Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1-2

52 | ZAHNMEDIZIN nose herrscht unter den Klinikern ein nicht unerheblicher Dissens. Mögliche Therapiealternativen zur WSR sind die endodontische Versorgung und die Extraktion mit anschließender Implantatinsertion. Die aktuellste Übersichtsarbeit [Chércoles-Ruiz et al., 2017] zu dem Thema wertete die vorhandene Literatur aus dem Zeitraum von 2006 bis 2016 aus. Gegenübergestellt wurde der konservative Ansatz mit entweder endodontischer Erstbehandlung, endodontischer Revisionsbehandlung und/ oder WSR auf der einen Seite und die Extraktion und spätere Einzelzahnimplantation auf der anderen Seite. Das Untersuchungskriterium war die Überlebensrate des Zahns beziehungsweise die Überlebensrate des Implantats. Dieser Literaturanalyse nach führt die endodontische Erstbehandlung zu einer Zahnüberlebensrate von 42,1 bis 86 Prozent nach zwei bis zehn Jahren. Die endodontische Revisionsbehandlung liegt bei 84,1 bis 88,6 Prozent nach vier bis zehn Jahren. Die WSR liegt bei 59,1 bis 93 Prozent nach einem bis zehn Jahren und die Implantatüberlebensrate liegt bei 91,8 bis 100 Prozent nach einem bis zehn Jahren. Die Frage, die sich ungeachtet aller analytischen Bemühungen stellt, ist, was sinnvoll miteinander verglichen werden kann. Auch ist die Frage zu klären, inwieweit man die verschiedenen Ausgangsbedingungen berücksichtigen muss, wenn man das Implantat mit der Wurzelkanalbehandlung oder mit der Wurzelspitzenresektion vergleichen will. Da Zähne, die einer WSR unterzogen werden, meist schon eine entsprechende konservierende, endodontische und prothetische Anamnese haben, ist der Vergleich umso schwieriger. Ein sinnvoller Vergleich dieser gänzlich verschiedenen Therapieformen ist eigentlich nicht möglich. Vergleichbare Ausgangsbedingungen vorausgesetzt, ist nur der Vergleich WSR versus endodontische Revision möglich. Eine Metaanalyse von Kang et al. aus 2015 hat klinische Studien ausgewertet, die den Erfolg der endodontischen Revision und der WSR untersucht hatten. Die Erfolgsbeurteilung erfolgte zahnbezogen unter Berücksichtigung klinischer (Schmerz, Schwellung, Perkussionsempfindlichkeit, Fistel, Abszessgeschehen) und röntgenologischer Befunde (WSRGruppe: Einteilung nach Rud und Molven Gr. 1 und 2 vs. 3 und 4; Endorevision-Gruppe: Periapical Index PAI ≤2 vs. PAI ≥3). Dann wurden entsprechend der Nachbeobachtungsdauer drei Untergruppen gebildet, nämlich Studien mit einer Nachbeobachtungsdauer von bis zu zwei Jahren, von zwei bis vier und von über vier Jahren. Die Metaanalyse führte zu folgenden Ergebnissen: Bei kurzen Follow-ups schneidet die WSR mit einer Erfolgsrate von 95 Prozent signifikant besser ab als die endodontische Revision mit 84 Prozent. Bei den längeren Nachbeobachtungszeiträumen von zwei bis vier Jahren ist der Unterschied immer noch signifikant. Hier liegen die Werte bei 90 Prozent (WSR) und 71 Prozent (Endorevision). Nach vier Jahren sind die Ergebnisse nicht mehr signifikant verschieden. Hier liegen die Werte in beiden Gruppen bei 82 Prozent (Tabelle 2). Diese Ergebnisse wurden durch eine weitere Metaanalyse von Dioguardi et al. [2022] im Wesentlichen bestätigt. Es gibt unter Berücksichtigung der publizierten Daten bis heute keinen wissenschaftlichen Beweis dafür, dass bei der Behandlung der persistierenden apikalen Parodontitis nach vorangegangener primärer Wurzelbehandlung der konservative Ansatz in Form der Revision dem chirurgischen langfristig (mehr als vier Jahre Nachbeobachtungszeit) überlegen wäre oder umgekehrt. Bei kurzer Nachbeobachtungsdauer weist die WSR im Vergleich zur endodontischen Revision bessere Werte auf. Dies spielt nicht zuletzt bei der Behandlung akuter Fälle eine bedeutende Rolle. Prognosefaktoren für den Erfolg der WSR Der Frage, welche Faktoren den Behandlungserfolg beeinflussen können, wurde vielfach wissenschaftlich nachgegangen [Tsesis et al., 2009; von Arx et al., 2010; Kreisler et al., 2013; Serrano-Giménez et al., 2015; Kreisler et al., 2018]. Eine präoperative akute klinische Symptomatik in Form von SchmerAbb. 3a bis 3d: WSR an Zähnen mit einem retentiven Stift a c d b Fotos: Matthias Kreisler zm113 Nr. 01-02, 16.01.2023, (52)

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