Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 17

URTEIL BUNDESVERFASSUNGSGERICHT KARLSRUHE MASERN-IMPFPFLICHT IST RECHTENS Seit 2020 gilt für Kita-Kinder die Pflicht zur Masern-Impfung. Eltern hatten dagegen eine Verfassungsbeschwerde eingereicht. Die Karlsruher Richter sehen dadurch jedoch keine Rechte verletzt. Die Impfpflicht verstößt somit nicht gegen das Grundgesetz. Das Masernschutzgesetz sieht vor, dass alle nach 1970 Geborenen, die in einer „Gemeinschaftseinrichtung“ betreut werden oder dort beschäftigt sind, geimpft sein müssen. Das gilt auch für Beschäftigte in medizinischen Einrichtungen, also auch in Zahnarztpraxen. Dagegen hatten mehrere Eltern von minderjährigen Kindern Beschwerde eingereicht: Die Impfpflicht verletze ihr verfassungsrechtliches Elterngrundrecht und das Recht der Kinder auf körperliche Unversehrtheit. Zudem würden die ungeimpften Kinder unverhältnismäßig von der Betreuung in einer Kita oder Tagespflegeeinrichtung ausgeschlossen. Da in Deutschland eine MasernImpfung nur mit der Gabe von Kombi-Impfstoffen möglich sei, die sich auch gegen Röteln, Mumps oder Windpocken richten, wären die Kinder vorm Kita-Besuch quasi gezwungen, sich gegen gleich mehrere Krankheiten impfen zu lassen. Das Bundesverfassungsgericht sah das anders: Impfung und Nachweispflicht seien „angemessen und verhältnismäßig“. Beide dienten der Gesundheit des Kindes, dem vermeintlichen Eingriff in das Recht der Eltern komme dabei kein besonders hohes Gewicht zuteil. Letztlich habe der Gesetzgeber „einen verfassungsrechtlich legitimen Zweck, nämlich den Schutz vulnerabler Personen vor einer für sie gefährlichen Masernerkrankung“ verfolgt. Gerade vulnerable Personen seien auf die Herdenimmunität angewiesen, die bei etwa 95 Prozent erreicht werde. Die Impfpflicht sei daher gerechtfertigt. Für die Impfpflicht sprächen die hohe Übertragungsfähigkeit und die damit einhergehende Ansteckungsgefahr sowie das Risiko, als Spätfolge der Masern eine für gewöhnlich tödlich verlaufende Krankheit erleiden zu können: „Demgegenüber treten bei einer Impfung nahezu immer nur milde Symptome und Nebenwirkungen auf.“ Das Gericht bestätigte zudem, dass die Impfung auch mit einem Kombipräparat gegen Masern, Mumps, Röteln oder Windpocken erfolgen darf. LL Bundesverfassungsgericht Karlsruhe Az.: 1 BvR 469/20 (und weitere) Beschluss vom 21. Juli 2022 1 BvR 469/20, 1 BvR 472/20, 1 BvR 471/20, 1 BvR 470/20 Foto: Stockfotos-MG zm112, Nr. 17, 1.9.2022, (1573) Zahnarztinformationssystem ('" #%$!& 5%-5)-"'4(&'$1/+$,0**$3.6 !$#%!"##92"792!8 PRAXIS | 11

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