Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 9

zm112, Nr. 9, 1.5.2022, (874) EIN PRAXISLEITFADEN Mundhygiene bei Beatmungspatienten Gonzalo Baez, Dominic Jäger Beatmungspatienten stellen eine Hochrisikogruppe für Mundgesundheitsprobleme dar. Wird eine regelmäßige zahnärztliche Begleitung dieser Patientinnen und Patienten nicht sichergestellt, drohen schwerwiegende Komplikationen wie die Beatmungs-assoziierte Lungenentzündung, die durch aspirierte Mundhöhlenkeime ausgelöst werden kann. Bei schwerer respiratorischer Insuffizienz ist im klinischen Alltag die Intubation und invasive Beatmung die Standardtherapie. Sie ist eine lebensrettende Maßnahme und gewährleistet im Regelfall einen sicheren Atemweg und eine suffiziente Oxygenierung und Kohlendioxidelimination. Allerdings kann die invasive Beatmung zu Komplikationen, wie zum Beispiel der Ventilator-assoziierten Pneumonie, führen. Alternative Behandlungsoptionen bei akuter respiratorischer Insuffizienz stellen die nichtinvasive Beatmung sowie die HighFlow-Sauerstofftherapie dar [S3-Leitlinie Invasive Beatmung, 2017]. Die Zahl künstlich beatmeter Patientinnen und Patienten ist in den vergangenen Jahren in Deutschland massiv gestiegen. Waren es 2006 noch 24.845 Menschen, so sind es heute bereits 86.117. Betroffen sind Menschen aller Altersgruppen, jedoch überwiegend Ältere nach einer Akut-Intensivtherapie. Vor allem COPD und kardiologische Diagnosen liegen der Beatmung zugrunde [Statistisches Bundesamt]. 85 Prozent der Betroffenen werden von der Akut-Intensivstation direkt in die eigene Häuslichkeit oder eine Intensiv-WG entlassen und haben wenig Chancen auf eine erfolgreiche Entwöhnung von der Beatmung. Aktuelle Hochrechnungen gehen von 15.000 bis 30.000 außerklinisch ambulant betreuten Patienten aus [DIGAP, 2017]. Derzeit gibt es rund 810 „BeatmungsWGs“ in Deutschland, von denen allein 50 Prozent in den Bundesländern NRW und Bayern liegen. Deutschland ist eines von wenigen Ländern weltweit, in denen Beatmungs-WGs existieren. Gleichzeitig existieren relativ wenige Studien zu dauerbeatmeten Patienten, die meisten Empfehlungen und Beobachtungen beziehen sich auf akut beatmete Patienten auf Intensivstationen – dies Foto: AdobeStock_Kiryl Lis Abb. 1: Patienten auf Intensivstationen im Krankenhaus müssen häufig mechanisch beatmet werden, weil ihre Fähigkeit selbstständig zu atmen aufgrund eines Traumas, einer Erkrankung oder einer kürzlich erfolgten Operation beeinträchtigt ist. Diese schwerkranken Patienten sind auch darauf angewiesen, dass das Krankenhauspersonal ihre Bedürfnisse in Bezug auf Ernährung und Hygiene, einschließlich der Mundhygiene, erfüllt [Zhao et al., 2020]. 64 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=