Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 3

zm Nr. 03, 01.02.2023, (158) 64 | ZAHNMEDIZIN FORTBILDUNG „DIE ZWEITE CHANCE" Zygoma-Implantate — eine Lösung für den atrophen Oberkiefer Peer W. Kämmerer, Annika Kraus Wenn im Oberkiefer der Knochen fehlt, sind präimplantologisch meist größere Augmentationen notwendig. Basierend auf der Literatur der vergangenen Jahrzehnte sind Zygoma-Implantate eine valide Alternative zur Rehabilitation schwer atropher Oberkiefer und maxillärer Defekte. Die Erstbeschreibung von ZygomaImplantaten — also von langen Implantaten, die ins Jochbein inseriert werden — stammt aus den 1980er-Jahren. Hier wurden sie bei Patienten nach Maxillektomien zur Wiederherstellung von Funktion und Ästhetik eingesetzt (Abbildungen 1 und 2). In dieser Studie wurde von insgesamt 52 Zygoma-Implantaten mit einer Erfolgsrate von 96 Prozent bei einer Nachbeobachtungszeit von über fünf Jahren berichtet [Branemark et al., 2004]. Somit kam das Zygoma-Implantat erstmals als alternative Technik zur Vermeidung einer massiven Knochentransplantation vor der Implantatinsertion infrage. Der klassische Ansatz bestand aus der Kombination von zwei Zygoma-Implantaten im Prämolaren-/Molarenbereich und zwei bis vier regulären Implantaten im Frontzahnbereich [Branemark et al., 2004]. Zu Beginn der 2000er-Jahre setzten Bedrossian und Chow et al. ZygomaImplantate zur Sofortbelastung erfolgreich ein und wiesen ausführlich auf die Vorteile für die betroffenen Patienten im Vergleich zu herkömmlichen Verfahren im Sinne einer Augmentation und anschließenden Implantatinsertion hin [Bedrossian et al., 2006; Chow et al., 2006]. Später wurde der klassische Zugang zum sogenannten „Quad-Ansatz“ weiter modifiziert. In diesem Kontext ist der Oberkiefer derart atrophiert, dass weder im anterioren noch im posterioren Bereich ausreichend Knochen für die Platzierung herkömmlicher Zahnimplantate vorliegt. Daher werden jeweils zwei Zygoma-Implantate pro Seite ins Jochbein inseriert [Davo und David, 2019] (Abbildung 3). Unter Verwendung dieser Technik wurde in der Literatur eine Überlebensrate der Implantate von 98 Prozent berechnet [Varghese et al., 2021]. Aktuelle Übersichtsarbeiten weisen insgesamt auf kumulative Überlebensraten der Zygoma-Implantate von über 95 Prozent bei Nachbeobachtungszeiten von mehr als fünf Jahren hin und kommen auch hier zu der Schlussfolgerung, dass diese besonderen Implantate mit einer Länge von 3 bis über 5 cm eine sichere und zuverlässige Versorgung von Patienten mit atrophem Oberkiefer darstellen [Aboul-Hosn Centenero et al., 2018; Lan et al., 2021; Sola Perez et al., 2022]. Wenn es zu Implantatverlusten kommt, treten diese vor allem in der frühen postoperativen Phase auf [Chrcanovic et al., 2016]. Patienten, die mit Zygoma-Implantat-gestützten prothetischen Suprakonstruktionen rehabilitiert wurden, haben eine erhebliche verbesserte mundbezogene Lebensqualität und sind allgemein zufriedener im Vergleich zur präoperativen Situation [Saez-Alcaide et al., 2022] (Abbildung 4). Angesichts der anatomischen Merkmale der Jochbeinfortsätze und der eingeschränkten intraoperativen Sichtbarkeit stellen chirurgische Komplikationen während der Insertion von Zygoma-Implantaten jedoch eine gewisse Herausforderung dar [Kämmerer et al., 2022]. Die am häufigsten berichtete chirurgische Komplikation ist das Gesichtshämatom nach einer Operation aufgrund der breiten chirurgischen Exposition im Jochbogen und im Jochbeinbereich. Nach der Operation wurden auch Lippenrisse beobachtet, da die eingeschränkte Mundöffnung und der lange Bohrer von Zygoma-Implantaten die Lippen beschädigen können. Patienten mit Unterkieferbezahnung oder geringer Mundöffnung sollten wissen, dass der Bohrvorgang komplizierter sein kann als bei zahnlosen Patienten. Zwei Fälle von orbitaler Penetration und Infektionwurden beschrieDr. Annika Kraus, Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat CME AUF ZM-ONLINE Zygoma-Implantate — eine Lösung für den atrophen Oberkiefer Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK.

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