Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 20

zm112, Nr. 20, 16.10.2022, (1993) Als die bedeutendsten (Dis)Stressfaktoren wurden eigene Misserfolge und Behandlungsfehler, der eigene Perfektionismus und Qualitätsanspruch sowie die umfangreichen Verwaltungstätigkeiten ermittelt. Die Studie stellte eine Burn-out-Prävalenzberechnung an und ermittelte einen Anteil von 13,6 Prozent von Burn-out betroffenen Zahnärzten. Einem Burn-outRisiko unterlagen 31,9 Prozent der Teilnehmer. Anfang dieses Jahres startete nun die „Burn-out-Studie 2.0“, deren Auswertung derzeit läuft. Auch wenn deren Ergebnisse noch nicht abschließend vorliegen, berichtet Jöhren vom sich verschärfenden Trend der Überlastung. Zusammengefasst sind die Digitalisierung, der wachsende Verwaltungsaufwand, der Fachkräftemangel und der Druck, fehlerfrei zu arbeiten, beziehungsweise die Angst vor Behandlungsfehlern seiner Einschätzung nach die stresstreibenden Faktoren, die ein Burn-out triggern können. Er regt an zu überlegen, ob wirklich 40 Wochenstunden am Patienten dauerhaft leistbar sind. „Ein Ergebnis unserer ersten Burn-out-Studie war ja: Die Arbeitsbelastung wurde häufig als zu hoch angegeben. Natürlich muss das Arbeiten im Team gut laufen, um Stress zu vermeiden oder diesen zusammen besser abfangen zu können. Keiner muss den Anspruch haben, alles alleine schaffen zu müssen. Delegieren, wo es möglich ist und auf gute Kommunikation setzen!“ DIE PANDEMIE ZEIGT IHRE SPUREN – INTERNATIONAL Eine aktuelle Studie aus den USA (zm 17/2022) brachte hervor, dass Zahnärzte und Dentalhygieniker auch dort während der Pandemie mit Angstzuständen und Depressionen zu kämpfen hatten, insbesondere während den Spitzenzeiten der Übertragung [Eldridge et al., 2022]. Befragt wurden 8.902 Beschäftigte des zahnärztlichen Gesundheitswesens. Davon gaben 17,7 Prozent an, dass sie Angstsymptome spüren, 10,7 Prozent hatten Symptome einer Depression und 8,3 Prozent sogar beides. „Angesichts der anhaltenden Pandemie ist es von entscheidender Bedeutung, dass die Mitarbeitenden des zahnärztlichen Gesundheitswesens ihre Fähigkeit weiterentwickeln, Anzeichen und Symptome psychischer Erkrankungen bei sich selbst und ihren Kollegen zu erkennen und zu behandeln“, schrieben die Studienautoren zu den Ergebnissen. Eine Studie aus Spanien, die im Frühsommer (zm 12/2022) publiziert wurde, zeigte eine noch gravierendere Bilanz: Über 50 Prozent aller Zahnärzte leiden unter einem Burn-out-Syndrom, davon rund 10 Prozent besonders schwer [Gómez-Polo et al., 2022]. Ein höheres Risiko für eine chronische Erschöpfung hatten der Auswertung nach Frauen, Personen im Angestelltenverhältnis und Alleinarbeitende in einer Einzelpraxis. Bemerkenswert sei, dass Jüngere und Berufsanfänger häufiger Symptome eines Burn-outs aufwiesen. Das Studierendenparlament (StuPa) des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) hat kürzlich eine Umfrage unter Zahnmedizinstudierenden durchgeführt, um ein umfangreiches Stimmungsbild hinsichtlich der psychischen Belastung in der Ausbildung einzufangen. Dafür wurden Studierende der Zahnmedizin aller deutschen Fakultäten um Antwort gebeten. Die Rückmeldungen von 637 Studierenden von 30 Unistandorten zeichnen ein eher düsteres Bild: So gab fast die Hälfte der Teilnehmenden an, in der vergangenen Zeit darüber nachgedacht zu haben, das Studium aufgrund der zu hohen Belastung abzubrechen. AUCH DER NACHWUCHS FÜHLT SICH STARK BELASTET Gut 50 Prozent meldeten, dass sie schon einmal von einem Dozenten beleidigt oder sogar angeschrien wurden. Lediglich 21 Prozent berichteten von einem respektvollen Umgang seitens ihrer Lehrpersonen. In den ergänzenden Kommentaren zur Umfrage wurde von als unfair empfundenen Bewertungen, Bloßstellungen, sexistischen und sogar rassistischen Situationen berichtet. Über 80 Prozent wünschen sich eine psychologische Beratungsstelle und über 90 Prozent eine Vermittlungsinstanz zwischen Dozenten und Studierenden an der Lehrstätte. Fast 85 Prozent gaben an, neben der Ausbildung kaum noch Zeit für ihr Privatleben zu Foto: privat Prof. Dr. med. dent. Hans-Peter Jöhren von der Fakultät für Gesundheit (Department für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde) an der Universität Witten/Herdecke: „Wer viel leistet, muss sich auch immer wieder erholen.“ PRAXIS | 83

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