor der zweiten Gabe von Denosumab, „recurrence of pain“ = Wiederauftreten des Schmerzes vor der zweiten Gabe. Die in „grün“ gekennzeichneten Prozentzahlen unter der X-Achse zeigen die pharmakokinetische Restaktivität von Denosumab im Körper. Quelle: Nils Heim PD DR. NILS HEIM Universitätsklinikum Bonn, Klinik für Mund-, Kiefer- und Plastische Gesichtschirurgie Venusberg – Campus 1, Haus 11, 2. OG, 53127 Bonn Nils.heim@ukbonn.de Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. 40 | ZAHNMEDIZIN

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