Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 11

INTERVIEW MIT BZÄK-VIZEPRÄSIDENTIN DR. ROMY ERMLER „LAUTERBACH SCHIEBT EINE GOZ-REFORM IN WEITE FERNE“ Interview mit der Vizepräsidentin der Bundeszahnärztekammer, Dr. Romy Ermler, zum Sachstand beim Dauerthema GOZ-Reform nach den Äußerungen von Bundesgesundheitsminister Prof. Karl Lauterbach. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hat kürzlich in einem Interview gesagt, dass er in dieser Legislaturperiode nichts machen würde, „was das Verhältnis von PKV zur GKV verschiebt“. Übersetzt heißt das, er wird eine Reform der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) in den nächsten drei Jahren nur mit spitzen Fingern anfassen. Damit rückt auch eine Reform der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ) in die Zukunft. Was sagen Sie zu dieser Äußerung? DR. ROMY ERMLER: Die Aussage, die Novelle der GOÄ jetzt nicht anpacken zu wollen, obwohl sie offenbar fast fertig ist, haben wir bei der Bundeszahnärztekammer kopfschüttelnd zur Kenntnis genommen. In der Vergangenheit hat sich das BMG auf Nachfragen zur GOZ regelmäßig darauf zurückgezogen, dass es zunächst die Novelle der GOÄ in Angriff nehmen und erst in der Folge den Novellierungs- oder Anpassungsbedarf der GOZ prüfen wolle. Diese merkwürdige Prioritätensetzung im BMG ist besonders verwunderlich, weil ja PKV, Beihilfe und Ärzteschaft einen gemeinsam getragenen Entwurf vorgelegt haben, der das BMG von dem sonst notwendigen Interessenausgleich quasi entbindet. Ein zügiges und geräuscharmes Verordnungsverfahren wäre also garantiert. So schiebt Lauterbach die Reformen der GOÄ und der GOZ in weite Ferne. Warum glauben Sie, dass Lauterbach die GOÄ-Reform nicht anfassen will? Lauterbach war bekanntermaßen immer ein Anhänger einer Bürgerversicherung. Daher hat er natürlich kein großes Interesse daran, das gut funktionierende duale System aus GKV und PKV zukunftsfähig aufzustellen. So kann er immer sagen: Seht her, das funktioniert ja nur mäßig. Dabei ließen sich die Gebührenordnungen natürlich reformieren und zukunftssicher machen. Wie will die BZÄK nach diesen ernüchternden Aussagen jetzt vorgehen? Die BZÄK treibt zwar aktuell eine Novelle auf der Grundlage eines gemeinsamen Vorschlags weiter voran. Die Gespräche mit der PKV laufen auch bereits. Aber klar ist, dass so keine zeitnahe Lösung des GOZProblems möglich sein wird. Wir werden daher nach dem Motto verfahren: „Wenn uns die Politik nicht hilft, müssen wir uns selbst helfen!“ Was heißt das genau? Wir werden parallel Handlungsoptionen entwickeln, mit denen Zahnärztinnen und Zahnärzte befähigt werden, die noch nicht voll ausgenutzten Möglichkeiten der GOZ auszuschöpfen. Dazu gehört ein Werkzeugkasten GOZ ebenso wie Handreichungen, Stellungnahmen und nicht zuletzt Berechnungsempfehlungen. Damit schlagen wir zwei Fliegen mit einer Klappe: Die Zahnärztinnen und Zahnärzte erschließen so Honorarreserven und zugleich erzeugt die kreative Arbeit mit der GOZ politischen Handlungsdruck, weil damit die – fachlichen wie betriebswirtschaftlichen – Defizite der aktuellen GOZ in den Fokus der öffentlichen Wahrnehmung gerückt werden. Passt in dieses Bild auch, dass das BMG kürzlich auf die Frage nach Abrechenbarkeit der ParodontitisRichtlinie in der GOZ geantwortet hat, dass eine Anpassung der GOZ für die Sicherstellung einer leitliniengerechten Versorgung nicht erforderlich sei, „da nicht im Gebührenverzeichnis der GOZ enthaltene Leistungen über den Weg der Analogabrechnung in Rechnung gestellt werden können”? Ja, ganz genau. Einerseits ist das eine sehr positive Meldung, da das BMG mit der Antwort die von der BZÄK vorgenommene Übersetzung der PAR-Leitlinie in die GOZ quasi offiziell absegnet. Damit lässt sich eine wissenschaftlich fundierte Parodontitistherapie auch in der GOZ abbilden. Andererseits hat das BMG auch gesagt, dass eine ständige Anpassung der GOZ an den BEMA nicht zwingend erforderlich und mit Blick „auf den komplexen und langwierigen Novellierungsprozess der GOZ für einzelne Leistungen beziehungsweise Leistungskomplexe auch nicht sinnvoll“ sei. Oder anders ausgedrückt, eine GOZ-Reform macht dem BMG Arbeit. Solch eine Aussage ist ausgesprochen ärgerlich und respektlos gegenüber den Zahnärztinnen und Zahnärzten. Das Gespräch führte Sascha Rudat. Foto: BZÄK/Lopata zm112, Nr. 11, 1.6.2022, (1039) POLITIK | 13

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