Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 1-2

PRAXIS | 61 Besseres suchen sollten. Das ist aus der Sicht von neuen Mitarbeitenden nachvollziehbar, hat aber für die Praxen viele unerwünschte Nebenwirkungen. Insgesamt ist die Bereitschaft zur Kündigung an neuen Arbeitsplätzen mit über 30 Prozent sehr hoch. Was aber kann man nun tun, wenn man endlich neue potenzielle Mitarbeitende gefunden hat? Das Stichwort heißt professionelles Onboarding! Der Integrationsprozess dauert durchschnittlich ein Jahr Darunter versteht man, dass Mitarbeitende von dem Moment an, in dem sie als potenzielle zukünftige Mitarbeiter in der Praxis identifiziert worden sind, systematisch betreut und begleitet werden, bis der gesamte Integrationsprozess ins neue Team – fachlich, sozial und kulturell – abgeschlossen ist. Dieser Prozess verläuft in drei Phasen und dauert im Durchschnitt etwa ein Jahr. Das erscheint sehr lange, wird aber nachvollziehbar, wenn man sich klarmacht, dass über die fachliche Einarbeitung hinaus eben auch eine soziale und kulturelle Integration ins Team erforderlich ist. Außerdem müssen die Neuen den Verlauf eines Jahres mit allen Aktivitäten und Festen (Geburtstagsfeiern, Weihnachtsfeiern, Betriebsausflügen, Teambesprechungen, etc.) einmal miterlebt haben, bevor sie sich in der Praxis wirklich angekommen und sicher fühlen. Der Onboarding-Prozess verläuft in drei Phasen: „ Preboarding: Maßnahmen vor dem ersten Arbeitstag „ Onboarding, die eigentliche Einarbeitungsphase: systematisch geplante fachliche und soziale Integration „ Integrationsphase: Begleitung der weiteren Inkulturation der Neuen und Aufrechterhaltung systematischer Feedbackschleifen In der ersten Phase, dem Preboarding oder der Entscheidungs- und Vorbereitungsphase, geht es darum, die neuen Mitarbeitenden von dem Moment an, in dem klar ist, dass er oder sie in der Praxis anfangen wird, nicht mehr „allein zu lassen“. Ziel ist es, so schnell wie möglich eine Bindung zur Praxis aufzubauen und den neuen Mitarbeitenden zu zeigen, dass sie hier willkommen sind und dass es sich lohnt, sich hier zu engagieren. In der zweiten Phase, dem Onboarding im engeren Sinne oder der Eintrittsoder Einarbeitungsphase, geschieht vor allem die fachliche Einarbeitung. Zum Abschluss dieser Phasen kennen neue Mitarbeitende die Abläufe und Prozesse die täglich, wöchentlich und monatlich in einer Praxis ablaufen. Sie sind allerdings noch nicht vollständig integriert, denn sie haben noch nicht ein ganzes Jahr mit allen normalerweise vorkommenden Events miterlebt. Das bedeutet, es gibt immer noch Situationen, in denen sie sich fremd und unsicher fühlen. Solange damit gerechnet werden muss, ist die vollständige Integration noch nicht erfolgt. Daher schließt sich nun die Integrationsphase an. Außerdem besteht nach der fachlichen Integration das Risiko, dass plötzlich die Bindungsaktivitäten der Praxis nachlassen. Gefühlt wissen die Neuen ja jetzt alles, deswegen erhalten sie eventuell weniger Aufmerksamkeit und Feedback als vorher. Dadurch kann dann bei ihnen allerdings der Eindruck entstehen, dass sie doch nicht im richtigen Team gelandet sind. Das wiederum führt dazu, dass sie jetzt wieder wechselbereit werden und sich auf dem Arbeitsmarkt neu orientieren. Wenn die Bindungsaktivitäten in der Integrationsphase jedoch erhalten bleiben, entstehen keine Unsicherheiten und die Neuen werden immer stärker ins Bestandsteam integriert. Die Ziele derartiger Onboarding-Maßnahmen bestehen also darin: „ direkt Bindung und Sicherheit aufzubauen, „ das Team bei der Aufnahme und der Integration der Neuen zu unterstützen, „ schneller wieder die volle Leistungsfähigkeit des Teams zu erreichen, „ einzuladen, langfristig in der Praxis zu bleiben, motiviert, zufrieden und loyal zu sein, „ Wissen weiterzuentwickeln und zu teilen sowie „ die Praxis als Arbeitgeber weiterzuempfehlen. Eine besondere Herausforderung beim Einführen des Onboardings besteht darin, das Team in die neuen, ungewöhnlichen Maßnahmen zu integrieren. Schließlich haben die bisherigen Mitarbeitenden nicht erlebt, dass die Chefin oder der Chef sich so intensiv um sie gekümmert hätte. Entsprechend unwirsch können jene gegebenenfalls reagieren, wenn sie das Gefühl haben, die Neuen werden regelrecht hofiert. Eine langjährige Mitarbeiterin kommentierte das mit dem Satz: „So ein Theater hat um uns keiner gemacht und jetzt sind wir sozusagen Bestandsmobiliar!“ Vergessen Sie dabei aber nicht, ihr altes Team mitzunehmen Es hilft in der Regel, wenn man die Problematik der Mitarbeitergewinnung in einer Teambesprechung deutlich zm113 Nr. 01-02, 16.01.2023, (61) AnnikaŁonak Fachärztin für Radiologie und Neuroradiologie, Oberärztin Universitätsspital Basel Foto: Sarah Dulgeris Dipl.-Psych. Maike Baumann, Psychotherapeutin und Mediatorin, Coach, Autorin und Dozentin Foto: Sarah Dulgeris Dr. med. dent. Anke Handrock, Praxiscoach, Lehrtrainerin für Hypnose \r\n(DGZH), NLP, Positive Psychologie, Coaching und Mediation, Speakerin und Autorin. Foto: Sarah Dulgeris

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