Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 8

zm112, Nr. 8, 16.4.2022, (743) zu erarbeiten. Wie beschrieben, scheinen im Fall einer DSO weder pharmakotherapeutische Ansätze mit dem Einsatz von Corticosteroiden, NSAR und Antibiotikapräparaten noch Zahnextraktionen oder Dekortikationen der betroffenen Kieferareale sinnvolle Therapiekonzepte zu sein [Otto et al., 2017; Hallmer et al., 2018]. Oftmals konnte bislang erst nach vollständiger Entfernung der betroffenen Kieferareale, bis hin zur Kontinuitätsresektion, eine Linderung der Beschwerdesymptomatik erreicht werden [Ogawa et al., 2001]. Einen vielversprechenden Ansatz stellt der Einsatz gängiger Antiresorptiva (Bisphosphonatpräparate) oder der monoklonale Antikörper Denosumab dar [Otto et al., 2015 und 2017]. Hierbei ist zu beachten, dass es sich beim Einsatz dieser Präparate um einen Off-Label-Use handelt, sie sind also für die Behandlung der DSO (noch) nicht zugelassen. Von enormer Wichtigkeit ist die strenge Prüfung der Indikation vor dem Einsatz dieser Präparate. So würde der Einsatz bei pyogen-bedingter Osteomyelitis dem Patienten eher schaden als helfen. Für den zahnärztlichen Behandler ist es in erster Linie wichtig, die vorliegenden Symptome richtig einzuordnen: Bei einer wegweisenden klinischen und radiologischen Symptomatik ist eine Zuweisung an eine Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie dem eigenen Behandlungsversuch vorzuziehen. Von enormer Bedeutung ist die interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und MKG-Chirurgen im Fall einer geplanten Therapie mit Antiresorptiva. Gemäß der aktuellen S3-Leitlinie „Antiresorptiva-assoziierte Kiefernekrosen“ soll von zahnärztlicher Seite vor dem Beginn einer Therapie mit antiresorptiven Medikamenten eine Fokussuche, prothetische Anpassung und Sanierung von Infektionen und Bakterieneintrittspforten im Mund-Kiefer-Bereich erfolgen. Unter dem Einsatz von Antiresorptiva soll zur Früherkennung und Senkung der Inzidenz medikamentenassoziierter Kiefernekrosen (ARONJ) ein risikoadaptiertes Recall erfolgen. Zur Verbesserung und Vereinfachung der interdisziplinären Kommunikation dient zum Beispiel der konsentierte AGSMO-Laufzettel, der unter https:// www.onkosupport.de/asors/content/ e4126/e1743/e1861/ e1862 heruntergeladen werden kann (Abbildung 6). \ AGSMO-Laufzettel: Überweisung / Konsil vor antiresorptiver Therapie des Knochens mit Bisphosphonaten oder Denosumab Patientendaten:............................................................................. Kiefernekrosen-Risiko: x=gering x=mittel x=hoch Grunderkrankung: • primäre Osteoporose • sekundäre/therapieinduzierte Osteoporose • solider Tumor (Mamma-CA o.a.) ohne ossäre Metastasierung (Prophylaxe; Vermeidung von ossären Metastasen) • solider Tumor (Mamma-, Prostata-CA o.a.) mit ossärer Metastasierung • Multiples Myelom Sonderinformationen: Therapie-Dringlichkeit (z.B. Schmerz) hoch / mittel / niedrig Therapie-Indikation Tumor kurativ palliativ • • antiresorptive Therapie läuft bereits, seit wann? ................................................ Medikation Bisphosphonat: Präparat......................................................................... • Non-Amino-Bisphosphonat (z.B. Clodronat) • Amino-Bisphosphonat (z.B. Zoledronat, Ibandronat, Alendronat)) Applikationsart: • oral • i.v. Intervall ca. alle 3 - 6 Mo. • i.v. Intervall alle 12 Mo. • i.v. Intervall ca. alle 4 Wo. Denosumab: Applikationsart: • s.c 60 mg ca. alle 6 Mo. • s.c 120 mg ca. alle 4 Wo. Applikationsdauer, geplant................................................................................................................. Präparatwechsel erfolgt, wann? ..……….. früheres Präparat..……………………………… geplant, wann? .……….. zukünftiges Präparat………...….………………. weitere aktuell vorgesehene (ggf. onkologische) Therapie • Hormontherapie, welche..................................................................................................... • Chemotherapie Therapieprotokoll...................................................................................... ……………………………………………………………………………………………. • Antikörpertherapie, welche................................................................................................. • Immun-Checkpoint Inhibitortherapie, welche…...………………………………………. • Cortison, ggf. Therapie-Dauer…………………………………………....…….………... • Antiangiogenetische Therapie (insbes. Bevacizumab), welche…….………….………… •!! Kopf-Hals-Strahlentherapie (andere Planungszielvolumen nicht eintragen!) Dosis .............................................Fraktionierung…............................................................ Sonstige relevante Medikation………………….…………………………………..….….. Zahnstatus (wird vom Zahnarzt oder Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen ausgefüllt) • keine zahnärztliche/chirurgische Therapie notwendig • kariöse Läsionen Therapie erfolgt • Implantate • Periimplantitis Therapie erfolgt • schleimhautgetragene Prothesen • Druckstellen Therapie erfolgt prothetische Neuversorgung erforderlich, ggf. wann? ……………………. Therapie erfolgt • Parodontitis Therapie erfolgt • andere Keimkontaminationen, welche?............................................................... Therapie erfolgt • anstehende Zahnentfernungen, ggf. welche / wann? .……………………… Therapie erfolgt sonstige Empfehlungen bitte auf der Rückseite vermerken empfohlene Recall-Intervalle: 3 Mo., 6 Mo., 12 Mo. Datum: Unterschrift E. Schiegnitz, Mainz; K.A. Grötz, Wiesbaden; www.agsmo.de oder www.onkosupport.de AGSMO-Laufzettel empfohlen durch die S3-Leitlinie AR-ONJ (007-091; www.awmf.de) Stempel des Verordnenden Datum Unterschrift Stempel ZMK / MKG Abb. 6: Der AGSMO-Laufzettel vereinfacht die interdisziplinäre Kommunikation. Quelle: www.onkosupport.de/asors FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Es ist wichtig, die diffus sklerosierende Osteomyelitis korrekt zu diagnostizieren und die Symptome richtig einzuordnen. \ Eine frühzeitige Zuweisung an eine Klinik für MKG-Chirurgie ist eigenen Behandlungsversuchen vorzuziehen. \ Zahnärztliche und chirurgische Therapien führen oftmals nicht zu einer Remission der Beschwerdesymptomatik. \ Therapieversuche mit antiresorptiv wirksamer Medikation erbrachten bei kleinen Patientenkollektiven vielversprechende Ergebnisse. \ Eine gute interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Zahnärzten und MKG-Chirurgen vor und unter antiresorptiver Therapie ist obligat. ZAHNMEDIZIN | 41

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