Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (992) und Leitungsanästhesie unerlässlich. Bei einer Infiltrations- und Leitungsanästhesie ist eine Aspirationsprobe zur Vermeidung einer systemischen Applikation der Wirkstoffe besonders wichtig [Khoury et al., 2010]. Hämatome als Komplikation der Lokalanästhesieapplikation resultieren aus einer venösen oder arteriellen Lazeration. Traumatische Verletzungen arterieller Gefäße führen in der Regel zur raschen Bildung eines Hämatoms. Erhöhte arterielle Druckverhältnisse sorgen für den Austritt von Blut ins umliegende Gewebe. Die Größe des Hämatoms hängt unter anderem von der Beschaffenheit des Gewebes und den angrenzenden anatomischen Strukturen ab. Eine Schwellung oder Veränderung im Hautkolorit kann begleitend auftreten [Baiju et al., 2018]. Bezugnehmend auf die anatomische Region können unterschiedliche Formen der zahnärztlichen Leitungsanästhesie zu einer Ausprägung von Hämatomen in unterschiedlichen Spatien führen. So kann beispielsweise durch Blockaden des Nervus infraorbitalis ein Hämatom im Bereich der Orbita, durch eine Anästhesie im Bereich des Nervus mentalis ein Hämatom im Kinnbereich oder durch eine Leitungsanästhesie des Nervus alveolaris inferior ein Hämatom im Bereich der Mastikatorloge entstehen. Entsprechend den anatomischen Umgebungsstrukturen können entstehende Hämatome – wie in diesem Fall – zu Schmerzen, Hypästhesien, Schluckbeschwerden oder einer Kieferklemme führen [Louis, 2020]. Hämatome im Bereich der Mundhöhle sind in ihrer Ausdehnung oft schwieriger zu beurteilen als extraorale Hämatome. Gerade in schlecht zugänglichen Regionen mit komplexen anatomischen Verhältnissen stellt sich die klinische Diagnostik oft als problematisch dar. Retromolare Geschehnisse können deshalb übersehen oder fehlinterpretiert werden. Bei entsprechender Anamnese und dem klinischen Verdacht eines Hämatoms mit Ausbreitungstendenz sollte daher zeitnah eine erweiterte Diagnostik mittels Computertomografie oder Magnetresonanztomografie durchgeführt werden. Eine Sonografie kann ergänzend bei entsprechender Zugänglichkeit zur interessierenden Region angewendet werden. Differenzialdiagnostisch sollte neben einem Hämatom an abszedierende Prozesse, Malignome, aber auch an Gefäßmalformationen gedacht werden. Eine erneute Bildgebung kann in Zusammenschau mit klinischen FAZIT FÜR DIE PRAXIS \ Leitungsanästhesiologische Verfahren sollten nur unter äußerster Sorgfalt und doppelter Aspirationsprobe durchgeführt werden. \ Bei Diskrepanz von Befund und Befinden sollte differenzialdiagnostisch auch an größere Hämatome in klinisch schwer einsehbaren Regionen gedacht werden. \ Eine zeitnahe erweiterte Diagnostik, gegebenenfalls mit Schnittbildgebung, kann indiziert sein. Abb. 3: Magnetresonanztomografie in koronarer Ebene Alle Abbildungen: Kämmerer Abb. 4: Magnetresonanztomografie in axialer Ebene 74 | ZAHNMEDIZIN

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=