Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 10

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN I WWW.ZM-ONLINE.DE AUSGABE 10 I 2022 GROßE FORTBILDUNG Antibiotika und Resistenzentwicklungen Kinder ohne Zahnarzt In Großbritannien sind seit dem Lockdown 12,5 Millionen Behandlungen für Kinder ausgefallen. Jetzt sollen sogar Wohltätigkeitsorganisationen helfen. SEITE 56 Halber Steuersatz Wer seine Praxis verkauft, kann einmalig eine Steuerbegünstigung nutzen – entscheidend ist allerdings, welcher Tätigkeit der Abgeber danach nachgeht. SEITE 68 Inside Heilberufe Eine neue Studie der apoBank zeigt, wie sich unter Pandemiebedingungen die Ziele, Werte und Wünsche seit 2016 verändert haben. SEITE 78 zm16.5.2022, Nr. 10

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Die stille Gefahr Begünstigungen zu verlieren. Allerdings müssen hier spezielle Voraussetzungen beachtet werden. Dann soll an dieser Stelle auf ein Buch hingewiesen werden, das in dieser Ausgabe rezensiert wird. Wobei es „Buch“ nicht ganz trifft, denn es handelt sich um den ersten Band eines Lexikons mit rund 1.000 Seiten. Titel des gewichtigen Werks: „Lexikons der Zahnärzte und Kieferchirurgen im ,Dritten Reich‘ und im Nachkriegsdeutschland: Täter, Mitläufer, Oppositionelle, Verfolgte, Unbeteiligte“. Ein derartiges Nachschlagewerk zu exponierten Zahnärzten – und einigen wenigen Zahnärztinnen –, die in der NS-Zeit und danach in der BRD und der DDR tätig waren, gab es bisher nicht. Für Prof. Dominik Groß, den die zm-Leserinnen und -Leser als einen Autor der Serie „Täter und Verfolgte im ,Dritten Reich‘“ kennen, ist dieses Lexikon sein Lebenswerk, an dem er die vergangenen 30 Jahre gearbeitet hat. Den Wert dieses einzigartigen Nachschlagewerks kann man sicher nicht hoch genug ansetzen, gibt es doch wertvolle Einblicke in die sehr unterschiedlichen Lebenswege von Zahnmedizinern in der NS-Diktatur. Viel Spaß bei der Lektüre Sascha Rudat Chefredakteur Corona war in den vergangenen zwei Jahren weltweit das alles dominierende Gesundheitsthema – verständlicherweise, denn es hat in alle Lebensbereiche eingegriffen. Es gab niemanden, der nicht von der Pandemie und deren Folgen betroffen war und ist. Diese Dominanz hat sicher dazu geführt, dass andere gesundheitliche Gefahren, die viel weniger präsent sind, in den Hintergrund gerückt sind. Mit einer dieser stillen Gefahren beschäftigen wir uns in unserem großen Fortbildungsteil in der aktuellen und in der kommenden Ausgabe: Multiresistente Erreger (MRE). Dass die WHO deren zunehmende Verbreitung auf Platz 3 der größten globalen Gesundheitsbedrohungen listet, zeigt die Dimension des Problems, das nicht nur ärmere Weltregionen betrifft, sondern auch die Industrienationen mit ihren hoch entwickelten Gesundheitssystemen. „Star“ unter den Erregern ist der Methicillin-resistente Staphylococcus aureus (MRSA), der auch unser Titelbild ziert. Ein Viertel der durch MRE verursachten Todesfälle geht auf sein Konto, ein weiteres Viertel wird durch Escherichia coli verursacht. Die besorgniserregenden Resistenzraten sind insbesondere auf den teilweise unnötigen Antibiotika-Einsatz zurückzuführen. Trotz dieses nicht neuen Wissens ist der Antibiotika-Einsatz in den vergangenen Jahren sogar noch gestiegen. Dabei hat die Zahnmedizin einen Anteil von 13 Prozent am Antibiotika-Verbrauch im GKV-Bereich. Grund genug, genauer hinzuschauen. In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit dem Antibiotika-Einsatz in der Endodontie und zeigen, wie Zahnärztinnen und Zahnärzte mit dem Wissen um den richtigen Indikationsbereich die Verabreichung von Antibiotika deutlich reduzieren können. Außerdem befassen sich unsere Autoren mit dem aktuellen Kenntnisstand rund um die Endokarditisprophylaxe. Es werde Licht: Die Bedeutung von Licht ist in der Zahnmedizin offensichtlich. Darüber hinaus kommt der Beleuchtung der Praxisräume eine besondere Rolle zu. Denn das Licht ist nicht nur für das gute Sehen da, sondern hat auch eine nicht zu unterschätzende Wirkung auf den gesamten Organismus und das Wohlbefinden am Arbeitsplatz. Welche Beleuchtungskonzepte sich für Ihre Praxis eignen und welchen Aufwand Sie dafür treiben müssen, zeigen wir Ihnen in diesem Heft. Was es mit dem „halben Steuersatz“ auf sich hat und wie man diesen beim Praxisverkauf nutzen kann, erklären unsere Steuerexperten. Sie erläutern, wie es auch nach dem Verkauf der eigenen Praxis möglich ist, weiterhin zahnärztlich tätig zu sein, ohne seine steuerlichen Foto: Lopata/axentis EDITORIAL | 03

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (922) Inhalt Foto: DESIGNHIMMEL 16 Licht in der Praxis Eine gute Beleuchtung erhöht nicht nur den Sehkomfort, sondern macht auch müde Geister wieder munter. 22 Zementieren oder schrauben? Studie zu einteiligen Zirkonoxidabutments mit einer Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren Foto: Florian Beuer Titelfoto: AdobeStock_PRB ARTS MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 14 Strategie der Bundesregierung Ohne Gesundheit keine nachhaltige Welt 78 Studie „Inside Heilberufe“ Familie UND finanzielle Sicherheit haben Priorität ZAHNMEDIZIN 12 Studie aus Israel Zahnentwicklungsanomalien nach Krebserkrankungen im Kindesalter 22 Aus der Wissenschaft Einteilige Zirkonoxidabutments – klinische Ergebnisse nach fünf Jahren TITELSTORY 34 Fortbildung „Antibiotika und Resistenzentwicklungen“ 36 Antibiotikaresistenzen – die stille Pandemie 40 Antibiotika in der Endodontie 48 Endokarditisprophylaxe: Entwicklungen und aktuelle Empfehlungen 58 KI in der Zahnarztpraxis – Teil 4 Die KI muss ihre Ergebnisse erklären können 64 MKG-Chirurgie Das Entschlüsseln der „Black Box“ zeigt ein seltenes intraossäres Hämangiom 72 Der besondere Fall mit CME Hämatom der Mastikatorloge nach Leitungsanästhesie 76 Studie aus Brasilien Jeder zweite Musiker leidet unter CMD 77 Studie aus den USA Implantate: Hohe Misserfolgsraten bei selbst angegebener PenicillinAllergie

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (923) PRAXIS 10 Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Grenzen des Beschäftigungsverbots für angestellte Zahnärztinnen 16 Beleuchtungskonzepte in der Praxis 1.000 Lux von der Decke 26 Urteile 26 Ein Zahnarzt als Manager macht BAG zum Gewerbebetrieb 28 Fristlose Kündigung aufgrund von gefälschtem Impfausweis ist zulässig 32 Gefälschte Medizinprodukte Vorsicht beim Online-Kauf von zahnärztlichen Instrumenten 68 Arbeiten nach dem Praxisverkauf Profitieren Sie vom halben Steuersatz 82 Fahrradleasing für die Belegschaft Radelnd das Klima retten GESELLSCHAFT 56 NHS in England Kinder ohne Zahnarzt 84 Einsatz der Uni ErlangenNürnberg in Nepal Kein Milchgebiss ohne Karies MARKT 88 Neuheiten RUBRIKEN 30 Rezension 33 Bekanntmachungen 71 Nachrichten 60 Termine 62 Formular 87 Persönliches 94 Impressum 110 Zu guter Letzt Foto: AdobeStock_SimpLine 82 Fahrradleasing fürs Team Wer sofort den CO2-Fußabdruck seiner Praxis verkleinern will, muss die An- und Abfahrt zur Praxis verändern. TITELSTORY 34 Mit oder ohne Antibiotika? Mit dem Wissen um den richtigen Indikationsbereich kann die Rezeptierung von Antibiotika deutlich reduziert werden. Die große Fortbildung zu „Antibiotika und Resistenzentwicklungen“. Foto: Magdalena Ibing INHALTSVERZEICHNIS | 05

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (924) Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hat vor einigen Tagen eine Umfrage zu den gemeldeten Verstößen gegen die einrichtungsbezogene Impfpflicht in den 20 größten deutschen Städten veröffentlicht. Auch wenn die Aussagekraft begrenzt ist, da nur die Metropolregionen erfasst sind, so kann man doch sagen, dass die Zahlen nicht so hoch sind, wie einige vermutet hätten. Sanktionen wie Bußgelder oder Betretungsverbote sind den Angaben zufolge bisher noch nicht erfolgt – dazu laufen fast überall noch Fristen. Der allergrößte Teil der Zahnärztinnen und Zahnärzte sowie der Beschäftigten in den Praxen – wir gehen von über 90 Prozent aus – hat seine Verantwortung als Teil des Gesundheitswesens und der Gesellschaft als Ganzes wahrgenommen und sich längst vollständig impfen lassen. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht war ursprünglich als ein sinnvolles Mittel gedacht, um gefährdete Patientengruppen zu schützen und den nochmals erhöhten Hygieneaufwand, der in den Zahnarztpraxen seit Pandemiebeginn betrieben wurde, zu ergänzen. Da aber die Bekämpfung der Corona-Pandemie nur gesamtgesellschaftlich funktioniert, sollte der einrichtungsbezogenen dann auch die allgemeine Impfpflicht folgen. Wie wir alle wissen, ist diese nach einem für die Bürgerinnen und Bürger kaum mehr nachvollziehbaren Hin und Her (Impfpflicht für alle? Ab 60? Ab 50? Nur Pflicht zur Aufklärung?) und „dank“ einer fehlenden Unterstützung der Bundesregierung im Bundestag krachend gescheitert. Und es ist mehr als unwahrscheinlich, dass es zu einem neuerlichen Anlauf kommen wird. Gleichzeitig werden überall die Corona-Auflagen gelockert. Dass sich unter diesen Umständen viele im Gesundheitswesen und in der Pflege Beschäftigte ungerecht behandelt fühlen, ist nachvollziehbar. Denn wieder einmal macht es den Anschein, als ob sie die Lasten der Corona-Bekämpfung zu großen Teilen alleine tragen müssen. Eine Aufrechterhaltung der einrichtungsbezogenen Impfpflicht ist aber nicht nur deswegen fragwürdig, sondern auch, weil durch die Verbreitung der Omikron-Variante das Argument des Fremdschutzes mit den vorhandenen Impfstoffen kaum noch trägt. Das ursprüngliche Ziel kann also derzeit gar nicht erreicht werden. Die einrichtungsbezogene Impfpflicht darf auch nicht dazu führen, dass die Patientenversorgung beeinträchtigt wird oder es gar zu Versorgungsengpässen kommt. Zudem lässt die Norm des § 20a IfSG zu viele Fragen offen, so dass die zuständigen Ämter in den Bundesländern die Regelungen und die Durchsetzung eines behördlichen Beschäftigungsverbots gegenüber einer nicht ausreichend immunisierten Person unterschiedlich handhaben. Die Ankündigungen zur Durchsetzung von Sanktionen sind dann auch entsprechend nebulös. Von Rechtssicherheit oder stringentem behördlichem Handeln keine Spur. Auch wenn es derzeit noch nicht zu Sanktionen gekommen ist: Das Damoklesschwert schwebt über den betroffenen Praxen – mit entsprechenden Auswirkungen auf das Betriebsklima. Diese Gemengelage lässt nur einen Schluss zu: Die einrichtungsbezogene Impfpflicht sollte unter den jetzigen Voraussetzungen ausgesetzt werden. Und mit einem neuen Impfstoff, der idealerweise sterile Immunität bietet, sind wir Zahnärztinnen und Zahnärzte und unser Personal sicherlich wieder die ersten, die geimpft werden möchten. Bis dahin muss dieses bürokratische Monster auf Eis gelegt werden. Alles andere hilft weder den Patientinnen und Patienten noch den Beschäftigten in den Praxen. Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Einrichtungsbezogene Impfpflicht umgehend aussetzen! Foto: BZÄK/axentis.de 06 | LEITARTIKEL

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zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (926) In dem Beitrag wird beklagt, dass die Selbstverwaltung der Zahnärzte kein „Durchgriffsrecht“ gegen das „Konstrukt“ investorgetragene MVZ (iMVZ) habe und somit die Politik einspringen müsse, um letztere zu überwachen. Diese Forderung ist bereits seit der Anhörung im Gesundheitsausschuss über die sogenannten Aligner-Anbieter bekannt. Aus unserer Sicht ist jedoch kein Eingreifen der Politik zur „Überwachung“ der iMVZ notwendig, weil die Selbstverwaltung selbstverständlich ein äußerst wirksames, jedoch ungenutztes Durchgriffsrecht gegen die iMVZ besitzt. Zwar kann die Selbstverwaltung, hier die Zahnärztekammer, ihre Aufsichtspflicht womöglich nicht direkt gegenüber einem iMVZ als Institution geltend machen, allerdings kann sie ihr durchaus indirekt nachkommen: Ein iMVZ ist nämlich auf die Mitarbeit angestellter Zahnärzte angewiesen. Da jeder berufstätige Zahnarzt zwangsläufig Mitglied einer Kammer ist, hat diese direkten „Zugriff“ auf jeden Zahnarzt. Wir denken, dass eben dieser „Zugriff“ beziehungsweise diese „Aufsichtspflicht“ von der Selbstverwaltung dringend ausgebaut werden sollte, um die Patientensicherheit zu gewährleisten. Der Ruf nach der Politik erscheint hier unnötig und würde zudem den Sinn und das Existenzrecht der Selbstverwaltung infrage stellen. Das Problem einer Gefährdung der Patientensicherheit beziehungsweise eines unkontrollierten Wirkens der iMVZ oder „gewerblichen AlignerAnbieter“ ließe sich also über die dort mitarbeitenden Zahnärzte regeln. Voraussetzung wäre die Einführung eines Qualitätssicherungssystems (QS-System) durch die Kammern, das die Behandlungsqualität – also mithin die Patientensicherheit auf der Struktur-, IMVZ DIE KAMMERN HABEN DOCH EIN DURCHGRIFFSRECHT Zum Artikel „KZBV und BZÄK mahnen dringenden politischen Handlungsbedarf an: Gesundheitsversorgung gehört nicht in die Hände von Spekulanten!“, zm 9/2022, S. 22–24. Foto: Federico Rostagno – stock.adobe.com Leserforum Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht.

CORRIGENDUM Fehlende Seite in der zm 9/2022 beim Artikel „Der besondere Fall mit CME: In-situ-Melanom der Mundschleimhaut“, S. 30–34. Aufgrund eines technischen Problems fehlte bei diesem CME-Artikel die letzte Seite. Wir bitten diesen Fehler zu entschuldigen. Sie finden den vollständigen Artikel auf www.zm-online.de unter: https://www.zm-online.de/archiv/2022/09/ zahnmedizin/in-situ-melanom-der-mundschleimhaut/ Prozess- und Ergebnisebene – definiert, erfasst und bewertet. Auf dieser Grundlage könnten die jeweiligen Kammern erfassen und überprüfen, 1) welcher Zahnarzt in welcher Institution beschäftigt ist (Strukturqualität), 2) ob nach wissenschaftlichen Standards behandelt wird (Prozessqualität) und 3) ob wissenschaftlich zu erwartende Ergebnisse vorliegen (Ergebnisqualität). Die Heilberufsgesetze der jeweiligen Länder, welche die Arbeit der Kammern regulieren, bilden hierfür die rechtliche Basis. Das QS-System würde also über die dort mitwirkenden Zahnärzte ein „Zugriffsinstrument“ auf die iMVZ beziehungsweise gewerblichen Aligner-Anbieter darstellen. Zudem könnte ein solches QS-System im Sinne der Patientensicherheit, a) gewährleisten, dass nur Zahnärzte mit entsprechender Qualifikation bestimmte Behandlungen durchführen, b) sichern, dass Beratungen und Behandlungen evidenzbasiert ablaufen, und c) gewährleisten, dass die Ergebnisqualität nach Outcome, Dauer, Schäden, Zeitverlust, Aufwand erfasst wird. Denkbar wären jährliche Monitoring-Statistiken, die die Punkte a bis c zusammenfassen. Jeder Versuch eines iMVZ oder „gewerblichen Aligner-Anbieters“, diese Punkte zu unterlaufen, aus welchen Gründen auch immer, könnte eventuell sogar durch die dort wirkenden Zahnärzte erfasst werden und wäre gegebenenfalls auch über diese zu sanktionieren. Auf diese Weise ließe sich nicht allein die Qualität von Behandlungen durch iMVZ und „Aligner-Anbieter“ überwachen und verbessern, sondern auch das Bewusstsein für ethisch korrektes, wissenschaftlich fundiertes und patientenorientiertes Handeln im gesamten Zahnärztestand und bei Investoren schärfen. Dr. Alexander Spassov Kieferorthopäde, Greifswald Dr. Hartmut Bettin Institut für Ethik und Geschichte der Medizin, Universitätsmedizin Greifswald zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (927) ZAHNERSATZ MIT QUALITÄTSVERSPRECHEN Mit uns lächeln Sie und Ihre Patienten! QSDental geprüft AusVerantwortungfür Qualität &Sicherheit ® Es gibt doch nichts Schöneres als zufriedene Patienten. Bei der Versorgung mit Zahnersatz stehen Ihnen dieQS-Dental geprüften zahntechnischen Meisterlabore als optimaler Partner für Ihre Praxis immer kompetent zur Seite. Mit dem fachgerechtenQualitätssicherungskonzept QS-Dental setzen die Labore ein klares Qualitäts-Markenzeichen. Durch QS-Dental wird Qualität aus Meisterhand konsequent und nachvollziehbar dokumentiert für eine noch bessere zahntechnische Versorgung. Sie können sich hier stets bester Ergebnisse sicher sein – zumWohle aller Ihrer Patienten. Noch ohne QS-Labor? Gehen Sie auf Nummer sicher. Ihr QS-Dental geprüftes Meisterlabor vor Ort finden Sie unter: WWW.QS-DENTAL.DE LESERFORUM | 09

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (928) LANDESARBEITSGERICHT BADEN-WÜRTTEMBERG Grenzen des Beschäftigungsverbots für angestellte Zahnärztinnen Eine angestellte Oralchirurgin wollte auch in der Stillzeit ein Beschäftigungsverbot erwirken. Dabei stellte für sie schon das Patientengespräch über die beabsichtigte Behandlung eine unverantwortbare Gefährdung dar. Das sah das Gericht anders. Im Sommer 2020 wurde die Oralchirurgin schwanger. Ihr Arbeitgeber sprach ihr daraufhin für die Zeit der Schwangerschaft ein betriebliches Beschäftigungsverbot aus. Wie die Rechtsanwälte lennmed.de berichten, blieb die Zahnärztin nach der Geburt bis zum 20. Mai 2021 im Mutterschutz und nahm dann bis zum 22. Juni 2021 ihren Resturlaub aus dem Vorjahr. Danach forderte sie ihr Arbeitgeber auf, ihre Tätigkeit am 23. Juni wieder aufzunehmen. Die Oralchirurgin war jedoch der Ansicht, dass ein weiteres Beschäftigungsverbot wegen unverantwortbarer Gefährdungen aufgrund des Stillens vorliege. Es kam zum Streit. Die Frau stellte einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz mit dem Inhalt, mindestens vorläufig ein Beschäftigungsverbot auszusprechen. Wie lennmed.de ausführt, berief sich der Arbeitgeber auf Hinweise und Empfehlungen zum Schutz stillender Frauen des Ad-hoc-Arbeitskreises Stillschutz, wonach die Wiederaufnahme der Arbeit möglich sei. Die Oralchirurgin hielt die Empfehlungen des Arbeitskreises indes für unzureichend und zählte eine Vielzahl von Tätigkeiten auf, die eine unverantwortbare Gefährdung für sie darstellten. Darunter fielen der Kanzlei zufolge Handlungen, bei denen sie mit Amalgam in Berührung kommen kann, aber auch Behandlungen in einem Raum, wo zuvor mit diesen Stoffen gearbeitet und der dann nicht mindestens zehn Minuten gründlich gelüftet worden war. Außerdem führte sie die Gefahr bei Tätigkeiten an, bei denen sie mit Biostoffen der Gruppen 1, 2 oder 3 derart in Berührung kommt, dass eine Übertragung nicht ausgeschlossen ist. Dies seien insbesondere HepatitisC-Viren, HI-Viren und Corona-Viren (SARS-CoV-2). Sie habe sich in der Vergangenheit auch an Instrumenten im Rahmen der Arbeit verletzt. Zudem bestehe die Gefahr, dass sie anderweitig mit Blut oder Speichel von Patienten in Berührung kommt, beispielsweise indem entsprechende Körperflüssigkeiten des Patienten in ihr Auge spritzen. Auch dies sei schon vorgekommen. Die Aufzählung der Tätigkeiten ging dabei derart weit, dass für sie schon die Durchführung von Besprechungen mit Patienten zur beabsichtigten Behandlung zu unverantwortbaren Gefahren führt. VERBOTEN SIND NUR DIE ARBEITEN MIT AMALGAM Das Landesarbeitsgericht wies den Antrag der Oralchirurgin im Zuge der vorläufigen (summarischen) Prüfung als überwiegend unbegründet zurück und bestätigte damit die Entscheidung des Arbeitsgerichts. Einzig die Arbeit mit Amalgam/Quecksilber sei zu unterlassen, wie schon das Arbeitsgericht festgestellt hatte. Ob die angegebenen Tätigkeiten der Oralchirurgin eine unverantwortbare Gefährdung darstellen und die Annahmen des Ad-hoc-Arbeitskreises demnach fehlerhaft sind, konnte lennmed. de zufolge nicht endgültig festgestellt werden, weil aufgrund des Eilverfahrens kein Gutachten eingeholt werden konnte. Dies habe freilich die Oralchirurgin zu verantworten, die kein Hauptsacheverfahren zur Klärung dieser Fragen angestrengt hatte. Allerdings wurden vom Arbeitsgericht sowohl die Räumlichkeiten der Praxis als auch die konkreten Tätigkeiten ins Auge genommen, worauf sich beide Instanzen auch ausdrücklich in ihren Entscheidungen bezogen. Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Empfehlungen des Ad-hoc-Arbeitskreises Stillschutz nicht nur von den Vertretern der Länder erarbeitet wurden, sondern in Zusammenarbeit mit unter anderem dem Robert Koch-Institut, dem Bundesinstitut für Risikobewertung und der Nationalen Stillkommission. Daher sei davon auszugehen, dass diese Empfehlungen dem aktuellen wissenschaftlichen Stand entsprechen und anzuwenden seien. Diese Grundlage vermochte die Oralchirurgin mit ihren Darlegungen nicht zu entkräften. Im Ergebnis sprachen die Richter im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens nur ein Beschäftigungsverbot für die Arbeit mit Amalgam aus, für oralchirurgische und zahnärztliche Tätigkeiten an sich jedoch nicht. ck Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg Az.: 11 SaGa 1/21 Urteil vom 10. August 2021 Foto: Adobe Stock_LIGHTFIELD STUDIOS Ein Beschäftigungsverbot für angestellte stillende Zahnärztinnen ist dem Urteil zufolge nur für die Arbeit mit Amalgam zulässig, nicht für oralchirurgische und zahnärztliche Tätigkeiten an sich. 10 | PRAXIS

Kammerautoklav, Typ B In nur 33 Minuten sind Ihre Instrumente steril und trocken– und damit bereit, wenn sie benötigt werden. Drei Kammergrößen (17, 22 und 28 Liter) bieten genügend Kapazität, um den Anforderungen von Praxen jeder Größe gerecht zu werden. 5 Trays oder 3 Kassetten(17 und 22 Liter) bzw. 6 Trays oder 4 Kassetten (28 Liter). Die WLAN-fähige G4-Technologiewird mit Ihrem Smartphone/Tablet oder Ihrem Computer verbunden und ermöglicht so einen einfachen Zugriff z.B. auf Zyklusdaten. Die smarte Art der Sterilisation BRAVO ist ein Warenzeichen von SciCan Ltd. Hersteller: CEFLA S.C. Via Selice Provinciale 23/A 40026 Imola (Bo), Italien | Tel.: +39 0542 653111 | Fax: +39 0542 653344 Weitere Informationen SciCan GmbH | Wangener Straße 78 | D-88299 / Leutkirch T +49(0)7561-98343-0 | F +49(0)7561-98343-699 | info.eu@scican.com www.scican.com/eu/bravo-g4 Der BRAVO G4 bietet Geschwindigkeit, Kapazität, Sicherheit und Effizienz und ist dabei genauso zuverlässig, wie Sie es bereits vom bewährten STATIM® kennen. EN13060 Fully Compliant BRAVO™G4

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (930) STUDIE AUS ISRAEL Zahnentwicklungsanomalien nach Krebserkrankungen im Kindesalter Bei rund der Hälfte der Überlebenden von Krebserkrankungen im Kindesalter treten später Zahnentwicklungsanomalien auf. Forschende fanden heraus, dass die Art und der Zeitpunkt der Therapie das Auftreten maßgeblich beeinflussen. Eine kombinierte Chemo- und Strahlentherapie – insbesondere bei einer Bestrahlung im Kopf-HalsBereich – birgt ein hohes Risiko für das spätere Auftreten von Zahnentwicklungsanomalien, während das Risiko bei einer reinen Chemotherapie vergleichsweise geringer ist. In die Studie einbezogen wurden insgesamt 121 Probanden, die vor ihrem 18. Lebensjahr eine Krebsbehandlung erhalten hatten. Bei fast der Hälfte (46 Prozent) wurde eine Zahnentwicklungsanomalie festgestellt, und zwar bei insgesamt neun Prozent der Zähne (309 von 3.388). Anomalien traten bei 43 Prozent der Kinder auf, die eine Chemotherapie ohne Bestrahlung bekamen. Bei zusätzlicher Bestrahlung erhöhte sich die Zahl auf 52 Prozent. Bei einer Bestrahlung im Kopf-Hals-Bereich konnten die meisten Zahnentwicklungsanomalien beobachtet werden, hier waren 60 Prozent der ProbandInnen betroffen. ZAHNWURZELANOMALIEN TRATEN AM HÄUFIGSTEN AUF Kinder, die im Alter von sechs Jahren oder jünger nur eine Chemotherapie bekommen hatten, wiesen eine höhere Foto: Elinor Halperson_Hebrew University Langfristige Auswirkungen von Chemo- und Radiotherapien im Kindesalter auf die Zähne: a: Hypoplasie der vorderen oberen und unteren Zähne eines neunjährigen Mädchens, das im Alter von dreieinhalb Jahren wegen akuter lymphatischer Leukämie behandelt wurde. b: Mikrodontie des zweiten oberen rechten Prämolaren bei einem zwölfjährigen Mädchen, das im Alter von vier Jahren wegen eines Neuroblastoms behandelt wurde. c: Panoramaschichtaufnahme eines zwölfjährigen Jungen, bei dem im Alter von vier Jahren ein BurkittLymphom diagnostiziert wurde. 1: veränderte Wurzelentwicklung am ersten unteren rechten Molaren, 2: Hypodontie des zweiten unteren linken Molaren d: Strahlenkaries bei einem 21 Jahre alten Mann, der im Alter von 14 Jahren wegen eines neuroektodermalen Tumors behandelt worden war [Halperson et al., 2022] 12 | ZAHNMEDIZIN

Anzahl von Zahnfehlbildungen auf. Es wurde allerdings kein spezifisches Chemotherapeutikum gefunden, das mit einem höheren Risiko für zahnmedizinische Nebenwirkungen verbunden war. Der Studie zufolge sind die ersten Anzeichen von Zahnentwicklungsstörungen frühestens zwei Jahre nach der Krebsbehandlung zu erwarten. Zu den dokumentierten Anomalien gehörten Hypomineralisierung, Hypoplasie, Mikrodontie und Hypodontie. Zahnwurzelanomalien waren die am häufigsten auftretende Veränderung. MIKRODONTIE BEI MÄDCHEN – MEHR KARIES BEI JUNGEN Darüber hinaus gab es auch Fälle von übermäßiger Retention von Milchzähnen, Impaktion, vorzeitigem Durchbruch, verminderter Beweglichkeit des Kiefergelenks, Kieferklemme und Gesichtsdeformitäten. Die signifikantesten geschlechtsspezifischen Unterschiede bei den Zahnanomalien war eine höhere Inzidenz von Mikrodontie bei den Mädchen und eine höhere Prävalenz kariöser Zähne bei den Jungen. Kinder seien besonders anfällig für die schädlichen Auswirkungen von Strahlen- und Chemotherapie, erklären die Forschenden. Die Studienergebnisse unterstreichen die Bedeutung einer intensiven zahnärztlichen Betreuung von Personen, die im frühen Kindesalter eine onkologische Behandlung erhalten haben, insbesondere dann, wenn diese mit einer Strahlentherapie im Kopf-Hals-Bereich kombiniert war. \ Originalpublikation: Halperson, E., Matalon, V., Goldstein, G. et al.: The prevalence of dental developmental anomalies among childhood cancer survivors according to types of anticancer treatment. Sci Rep 12, 4485 (2022). doi: org/10.1038/s41598–022–08266–1 zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (931) ! < */MM8 '.LC8MM8 #/41>/MM8 -)8> (8K84 D&B>.11 KG4" 8.43.HG>E 1.H87 $G>)C7L&BMGH :778> 4C> + D&B>.118= 9.L&B84 F !CJ1>GH84 F *8>)MGL84 F $8>1.H; AHGM %8M&B8 0)8>@,&B8; A.4L BGJ181 .778>6 7"D,29=/C >1". BB : 8 A )2D"2 ;D"+D9'!2D< )2D" $D5?<?*9<2" IGL $C4KG7841 K841GM8> 28L1GC>G1./484 36 .D92'<2 1.29 D".D92'<2 02=</@9/<D1"2"- 2D"= .29 D""1,/<D,2" (1"1&292 ?/#<2< D&&29- 2E/C +/= 4D2 62#2=<DE2" +1CC2"% 5A? (2?9 @"<29 ! ZAHNMEDIZIN | 13

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (932) STRATEGIE DER BUNDESREGIERUNG Ohne Gesundheit keine nachhaltige Welt Die globale Gesundheit der Menschen ist ein wesentlicher Baustein für eine nachhaltige Welt. Das zeigt die Pandemie, das zeigt der Klimawandel mit seinen Hitzesommern und Flutkatastrophen. Der Gesundheitsausschusses des Deutschen Bundestages hat nun einen Unterausschuss für globale Gesundheit eingerichtet und eine Strategie zur globalen Gesundheitspolitik veröffentlicht. Die Pandemie zeigt einmal mehr, dass Viren keine Grenzen kennen. Hinzu kommen die Folgen des Klimawandels, von Infektionskrankheiten wie Ebola oder Tuberkulose und von Antibiotikaresistenzen. Zudem entstehen durch Migrationsbewegungen über Ländergrenzen hinweg neue gesundheitspolitische Herausforderungen. Anfang April wurde daher der Unterausschuss Globale Gesundheit neu konstitutiert. Er ist zugleich dem Ausschuss für Gesundheit und dem Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung zugeordnet. Ziel ist, die Zusammenarbeit aller parlamentarischen Gremien zu erleichtern. Den Vorsitz des 17-köpfigen Gremiums hat der FDP-Abgeordnete Prof. Dr. Andrew Ullmann. Am 7. Oktober 2020 hatte das Kabinett der Großen Koalition die Strategie zur globalen Gesundheitspolitik verabschiedet. Unter dem Titel „Verantwortung – Innovation – Partnerschaft: Globale Gesundheit gemeinsam gestalten“ sind dort auf 44 Seiten die neuen Prioritäten für die Zeit bis 2030 formuliert, die nun unter der Ampelkoalition fortgelten. Deren Umsetzung soll 2025 überprüft werden. Diese fünf Schwerpunkte werden in dem Papier benannt: \ Gesundheit fördern, Krankheiten vorbeugen: Die Bundesregierung will ihr internationales Engagement zur Reduzierung von Antibiotikaresistenzen und zum Ausbau der Antibiotikaforschung verstärken sowie die Forschung von Impfstoffen und die Ausdehnung von Impfprogrammen im eigenen Land und weltweit fördern. Sie setzt sich ferner für die Bekämpfung von vernachlässigten und armutsassoziierten Tropenkrankheiten sowie für die endgültige Ausrottung von Polio ein. \ Umwelt, Klimawandel und Gesundheit ganzheitlich angehen: Ziel ist, Klima und Umweltschutz im Sinne von Gesundheitsschutz interdisziplinär und sektorenübergreifend voranzutreiben. \ Gesundheitssysteme stärken: Die Regierung will widerstandsfähigere Gesundheitssysteme installieren, die den vielfältigen Gesundheitsherausforderungen begegnen können und eine diskriminierungsfreie, allgemeine Gesundheitsversorgung für alle ermöglichen. STATEMENT KONSTANTIN VON LAFFERT „GLOBALE GESUNDHEITSPOLITIK GEWINNT ZU RECHT AN BEDEUTUNG!“ „In Zeiten von Pandemien, wachsenden Antibiotika-Resistenzen und der weltweiten Ausbreitung chronischer Erkrankungen wird der internationalen Gesundheitspolitik zu Recht mehr Bedeutung zugemessen. Beleg hierfür ist, dass der Deutsche Bundestag erst kürzlich einen eigenen Unterausschuss Globale Gesundheit eingerichtet hat. In der Gesundheitspolitik dürfen Entwicklungen auf internationaler, europäischer und nationaler Ebene nicht isoliert gesehen werden. Vielmehr überschneiden sich die Diskussionen und beeinflussen sich gegenseitig. Empfehlungen, Leitlinien und Standards, die von der WHO ausgearbeitet werden, wirken sich unmittelbar auf den nationalen Versorgungsalltag aus. Für uns als BZÄK bestätigt sich, dass der Weg, den wir eingeschlagen haben, richtig ist. Wir müssen die Interessen der Zahnärzteschaft im engen Schulterschluss mit unseren internationalen und europäischen Dachverbänden auf allen drei Ebenen – international, europäisch und national – vertreten, um in einer sich wandelnden Welt den Anliegen unseres Berufsstands erfolgreich Rechnung tragen zu können.“ Konstantin von Laffert ist Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Foto: BZÄK/axentis.de 14 | POLITIK

\ Gesundheit schützen – grenzüberschreitenden Gesundheitsgefahren begegnen: Die Regierung setzt einen Schwerpunkt auf globalen Gesundheitsschutz, um Gesundheitskrisen zu verhindern und ihnen adäquat zu begegnen. \ Forschung und Innovation für globale Gesundheit vorantreiben: Die Regierung will dabei die Möglichkeiten der Digitalisierung bestmöglich nutzen. Mit der Strategie bekennt sich die Bundesregierung zu den gesundheitsrelevanten Zielen zur nachhaltigen Entwicklung der Vereinten Nationen (UN) – Leitlinien, an denen auch die FDI ihre Arbeit ausrichtet. Entsprechend sollen internationale Kooperationen und strategische Partnerschaften weiter auf- und ausgebaut werden. Unterstützt werden soll vor allem das UN-Ziel Nummer drei: „Ein gesundes Leben für alle Menschen jeden Alters zu gewährleisten und ihr Wohlergehen zu fördern.“ pr „Eine der fundamentalen Herausforderungen in der globalen Gesundheit ist die Gewährleistung eines allgemeinen und diskriminierungsfreien Zugangs zu grundlegenden Gesundheitsdiensten für alle Menschen. Die Stärkung von Gesundheitssystemen ist daher ein Schwerpunkt der Strategie und der Ausund Aufbau von zahnmedizinischen Strukturen ein wichtiger Teil der Grundversorgung. Ein weiteres entscheidendes Ziel ist die Stärkung von verschiedenen Partnerschaften und Vernetzungen. Nur durch multilaterale und sektorenübergreifende Kooperationen können die Herausforderungen der globalen Gesundheit gelöst werden. Die Bundeszahnärztekammer bringt sich aktiv in die globale Gesundheitspolitik ein und leistet damit einen entscheidenden Beitrag, um für eine bessere weltweite Gesundheit zu sorgen. Es gilt nun in enger Kooperation die Strategie mit Leben zu füllen und sie an die neuen Herausforderungen, die mit den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie sowie der Ukraine-Krise verbunden sind, anzupassen.“ Prof. Dr. Andrew Ullmann, Vorsitzender des Unterausschusses Globale Gesundheit und MdB/FDP POLITIK | 15

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (934) BELEUCHTUNGSKONZEPTE IN DER PRAXIS 1.000 Lux von der Decke Die künstliche Beleuchtung in Innenräumen kann mittlerweile in ihrer Intensität die Sonne imitieren. Dabei ist Licht natürlich primär für das Sehen da, hat aber auch eine riesige Wirkung auf den gesamten Organismus und das Wohlbefinden: Gutes Licht erhöht den Sehkomfort und macht müde Geister wieder munter. Das gilt besonders für die Arbeit in der Zahnarztpraxis. Diese sogenannte zirkadiane Beleuchtung unterstützt den menschlichen Biorhythmus, statt ihn durcheinanderzubringen. Das bestätigt Bogdan Novizky. Als er seine Praxis nach der Übernahme umbaute, entschied sich der Zahnarzt aus Itzehoe bewusst für ein neues Lichtkonzept mit leistungsfähigen, speziellen LEDs, die mit dem Tagesverlauf abgestimmt sind. „Ich wollte besseres Licht und gleichzeitig etwas Anderes, Moderneres. Und zugegeben, schon auch etwas, mit dem wir uns als neu eröffnete Praxis vielleicht von anderen abheben können.“ Novizky ließ zunächst die Tageslichtleuchten in den Behandlungsräumen anbringen. Im Rahmen der arbeitsrechtlichen Vorgaben sollte das Licht wärmer werden und das Arbeiten optimieren. Kombiniert wurde die neue Beleuchtung dann mit hinterleuchteten Deckenbildern mit Naturmotiven. „Daran können sich die Patienten erfreuen und sind während der Behandlung im Idealfall abgelenkt“, erklärt der Zahnarzt. Damit das Konzept auch außerhalb der Behandlungsräume stimmig ist, wurde in den anderen Praxisräumen auch wärmeres Licht installiert. Ziel war, insgesamt eine entspannende Atmosphäre zu schaffen. „ICH FÜHLE MICH WACHER UND FITTER!“ Bemerkenswert findet Novizky jedoch die Wirkung auf den eigenen Körper. Denn mit dem speziellen, tageslichtähnlichen Licht mit einer Helligkeit von 1.000 Lux fühlt sich Fotos: Novizky Was die Beleuchtung ausmacht: Der Vorher-Nachher-Effekt in der Praxis von Bogdan Novizky ist deutlich. Allein in einem Lichtbild sind 600 LEDs verbaut. Foto: Novizky Praxischef Bogdan Novizky 16 | PRAXIS

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (935) der Praxisinhaber am Ende des Tages tatsächlich nicht mehr so erschöpft. „Es macht etwas mit mir: Ich fühle mich wacher und fitter. Gerade in den grauen und düsteren Winterwochen habe ich das gespürt.“ Und auch das Team ist von der neuen Beleuchtung angetan. Doch nicht jede Praxis braucht gleich eine komplette Lichtplanung. Oftmals reicht es, die vorhandenen Leuchtmittel gegen die richtigen auszutauschen, betont Lichtexperte Wulf Reise. Er hat sich auf die Herstellung von Leuchten für Praxen spezialisiert. „Die Helligkeit wird in Lux gemessen und mit entsprechenden Messgeräten am jeweiligen Arbeitsplatz auf einer gegebenen Arbeitshöhe ermittelt“, führt er aus. „Der Lux-Wert darf laut den vorgeschriebenen Normen bestimmte Werte nicht unterschreiten. Wichtig ist vor allem, das Licht überall in den Räumen in Einklang zu bringen. Befinden sich im Arbeitsumfeld viele Leuchten mit verschiedenen Farbtemperaturen und Helligkeiten, müssen die Augen dies ständig ausgleichen. Das ist Arbeit, die unser Gehirn verrichten muss. Es fällt uns nicht auf, da das unterbewusst abläuft. Aber wenn man sich abends fragt, warum man so kaputt ist, ist das mindestens eine Mitursache.“ Für ein hinterleuchtetes Deckenbild im Behandlungszimmer muss man mit 1.000 Euro, für ein Deckenbild mit integrierter Behandlungsleuchte mit etwa 3.000 Euro rechnen. Diese Form der „Lichtrenovierung“ plus ein neuer Anstrich machen die Komplettrenovierung mit neuen Möbeln und neuen Behandlungseinheiten oft überflüssig, sagt Reise. „Wechselt man die Leuchtmittel der weiteren Räume sukzessive im Rahmen der Wartung oder des Ausfalls aus, so ist bald eine homogen ausgeleuchtete Praxis erreicht.“ „WOW! FANGEN SIE AN, ICH GUCKE NUR NACH OBEN!“ Für ihre neuen Räumlichkeiten mussten auch Antonia und Markus Kammerlander aus Biberach in BadenWürttemberg die Beleuchtung austauschen. Vorher war der Ort eine Gaststätte. Als sie auf die Leuchtbilder mit der Tageslichtumrandung stießen, orderten sie diese für ihre drei Behandlungszimmer und den Eingangsbereich. „Wir hatten keine Ahnung, wie das in echt aussehen würde, aber wir sind begeistert“, erzählt Markus Kammerlander. „Die Leuchten geben sehr gutes Licht zum Arbeiten – ohne Schattenwurf, sobald man den Kopf über den Patienten reckt. Das hat uns als praktischen Aspekt direkt nach der Installation überzeugt.“ Besonders bei den zahntechnischen Arbeiten und schwierigen Füllungen im Frontzahnbereich schätzt er das neue Licht. „Bei der Farbauswahl hilft es ungemein, dass das Licht wie echtes Tageslicht draußen vor der Haustür wirkt. Die Ergebnisse werden so natürlich und sehr zufriedenstellend für den Patienten – und somit auch für uns.“ Auch die Mitarbeiter fühlen sich nun wohler in der Praxis. Niemand konnte sich vorstellen, wie deutlich sie die Effekte hier spüren würden, berichtet das Paar. Die beiden sind überzeugt: „Fühlt sich das Team gut, beeinflusst das die Atmosphäre und das wiederum nehmen die Patienten wahr!“ Und die Deckenbilder lenken auch die kleinen Patienten gut ab. „Es ist also vielleicht nicht das Licht Foto: DESGNHIMMEL Für die Lichtkonzepte in allen Behandlungsräumen hat er etwa 30.000 Euro investiert. „Keine ganz günstige Angelegenheit, aber für uns zahlt sich das aus.“ Foto: Novizky PRAXIS | 17

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (936) allein, aber es ist auf jeden Fall ein wichtiger Faktor. Seine Strahlkraft quasi.“ „DIE WIRKUNG HAT UNS ENORM ERSTAUNT!“ „Die Wirkung hat uns enorm erstaunt: Die Angstpatienten kommen oft angespannt und schwitzend ins Behandlungszimmer, wenn sie sich dann hingesetzt haben, richten sie den Blick auf das bunte Leuchtbild zwischen der Arbeitsbeleuchtung – und werden in den Bann gezogen“, erzählt Antonia Kammerlander. „Ich denke, es ist genau diese Kombination: das Blau des Himmels, das Naturmotiv und die Farbe der Leuchte – man kann zugucken, wie die Anspannung weicht.“ Und auch ein Patient, der kein Geheimnis daraus macht, dass er nicht gerne zum Zahnarzt kommt, sagte mit Blick auf die Deckenbeleuchtung: „Wow! Fangt an, ich gucke einfach nur nach oben!“ Verschiedene Studien haben die Lichtwirkung jenseits der visuellen Effekte untersucht. So konnte eine aktuelle Untersuchung der Oregon State University [Hauser et al., 2020] bestätigen, wie Licht und Beleuchtung nicht-visuelle Reaktionen beim Menschen und damit den zirkadianen Rhythmus des Menschen beeinflussen. Und eine Studie der Technischen Universität von Košice in der Slowakei [Cupkova et al., 2019] hat herausgefunden, wie durch smarte Technologien angepasste Beleuchtungskonzepte das psychische Wohlbefinden beeinflussen können. So wurde künstliche Intelligenz eingesetzt, um die Emotionen des BenutQuelle: Heftreihe „licht.wissen“, Heft 07 „Gesundheitsfaktor Licht“, S. 21 DER ZIRKADIANISCHE ZYKLUS Wie Licht den menschlichen Organismus steuert Besonders an trüben, kurzen Tagen im Winter wird deutlich, wie groß der Einfluss von Tageslicht auf das Aktivitätslevel ist. Dann ist es kaum stark genug, um die Leistungsfähigkeit und das Wohlbefinden stimulierend zu unterstützen. Das Tageslicht taktet die innere Uhr – ein kompliziertes Steuersystem, das sämtliche Körperfunktionen im 24-Stunden-Rhythmus koordiniert und aufeinander abstimmt. Dieses System – der zirkadianische Zyklus (circa = ungefähr, dies = Tag), das ist der Schlaf-Wach-Rhythmus des Menschen – muss täglich neu durch das Tageslicht synchronisiert werden. Fehlen Lichtreize als wichtiger Zeitindikator, kommt die innere Uhr aus dem Takt. In der Folge können sich Menschen müde und antriebslos fühlen. Einen wesentlichen Einfluss auf den zirkadianen Rhythmus nimmt das Hormon Melatonin. Es wird in der Zirbeldrüse des Zentralgehirns gebildet und reguliert durch seine Konzentration im Blutserum viele organische Vorgänge. So ist die Aktionsfähigkeit direkt mit der Höhe des Melatoninspiegels verbunden (Grafik). Liegt Melatonin in höherer Konzentration im Blut vor, stellt sich ein Müdigkeitsgefühl ein. Umgekehrt ist ein hoher Cortisolspiegel für die Wachphasen mitverantwortlich. Durch die direkt auf die Netzhaut auftreffende Lichtenergie wird die Melatonin- und die Cortisolproduktion gesteuert – unabhängig vom eigentlichen Sehvorgang. Viel Licht, besonders der kurzwellige Spektralanteil, lässt den Cortisolspiegel ansteigen und unterdrückt die Produktion von Melatonin. Entsprechend wird der Mensch wach, wenn es hell wird, und müde, wenn es dunkel wird. 18 | PRAXIS

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zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (938) zers zu erkennen und daraufhin die passende Lichtfarbe und Helligkeit einzustellen. Hier spielte besonders die Lichtfarbe eine tragende Rolle. Das Hauptziel war, mit einer angepassten Beleuchtung die Stimmung der Menschen zu verbessern, wobei Farbpsychologie und Tageszeit berücksichtigt wurden. Das Bewusstsein für die Wirkung von Licht ist in den vergangenen Jahren in der Forschung und in der Praxis jedenfalls gestiegen, bestätigt der Lichtexperte Reise. „Vielleicht sind wir in zehn Jahren an dem Punkt, wo in allen Räumen die Innenbeleuchtung der Tageszeit draußen angepasst ist.“ LL Quellen: Houser, K. et al.: „Human-centric lighting: Myth, magic or metaphor?“, veröffentlicht am 6. Oktober 2020 in Lighting Reseach & Technology DOI: https://doi.org/10.1177/ 1477153520958448 Cupkova, D. et al.: „Intelligent humancentric lighting for mental wellbeing improvement“, veröffentlicht am 14. September 2019 in International Journal of Distributed Sensor Networks DOI: https://doi.org/10.1177/ 1550147719875878 Zuvor war in den Räumen der Praxis Kammerlander eine Gaststätte und die gesamte Beleuchtung nicht zu gebrauchen (links). Nun hängt in der Praxis direkt über der Rezeption (oben) ein leuchtendes Himmelsmotiv, das die Patienten regelmäßig erfreut. „An Wintertagen sagen sie dann, sie würden gerne jeden Tag kommen, weil hier bei uns die Sonne immer scheint“, berichtet Antonia Kammerlander augenzwinkernd. In einem Behandlungsraum enthält ein Leuchtbild zum Beispiel versteckte Marienkäfer. „Wenn die Kinder ängstlich oder unsicher sind, schicke ich sie auf die Suche und kann meist ganz ungestört arbeiten“, sagt Markus Kammerlander. Foto: Kammerlander LICHT IM GESUNDHEITSWESEN Die Initiative licht.de veröffentlicht Wissen zu Licht und Arbeit und zu Licht und Gesundheit. Eine Ausgabe „licht.wissen “widmet sich speziell der Beleuchtung im Gesundheitswesen. Darin heißt es, dass dynamische, dem Tageslichtverlauf angepasste Beleuchtungskonzepte den zirkadianen Rhythmus unterstützen und dadurch das emotionale Empfinden und die Regeneration der Patienten positiv beeinflussen. Gestützt werden die Erkenntnisse von verschiedenen Studien, die den Zusammenhang zwischen guter Beleuchtung, die Beleuchtungsstärke eine große Rolle, weil viele Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts nicht nach draußen kommen. Foto: Kammerlander Foto: DESIGNHIMMEL 20 | PRAXIS

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zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (940) AUS DER WISSENSCHAFT Einteilige Zirkonoxidabutments – klinische Ergebnisse nach fünf Jahren Florian Beuer Die Frage der Befestigung von Einzelzahnkronen auf dentalen Implantaten, die Verwendung keramischer Materialien und verschiedener Konzepte wird immer noch kontrovers diskutiert. Trotz der Vielzahl an Publikationen gibt es kaum randomisierte Untersuchungen, die heute benutzte individuelle Abutments bei zementierten Kronen mit verschraubten Kronen aus vollkeramischen Materialien vergleichen. Die Züricher Arbeitsgruppe um Prof. Ronald Jung hat nun eine Studie mit einer Nachbeobachtungszeit von fünf Jahren vorgelegt. Die Versorgung einer Einzelzahnlücke mit einem dentalen Implantat aus Titan und einer Suprakonstruktion aus keramischen Materialien stellt für ästhetisch anspruchsvolle Bereiche eine etablierte und gut dokumentierte Therapieoption dar. Das einteilige Zirkonoxidabutment hat sich in Laboruntersuchungen als Schwachstelle in diesem Versorgungskonzept erwiesen und dazu geführt, dass die meisten Hersteller auf Titanklebebasen als Verbindungsstück zum Implantat setzen. Es ist jedoch wissenschaftlich noch nicht geklärt, wie sich diese Restaurationen in der ästhetischen Zone zwischen Schneidezähnen und Prämolaren über kurzfristige Zeiträume hinaus verhalten. MATERIAL UND METHODE Die Arbeitsgruppe um Jung der Universität Zürich/Schweiz versuchte, diese Fragestellung im Rahmen einer prospektiven randomisierten Studie anhand von 44 Patienten (22 weiblich, 22 männlich) und 44 Implantaten zu beantworten. Dazu wurden parallelwandige Implantate eines Herstellers im Frontzahngebiet, in der Eckzahnregion oder im Prämolarenbereich des Ober- und Unterkiefers eingesetzt. Anschließend erfolgte die Randomisierung auf die verschraubte oder die zementierte Gruppe. Alle Patienten bekamen einteilige individuelle Zirkonoxidabutments. In der Gruppe der verschraubten Kronen (n = 24) wurden die Abutments direkt mit Verblendkeramik fertiggestellt und dann mit dem vorgeschriebenen Drehmoment von 20 Ncm definitiv befestigt. Bei der Gruppe der Foto: Florian Beuer Einprobe eines einteiligen Zirkonoxidabutments in Position 13 UNIV.-PROF. DR. FLORIAN BEUER, MME Charité – Universitätsmedizin Berlin, Campus Benjamin Franklin, Abteilung für Zahnärztliche Prothetik, Alterszahnmedizin und Funktionslehre Aßmannshauser Str. 4–6, 14197 Berlin Foto: privat 22 | ZAHNMEDIZIN

zementierten Kronen (n = 20) wurde auf eine zirkuläre Präparationsgrenze des Abutments von 1 mm subgingival geachtet und eine Lithiumdisilikatkrone angefertigt, die dann im Mund adhäsiv auf dem Abutment befestigt wurde. Penibel wurde auf die Entfernung etwaiger Zementüberschüsse geachtet. Alle Patienten wurden ins Nachsorgeprogramm der Klink aufgenommen – die Hygieneintervalle waren an die patientenindividuellen Bedürfnisse angepasst. Nach ein bis drei Wochen (Baseline) und dann nach sechs, zwölf, 36 und 60 Monaten erfolgten Nachuntersuchungen, bei denen neben klinischen Parametern auch Röntgenbilder angefertigt wurden. Als biologische Zielgrößen in der Datenauswertung dienten parodontale Parameter wie Taschensondierungstiefen, Blutung auf Sondierung, Plaque, Rezessionen, die Breite der keratinisierten Mukosa, die Dicke der bukkalen Mukosa und der Papillenindex nach Jemt. Der krestale Knochenverlust wurde anhand standardisierter Zahnfilmröntgenaufnahmen ausgewertet. Die prothetische Beurteilung der Kronen erfolgte anhand der modifizierten USPHS(United States Public Health Service)-Kriterien (Tabelle 1). ERGEBNISSE Nach fünf Jahren konnten noch 41 Restaurationen zur Beurteilung in der Studie herangezogen werden. Davon gingen acht Restaurationen aufgrund technischer und biologischer Komplikationen verloren, so dass sich eine Überlebensrate von 81,2 Prozent erMODIFIZIERTE USPHS-KRITERIEN Rang Beschreibung Tab. 1, Quelle: Beuer Alpha Restauration ist ohne jede Beanstandung. Beta Restauration weist kleinere Beanstandungen auf. Charlie Restaurationen weist größere Beanstandungen auf, die kritisch beobachtet werden müssen und gegebenenfalls eine Neuanfertigung der Restauration bedingen. Delta Restauration ist klinisch unbrauchbar und muss ersetzt werden. !$0" .4-7"#+/,74$42 %+%,*765'$(&+--$$3+1)$ "%!%&$(- )$##--*$,'- !%0" #%,. -/" $+--%% )+1( &+',*432  $-""# ." $0 ,$ 4$ + ENVELOPE %*+1!'*'+)32/(& ",/'$-,9'-7),3. +#07'99'$ '$9'*-%'76 (-$ 2'$$,/'7 37+'$' !-44+ -& 5'$,/37%+%'+4$1#08 %)07!6 /*-")6 94.,)684.). 51''))2 319), )0"18,)6 7!, $8+-9 )!6)6 51''))2 (4881*,471,)6 #)&!66)6 Calendar-check COFFEE Gift ZAHNMEDIZIN | 23

zm112, Nr. 10, 16.5.2022, (942) rechnen lässt. Die biologischen Komplikationen (n=2) traten in Form von Implantatverlusten in der Gruppe der zementierten Kronen auf. Bei den technischen Komplikationen, die zum Verlust der Restauration führten, waren es ausschließlich Frakturen der einteiligen Zirkonoxidabutments (vier in der Gruppe der verschraubten Kronen, zwei in der Gruppe der zementierten Kronen). Periimplantäre Entzündungen der Weichgewebe traten an fünf Implantaten auf (alle bei zementierten Kronen). Das marginale Knochenniveau blieb über die fünf Jahre in beiden Gruppen sehr stabil mit einem mittleren Knochenverlust von 0,4 mm, lediglich ein Implantat zeigte mehr als 1 mm Knochenabbau (verschraubte Gruppe). Fasst man alle Komplikationen (inklusive Schraubenlockerungen und Frakturen) zusammen, so errechnet sich eine Komplikationsrate von 73,7 Prozent bei den zementierten Kronen und 22,7 Prozent bei den verschraubten Kronen nach fünf Jahren. DISKUSSION Die ästhetisch ansprechende Versorgung der Einzelzahnlücke im sensiblen sichtbaren Bereich stellt eine tägliche Herausforderung in der zahnärztlichen Praxis dar. Das dargestellte Konzept hat sich vor allem in der zementierten Variante nach fünf Jahren als sehr komplikationsanfällig gezeigt und ist daher sicher so nicht zu empfehlen. Angesichts der hohen Zahl an frakturierten Abutments liegt es nahe, die Titanklebebasis als das klinisch bessere Konzept zu favorisieren. Positiv sind die stabile knöcherne Situation und die geringe Anzahl an periimplantären Entzündungen herauszustellen. Zu den Stärken der Studie gehört das einheitliche, prospektive Protokoll, die Randomisierung mitsamt der homogenen Kohorte, die durch ein hochspezialisiertes Behandlungsteam versorgt wurde. In der Auswertung fehlen jedoch einige Informationen zu den Frakturen, beispielsweise wo genau diese auftraten und nach welcher Zeit. Dies hätte vielleicht noch einen wertvollen Hinweis darauf geben können, ob die Prämolaren- und die Eckzahnregion etwa ein höheres Risiko für eine Fraktur darstellt als die eigentlichen Frontzähne. WAS BEDEUTEN DIE ERGEBNISSE FÜR DIE TÄGLICHE PRAXIS? \ Keramische Restaurationen auf Titanimplantaten nach dem dargestellten Konzept führen zu hohen Misserfolgsraten. \ Einteilige Zirkonoxidabutments als Basis für zementierte und verschraubte Einzelzahnkronen in der ästhetischen Zone zeigen hohe technische Komplikationsraten. \ Zementierte Einzelzahnkronen zeigen mehr Komplikationen als verschraubte Einzelzahnkronen. \ Kraus R D, Espuelas C, Hämmerle C H F, Jung R E, Sailer I, Thoma D S: Five-year randomized controlled clinical study comparing cemented and screwretained zirconia-based implant-supported single crowns. Clin Oral Implants Res. 2022 Feb 28. doi: 10.1111/clr.13913. Online ahead of print. BEWERTUNG DER RESTAURATIONEN ANHAND DER USPHS-KRITERIEN Abutmentfraktur Verblendkeramikabplatzungen Okklusale Rauhigkeiten Retentionsverlust Kontur der Restauration SR = verschraubte Restaurationen, CR = zementierte Restaurationen, Zahlen in Prozent, Werte in Klammern = Fälle Tab. 2, Quelle: [Kraus et al., 2022] SR CR SR CR SR CR SR CR SR CR Alpha (A) 81,8 (18) 88,2 (15) 95,5 (21) 82,4 (14) 77,3 (17) 29,4 (5) 81,8 (18) 76,5 (13) 90,9 (20) 94,1 (16) Bravo (B) – – 4,5 (1) 17,6 (3) 22,7 (5) 70,6 (12) unzutreffend 0,0 (0) 9,1 (2) 5,9 (1) Charlie (C) – – 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 11,8 (2) 0,0 0,0 Delta (D) 18,2 (4) 11,8 (2) 0,0 0,0 0,0 0,0 18,2 (4) 11,8 (2) 0,0 0,0 AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz 24 | ZAHNMEDIZIN

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