Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (866) 2019; Ruetters et al., 2019; Juerchott et al., 2020]. Die T2-STIR-Sequenz grenzt aktive entzündliche knöcherne Läsionen zuverlässig ab [Baraliakos et al., 2005]. Stellen mit einer klinischen Sondierungstiefe von 3 mm werden im Allgemeinen mit einem gesunden Zahnhalteapparat assoziiert [Chapple et al., 2018]. Interessanterweise fanden sich jedoch in der MRT auch knöcherne Ödeme an Stellen mit Sondierungstiefen von 2 oder 3 mm. Insbesondere zeigte eine spezifische Analyse der Daten mit einer Sondierungstiefe 3 mm einen klaren Zusammenhang zwischen dem Vorhandensein eines Knochenödems und der Manifestation von Blutungen bei der Sondierung. Diesen Daten zufolge ist das Risiko für das Auftreten eines Knochenödems innerhalb des zahntragenden Knochens an Stellen mit Sondierungsblutungen 2,5-mal höher als bei negativem Blutungszeichen. Aus klinischer Sicht wird an Stellen mit Taschensondierungstiefe 3 mm und positivem Blutungszeichen die Diagnose einer Gingivitis gestellt [Chapple et al., 2018]. Eine Gingivitis wird als häufige Vorstufe der Parodontitis angesehen, die klinische Entzündungszeichen aufweist, aber keine Knochendefekte. Da beide Entitäten in erster Linie durch eine pathogene Verschiebung des subgingivalen Mikrobioms verursacht werden, schlagen neuere ätiologische Modelle vor, dass eine beginnende Dysbiose zunächst eine Gingivitis verursacht, die sich in Abhängigkeit von individuellen Faktoren zu einer offenen Dysbiose entwickelt, die schließlich verstärkte Entzündungsreaktionen zusammen mit einer klinischen Zerstörung des parodontalen Befestigungsapparats auslöst [Meyle und Chapple, 2015]. In Übereinstimmung mit diesem Modell könnte das knöcherne Ödem auf Teile des zahntragenden Knochens hinweisen, die bereits angegriffen, aber noch nicht knöchern zerstört wurden. Im Fall einer anhaltenden subgingivalen Dysbiose und einer dadurch exazerbierten Entzündung könnten diese Teile des krestalen Knochens einem erheblichen Resorptionsrisiko ausgesetzt sein, das zu klinisch und/oder röntgenologisch erkennbaren parodontalen Defekten führt. Bei Patienten mit rheumatoider Arthritis, bei denen aufgrund einer Gelenkersatztherapie histologische Gewebeproben gewonnen werden konnten, korrelierten die auf STIRMRT-Bildern erkennbaren Knochenödeme und Erosionen tatsächlich histologisch mit entzündlichen Infiltraten und dem Ersatz von Knochenmarkfett durch Entzündungszellen in unmittelbarer Nähe von Defekten des kortikalen Knochens [Jimenez-Boj et al., 2007]. Ob diese Erkenntnisse aus der Rheumatologie auf die Parodontologie übertragbar sind, ist noch nicht histologisch gesichert, aber die Hinweise verdichten sich. Das Ausmaß des Knochenödems korreliert nicht zwangsläufig mit dem des Knochenverlusts. So können beispielsweise alte Substanzdefekte bei einer arretierten Parodontitis bestehen bleiben. Das Knochenödem scheint vielmehr mit der KrankheitsAbb. 3: Vergleich von CBCT (A und B) und STIR-Sequenz (C und D): Die roten Pfeile zeigen ein Knochenödem im Bereich der zahntragenden Knochens an, das nur in der STIR-Sequenz erfasst werden kann. Quelle: Monika Probst PD DR. MED. DR. MED. DENT. FLORIAN A. PROBST Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie, Klinikum der LudwigMaximilians-Universität (LMU) München Lindwurmstr. 2a, 80337 München florian.probst@med.uni-muenchen.de Foto: LMU a b c d 56 | ZAHNMEDIZIN

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