Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 14

zm112, Nr. 14, 16.7.2022, (1413) von ≥ 5 mm und zudem einen Attachmentverlust von≥ 5 mm haben; darüber hinaus verliert diese Patientengruppe mehr eigene Zähne als Patienten mit einem gut eingestellten Diabetes beziehungsweise als allgemeingesunde Patienten [Costa et al., 2013]. Das Risiko für die weitere Progression einer parodontalen Erkrankung und nachfolgend von Zahnverlust ist bei einem schlecht eingestellten Diabetes im Vergleich zum gut eingestellten Diabetes (Schwellenwert: HbA1c = 6,5 Prozent) etwa dreimal so hoch [Costa et al., 2013]. Demnach lässt sich festhalten, dass die glykämische Einstellgüte insbesondere das langfristige Behandlungsergebnis und dabei die Progression/ Instabilität parodontaler Erkrankungen wie auch den Zahnverlust betroffener Patienten nachhaltig beeinflussen kann. Daher muss bei Diabetespatienten in der zahnmedizinischen Betreuung die Einstellgüte stetig und rekurrierend berücksichtigt werden. Folglich empfiehlt die aktuelle S3Leitlinie zur Behandlung von Parodontitis Stadium I–III, zielgerichtete Interventionen zur Diabeteskontrolle in der initialen Therapiephase (Therapiestufe 1) wie auch bei der unterstützenden Parodontitistherapie (Therapiestufe 4) einzubeziehen [Ramseier et al., 2020; DG PARO, 2020]. Bei suffizienter glykämischer Kontrolle und risikoadaptierter individualpräventiver Betreuung können auch bei Diabetespatienten langfristig stabile, mundgesunde Verhältnisse erhalten werden (Abbildung 1). Entsprechend wurde in der aktuell gültigen Klassifikation parodontaler Erkrankungen für die Diagnosestellung Parodontitis und hier zur Beurteilung des Progressionsrisikos (Grading) die Einstellgüte (Grad A = normoglykämisch mit oder ohne vorherige Diagnose von Diabetes, Grad B = HbA1c < 7,0 Prozent und Grad C = HbA1c ≥ 7,0 Prozent) inkludiert. EINSATZ ADJUVANTER ANTIBIOTIKA Neben der glykämischen Einstellgüte als wesentlicher Ansatzpunkt zur Verbesserung des klinischen Outcomes der Parodontaltherapie kann der Einsatz adjuvanter Antibiotika diskutiert werden. Patienten, die neben der behandlungsbedürftigen Parodontitis zusätzlich einen Diabetes aufweisen, könnten grundsätzlich von der Gabe adjuvanter systemischer Antibiotika profitieren. So kann die Kombination SRP und systemische Antibiose kurzfristig zu einer stärkeren Verringerung der Sondierungstiefen führen als beim SRP allein [Grellmann et al., 2016; Santos et al., 2015]. Hingegen scheint eine lokale Antibiose nur bei Patienten mit einem gut eingestellten Diabetes einen positiven Effekt zu haben; für Patienten mit einem schlecht eingestellten Diabetes konnte hierbei kein Mehrgewinn im Vergleich zum SRP allein aufgezeigt werden [Rovai et al., 2016]. Der Blick in die aktuelle Leitlinie zeigt zudem, dass das Vorliegen eines Diabetes mellitus keine pauschale Abb. 1: Bei guter glykämischer Einstellung und konsequenter individualpräventiver Betreuung können, wie bei dieser Diabetespatientin (55 Jahre, Nichtraucherin), langfristig stabile Verhältnisse erhalten werden. Quelle: Dirk Ziebolz PD DR. GERHARD SCHMALZ Poliklinik für Zahnerhaltung und Parodontologie, Funktionsbereich Oral Health Medicine, Universität Leipzig Liebigstr. 12, Haus 1, 04103 Leipzig Foto: privat ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. ZAHNMEDIZIN | 67

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