Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 23-24

zm112, Nr. 23-24, 1.12.2022, (2257) besserte interdisziplinäre Zusammenarbeit – hier insbesondere mit den Pädiatern – dringend notwendig ist. Zwischenzeitlich wurden 2021 im Rahmen des bundesweiten Netzwerks „Gesund ins Leben“ Handlungsempfehlungen zur Nutzung von Fluoriden im Säuglingsund frühen Kindesalter herausgegeben [Berg et al., 2021]. Damit liegt ein zwischen Pädiatern und Zahnmedizinern ausgehandelter Kompromiss für die Anwendung von Fluoriden in dieser Lebensphase vor. Insgesamt kann man feststellen, dass auf Grundlage der hohen Kariesprävalenzen im Milchgebiss zahlreiche Initiativen in Deutschland entwickelt wurden, die auf die Stärkung von Verhältnisund Verhaltensprävention sowie auf eine verstärkte interdisziplinäre Zusammenarbeit setzen. ... DANN KAM DIE CORONA-PANDEMIE Inzwischen liegen zahlreiche nationale und internationale Studien sowie fachliche Stellungnahmen vor, die eindrucksvoll die gesundheitlichen und psychosomatischen Auswirkungen der Corona-Pandemie auf Kinder und Jugendliche verdeutlichen. Benannt werden ein Anstieg von Adipositas, eine verschlechterte Motorik und ein verschlechtertes Sprachvermögen sowie ein ungesundes Ernährungsverhalten, ein Anstieg psychischer Störungen, eine deutliche Zunahme des Medienkonsums und insgesamt eine verstärkte Polarisation von Erkrankungsrisiken [Kaman et al., 2021; COSMO-Studie, 2020; Langmeyer et al., 2020; Bantel et al., 2021; FDI; Stellungnahme des Expertenrats, 2022]. Dabei wurden zunächst die aufgezeigten primären Krankheitslasten untersucht. Auf Grundlage der Verhaltensveränderungen und der gestiegenen Krankheitslasten, die unmittelbar Einfluss auf die Mundgesundheit besitzen, muss ein Anstieg zahnmedizinischer Erkrankungen als sekundäre Krankheitslast befürchtet werden. Einige Experten konnten bei ihren Recherchen über die Auswirkungen der Pandemie auf die Mundgesundheit feststellen, dass während der Lockdowns die Individualprophylaxe reduziert wurde und es zum Wegfall von gruppenprophylaktischen Maßnahmen in Kindergärten, Schulen und Betreuungseinrichtungen kam [Pech und Lang, 2022]. Vermutet wird, dass heute infolge der Pandemie vermehrte Präventionsmaßnahmen notwendig sind und die Wahrscheinlichkeit steigt, eine zahnärztliche Behandlung durchführen zu müssen. Die Experten fordern folgerichtig eine Adaption der bestehenden Prophylaxekonzepte für zukünftige Pandemien. Die DAJ-Dokumentationen über Maßnahmen der Gruppenprophylaxe zeigen, dass noch im Jahr 2018/2019 die gruppenprophylaktische Betreuungsquote in den Kitas bei 74,81 Prozent lag. Im Jahr 2019/2020 sank diese Quote auf 45,37 Prozent und im Jahr 2020/2021 sogar auf 23,21 Prozent [DAJ, 2019]. Ähnliche Negativentwicklungen konnten im Bereich der Grundschulen und der Förderschulen wie auch der Klassen 5 bis 10 festgestellt werden. Zusätzlich führte die Abordnung von Personal des Öffentlichen Gesundheitsdienstes bei der Pandemiesteuerung zu Personalengpässen in der Gruppenprophylaxe. DIE GRUPPENPROPHYLAXE KAM VÖLLIG ZUM ERLIEGEN Eine Querschnittsstudie weist auf unmittelbare persönliche Auswirkungen auf das Gruppenprophylaxepersonal hin [Schulz-Weidner et al., 2021]. Während der Pandemie kamen über einen langen Zeitraum hinweg Gruppenprophylaxemaßnahmen und zahnärztliche Untersuchungen in den Kindereinrichtungen vollständig zum Erliegen. Corona hat alles verändert, normal war plötzlich anders. Was für Schäden sind geblieben? Wie ist eigentlich die Mundgesundheit durch die Pandemie gekommen? Foto: ShunTerra – stock.adobe.com TITEL | 15

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