Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1366) hinsichtlich der abgeschlossenen Ausbildungsverträge einer hohen Vertragslösungsquote gegenübersteht. Andererseits sind die Hebel, wo es anzusetzen gilt, seit Längerem bekannt: Mit wenigen Mitteln können die Attraktivität des Berufsbilds erhöht und Anreize für die Ausbildung geschaffen werden. \ VERBAND MEDIZINISCHER FACHBERUFE „Das Gehalt ist die wichtigste Stellschraube!“ Hannelore König Im Februar 2022 hat jede dritte Zahnmedizinische Fachangestellte (ZFA) mehrfach im Monat und häufiger über einen Ausstieg aus dem Beruf nachgedacht. Mindestlöhne von 14 Euro für ungelernte Tätigkeiten bei Discountern wie Aldi und Lidl oder von 13,70 Euro für Pflegehilfskräfte sollten die zahnärztlichen Arbeitgeber nicht unterschätzen. Die Entwicklung der vergangenen 15 Jahre bei den ZFA zeigt deutlich, dass sich der Arbeitsmarkt im ersten Pandemie-Jahr 2020 nur leicht entspannt hat. Seit September 2020 sinkt die Zahl der arbeitssuchenden ZFA, während die Zahl der offenen Stellen stetig ansteigt. Seit April 2021 liegt die Relation unter 1,0. Es gibt allerdings große regionale Unterschiede, besonders dramatisch ist die Situation in Bayern und Sachsen: Hier liegt der Quotient im Mai 2022 bei 0,3 – das heißt, auf drei offene Stellen kommt eine arbeitssuchende ZFA. Seit 2019 führt die Agentur für Arbeit die ZFA als Engpassberuf auf. Im Oktober 2021 lag die ZFA mit einem Wert von 2,4 zwar noch im Mittelfeld der Engpassberufe, aber klar vor den MFA. Neben der ArbeitsuchendenStellen-Relation steht die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit auf Rot und drei weitere Kriterien sind auf Gelb. Es ist daher höchste Zeit, den Beruf der ZFA als Gesundheitsberuf zu stärken, damit die zahnärztliche Versorgung nicht gefährdet wird. Es geht dabei um die ZFA, ZMF, ZMP, ZMV und DH als Fachkräfte und es geht um die Patientensicherheit. Zum einen ist die Politik gefragt, denn laut Koalitionsvereinbarung sollen die Gesundheitsberufe gestärkt und die Rahmenbedingungen verbessert werden. Die Bundesregierung darf dabei nicht nur die Pflegekräfte stärken, sondern muss die Medizinischen und Zahnmedizinischen Fachangestellten ebenfalls berücksichtigen. Es geht dabei um mehr Tarifverbindlichkeit für diese Berufe und eine Gegenfinanzierung der Tarifsteigerungen analog zu den Pflegekräften. Gebührenordnungen und Vergütungen in der medizinischen und zahnmedizinischen Versorgung müssen die Leistungen dieser Berufe stärker abbilden und die aktuelle Entwicklung bei den Personalkosten adäquat und zeitnah berücksichtigen. Nur so kann die Wettbewerbsfähigkeit im Arbeitsmarkt gesichert werden. Der VmF unterstützt daher die Forderungen der Ärzte- und Zahnärzteschaft zur Novellierung ihrer Gebührenordnungen. Zum anderen ist jede Zahnärztin, und jeder Zahnarzt gefragt, denn laut unserer Online-Umfrage von Februar 2022 vermissen 50 Prozent der 3.189 Praxismitarbeiterinnen, die daran teilgenommen haben, die Wertschätzung durch ihren Arbeitgeber. Diese ließe sich durch echtes Lob und Maßnahmen, wie Mitarbeitergespräche, die Förderung von Fortbildung, Teamsitzungen und betriebliches Gesundheitsmanagement, erhöhen. ARM TROTZ ARBEIT Die wichtigste Stellschraube ist allerdings das Gehalt, denn mit einem mittleren Entgelt von 2.149 Euro brutto in Vollzeit laut Entgeltatlas der Agentur für Arbeit liegt die ZFA im Niedriglohnbereich und ist arm trotz Arbeit. Jede achte ZFA profitiert laut unserer Umfrage von der Anhebung des Mindestlohns auf 12 Euro ab dem 1. Oktober. Ein bundesweiter Tarifvertrag wäre für die Berufsangehörigen in 13 von 17 Kammerbereichen ein echtes Zeichen der Wertschätzung durch die zahnärztlichen Arbeitgeber. HANNELORE KÖNIG Präsidentin des Verbands medizinischer Fachberufe e.V. (VmF) Foto: VmF ZUM MINDESTLOHN Zum 1. Oktober steigt der Mindestlohn von 9,82 Euro auf 12 Euro. Von der Erhöhung profitieren insgesamt rund 22 Prozent aller Beschäftigten, vor allem jene in Teilzeit, also insbesondere Frauen. Betroffen sind mehr als acht Millionen Jobs [Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung]. Die ZFA liegt in der „Liste der Berufe mit besonders hoher Wahrscheinlichkeit für Löhne unter 12 Euro“ übrigens auf Platz 23 von 50 [Wirtschaftsund Sozialwissenschaftliches Institut der Hans-Böckler-Stiftung]. 20 | POLITIK

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=