Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm112, Nr. 20, 16.10.2022, (1988) mik – am besten behandelt wird, wird Attin zufolge in der Literatur sehr kontrovers diskutiert. Daraus lasse sich keine Überlegenheit für ein bestimmtes Material oder eine bestimmte Technik ableiten. Eine Rekonstruktion der Bisshöhe sei mit einer direkten Technik, bei der das Komposit über Schienen eingebracht wird, gut umsetzbar. Durch eine konventionelle Kronenpräparation gehen 75 Prozent der Zahnsubstanz verloren – mit dieser Information überraschte PD Dr. Alexis Ioannidis, Oberarzt in der Klinik für Rekonstruktive Zahnmedizin an der Universität Zürich, seine Zuhörer. Mittlerweile gebe es auch im indirekten Bereich gut funktionierende, minimalinvasive Konzepte. Er präpariere beispielsweise auch bei keramischen Restaurationen im Frontzahnbereich keine Stufen mehr, sondern lasse die Präparation dünn im Schmelzbereich auslaufen – ein Vorgehen, das sich mit keramischen Restaurationen aus Lithiumdisilikat umsetzen lasse. Je genauer die interne Passung, desto höher sei auch die Belastungsfähigkeit aufgrund des adhäsiven Verbunds. Die Restaurationsränder sollten dabei wann immer möglich in den nicht-sichtbaren Bereich gelegt werden, denn es könne zu Randverfärbungen kommen. ZAHNERHALTUNG MIT RAFFINESSE Adhäsivbrücken eignen sich hervorragend zur Versorgung von Einzelzahnlücken. Dr. Britta Hahn (Würzburg) präsentierte ästhetische Lösungen mit vollkeramischen sowie mit faserverstärkten Adhäsivbrücken nach Zahntrauma und KFO. Dr. Sebastian Soliman (Würzburg) sprach über adhäsive Behandlungsmöglichkeiten von Patienten mit Amelogenesis- und Dentinogenesis imperfecta. Die Versorgung mit direkten Restaurationen stelle bei der Amelogenesis imperfecta eher eine Übergangslösung dar, zumindest bis der Zahndurchbruch vollständig erfolgt ist. Mit indirekten Restaurationen lasse sich schließlich die Hypersensibilität dieser Zähne wirksam therapieren, zudem verbesserten sie die Ästhetik und seien langlebig. Dr. Ralf Krug (Würzburg) berichtete über ästhetische Möglichkeiten bei schwierigem Zahnerhalt. Dafür brauche es eine gute Zusammenarbeit mit anderen zahnärztlichen Disziplinen und „eine gewisse Raffinesse“. Bei Trauma, externen Resorptionen oder subgingivaler Karies könnten so Zähne mit einer chirurgisch-konservierend-kombinierten Versorgung erhalten werden. Behandler könnten dafür die Möglichkeiten der kieferorthopädischen Extrusion von Zähnen/Wurzeln oder das Benex-Extraktionssystem (mit nachfolgender Replantation) nutzen. Die koronale Restauration endodontisch behandelter Zähne ist genauso wichtig für den langfristigen Erfolg der Therapie wie die Wurzelkanalbehandlung selbst – das betonte Privatdozentin Dr. Kerstin Bitter (Berlin) in ihrem Vortrag im Block der Stiftung Innovative Zahnmedizin (SIZ). Gerade im inneren Dentin komme es im Zuge einer endodontischen Behandlung zur Reduktion von ungebundenem Wasser. Das äußere Dentin sei stärker mineralisiert. Beide Punkte machten wurzelkanalbehandelte Zähne anfälliger für Frakturen. Das Spülen mit Natriumhypochlorid trage zu einer Degradation der Kollagenstruktur bis in eine Tiefe von 0,5 Millimetern bei, was die Biegefestigkeit des Dentins ebenfalls reduziere. Sie empfahl daher, im Seitenzahnbereich höckerfassende Restaurationen innerhalb von vier Monaten nach endodontischer Behandlung anzufertigen, insbesondere beim Vorliegen von Rissen. Der Ferrule-Effekt (Fassreifen-Effekt), also das Einfassen des natürlichen Zahnstumpfs um mindestens anderthalb bis zwei Millimeter, sei im Seitenzahnbereich nicht unbedingt notwendig, im Frontzahnbereich jedoch schon. Bei Klasse-IKavitäten reiche oft eine direkte adhäsive Versorgung. DER WICHTIGSTE SCHRITT IM BONDING-PROTOKOLL Wie können zervikale Läsionen am besten behandelt werden? Dazu präsentierte im Vortragsblock der DGR2Z Prof. Marleen Peumans (Leuven, Belgien) ausführlich ihre Vorgehensweise. Zu beachten sei, dass V-för7. TAG DER WISSENSCHAFT EINBLICKE IN DIE FORSCHUNG IM BEREICH ZAHNERHALTUNG Der Haupttagung war der Tag der Wissenschaft vorgeschaltet, an dem die universitären Standorte Themen aus ihrer Forschungsarbeit präsentierten. In Kurzvorträgen stellten insgesamt 20 Arbeitsgruppen ihre Highlights vor. Zwei Beispiele: Moritz Martin (Ulm) stellte eine In-vitroStudie vor, in der die initiale Festigkeit und die Beständigkeit der Dentinhaftung von Klasse-II-Restaurationen untersucht wurde. Dabei setzten die Forscher eine direkte und eine indirekte Restauration (beide aus Komposit) jeweils mit zwei 1-SchrittUniversaladhäsiven (G-Premio Bond, Scotchbond Universal Plus) und einem 2-Schritt-Universaladhasiv (OptiBond eXTRa Universal) ein, bei indirekter Restauration einmal mit und einmal ohne separate Lichthärtung. Als Fazit empfahl Martin die separate Lichthärtung des Universaladhäsivs bei adhäsiver Befestigung indirekter Restaurationen. Die regionale Mikro-Zughaftfestigkeit (µTBS) an der zervikalen Stufe war signifikant geringer als okklusal, diese blieb eine Schwachstelle bei der Dentinhaftung. Dr. Stefanie Lindner (München) zeigte anhand einer retrospektiven Studie ihrer Arbeitsgruppe, dass Teilkronen und Inlays aus Lithiumdisilikatkeramik (IPS e.max Press) über mehr als fünf Jahre hinweg eine hohe klinische Qualität aufwiesen. Die 143 indirekten Restaurationen, die Studierende zwischen 2012 und 2016 eingesetzt hatten (Durchschnittsalter 5,9 Jahre), hatten nach fünf Jahren eine Erfolgsquote (success) von 97,5 Prozent und eine Überlebensrate (survival) von 98,6 Prozent. Bei sieben Restaurationen (4,9 Prozent) wurden Reparaturmaßnahmen erforderlich und fünf Versorgungen (3,5 Prozent) wurden als Misserfolg klassifiziert. Bei partiellen Defekten kann durch Reparaturmaßnahmen oft ein kompletter Austausch der Restauration vermieden werden. 78 | ZAHNMEDIZIN

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