Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

zm Nr. 03, 01.02.2023, (147) ZAHNMEDIZIN | 53 PROF. DR. PETER RAMMELSBERG Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik, Universitätsklinikum Heidelberg Im Neuenheimer Feld 400, 69120 Heidelberg Peter.Rammelsberg@med.uniheidelberg.de „ 1980–1985: Studium der Zahnmedizin an der Universität in Würzburg „ 1986–1989: Wissenschaftlicher Assistent an der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (Parodontologie) und der Universität Regensburg (Prothetik) „ 1989–1991: Oberarzt der Abteilung für Zahnärztliche Prothetik der Universität Regensburg „ 1991–1998: Oberarzt an der Abteilung für Zahnärztliche Prothetik der Ludwig-MaximiliansUniversität München, Leitung des Bereichs Funktionsdiagnostik und -therapie und der Vorklinik „ 1994: Habilitation „ 1998–2001: C3-Professur und Leitender Oberarzt der Abteilung für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde an der LMU München „ 1999: Gastprofessor University of Washington in Seattle (Department of Oral Medicine) „ seit 2001: Ärztlicher Direktor der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik der Universität Heidelberg „ 2008–2010: Präsident der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten „ seit 2011: Geschäftsführender Direktor der Mund-, Zahn- und Kieferklinik der Universität Heidelberg Foto: Hans-Jürgen Heyer zweizeitiges Vorgehen nötig, mit Knochenblocktransplantation und einer Nachimplantation erst nach der Konsolidierung des Knochentransplantats. Bei ausreichendem Knochenangebot in der Nähe des verloren gegangenen Implantats kann die Nachimplantation in der gleichen Position vermieden werden. Die unbelastete Einheilung des nachgesetzten Implantats und die Konsolidierung des Explantationsdefekts können dann parallel erfolgen, zusätzliche Augmentationsverfahren erübrigen sich häufig. Anhand klinischer Beispiele werden im Folgenden unterschiedliche Herangehensweisen an die prothetische Neuversorgung nach einfachen und multiplen Implantatverlusten beschrieben. Präprothetische Maßnahmen und Zweitversorgungen nach Implantatverlust Fall 1 Nachdem der Patient bei einem Berufsunfall mit Ausnahme der zweiten Molaren und der Weisheitszähne alle Zähne im Unterkiefer verloren hatte, erfolgte 1996 im Alter von 44 Jahren die definitive Lückenversorgung. Hierzu wurden eine verschraubte Brückenkonstruktion (044-034-043-044) sowie zwei verblockte Kronenpaare auf insgesamt acht Implantaten eingesetzt. Nach sieben Jahren Tragedauer wurde an mehreren Implantaten röntgenologisch ein Knochenabbau festgestellt. Verkürzte Kontrollintervalle mit professionellen Zahnreinigungen und intensiven Instruktionen zur Interdentalhygiene konnten nicht verhindern, dass nach weiteren sieben Jahren Anfang 2011 der Knochenverlust an den meisten Implantaten auf 50 bis 80 Prozent zunahm (Abb. 1a). Die Entscheidung zur Explantation fiel wegen des beschleunigten Knochenverlusts und der extrem erschwerten Bedingungen für eine effektive Mundhygiene im Bereich der Implantate mit Sondierungstiefen bis zu 12 mm (Abb. 1b und 1c). Unter Lokalanästhesie wurden sieben der acht Implantate mit einem passenden Trepanbohrer mit 0,1 mm Aufmaß im Vergleich zum Außendurchmesser der Implantate umbohrt, anschließend mit einem kleinen Rasparatorium gelockert und dann mit einer Arterienklemme entfernt. Entscheidend für die Eignung der Trepanbohrer war die Längenmarkierung, um eine Nervverletzung bei der Entfernung der sehr tief gesetzten Seitenzahnimplantate zu vermeiden (Abb. 1d und 1e). Eine ausgedehnte Lappenbildung konnte durch dieses Vorgehen vermieden werden. Eine präoperativ vorbereitete Interimsprothese, die über zwei gegossene Bonwill-Klammern sowie das verbliebene Implantat in regio 35 stabil abgestützt war, diente gleichzeitig als Verbandsplatte (Abb. 1f). Auf eine Glättung scharfer Knochenkanten oder die Nivellierung der Kieferkämme wurde verzichtet, um einen iatrogenen Knochenverlust zu vermeiden und das regenerative Potenzial des verbliebenen Knochens zu nutzen (Abb. 1g). Bereits bei der röntgenologischen Kontrolle nach drei Monaten war eine deutliche Zunahme des Knochens im Bereich der alten Implantatpositionen zu erkennen (Abb. 1h). Eine Nachimplantation von vier Implantaten in den Positionen 32, 34, 42 und 44 erfolgte neun Monate nach der Explantation und einer vorangegangenen Verbesserung der Weichgewebsbedeckung durch multiple freie Schleimhautransplantate vom harten Gaumen. Die knöcherne Regeneration unter der gut abgestützten Modellgussprothese verlief so günstig, dass sich der vertikale Höhenverlust des Alveolarkamms im Bereich der gescheiterten Implantate auf circa 2 mm begrenzen ließ. Das zur Entlastung der Kieferkämme und der einheilenden Implantate außerordentlich hilfreiche Implantat in regio 35 wurde erst nach dem Einheilen der nachgesetzten Implantate entfernt. Nach der Einheilzeit der Implantate von weiteren drei Monaten wurde eine kombiniert Zahn/ Implantat-gestützte Teleskopprothese mit intraoral verklebten Galvano-Sekundärkronen eingegliedert (Abb. 1k bis 1m). Inzwischen ist diese, wie eine herausnehmbare Brücke abgestützte UK-Prothese seit zehn Jahren funktionstüchtig ohne Zeichen einer Periimplantitis an den vier Implantaten. Fall 2 Bei einem 76-jährigen Patienten wurde ein circa 20 Jahre altes AluminiumoxidImplantat (Abb. 2a) entfernt, nachdem die ausgeprägte Gingivarezession in Kombination mit dem Abbau der vestibulären Knochenlamelle keine ausreichende Mundhygiene mehr zuließ. Nach Entfernung der Krone auf dem intakten Implantat in regio 11 konnte

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