Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

18 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (208) DER BESONDERE FALL MIT CME Die Nasopalatinuszyste — eine entzündliche Entität? Philipp Luhrenberg, Felix Luhrenberg, Keyvan Sagheb, Peer W. Kämmerer Ein 60-jähriger Patient stellte sich zur Folgetherapie in der Poliklinik der MKG in Mainz vor. Zwei Wochen zuvor hatte er bereits seinen Hauszahnarzt mit „brennenden Schmerzen“ am anterioren Gaumen aufgesucht und wurde dort antibiotisch abgeschirmt. Die Ursache zeigte sich schnell in der dreidimensionalen Bildgebung. In der angefertigten Digitalen Volumentomografie konnte eine im Durchmesser circa 8mmgroße Erweiterung des Canalis incisivus gemessen werden (Abbildung 1). Bei typischem Erscheinungsbild einer infizierten nasopalatinalen Zyste wurde die Indikation zur Entfernung derselben gestellt. Präoperativ über Rezidiv und Gefühlsstörung des anterioren Gaumens aufgeklärt, willigte der Patient in die Operation in Lokalanästhesie ein. Nach hoher Leitungsanästhesie am Nervus incisivus und zirkulärer palatinaler Infiltration wurde die derbe Gaumenschleimhaut über einen marginalen Schnitt von Eckzahn zu Eckzahn gelöst und die knöcherne Unterbrechung des Gaumens dargestellt (Abbildungen 2 und 3). Da der Nervus incisivus vollständig vom Zystenbalg umgeben war und sich nicht freipräparieren ließ (Neurolyse), wurde der Nerv am Übergang der Zyste zum normgeformten Kanal scharf abgetrennt (Abbildung 4). Während der Präparation entwich gelblich-klare Flüssigkeit aus dem Zystenbalg. Der knöcherne Defekt wurde anschließend mit einem Kollagenvlies mit Gentamicinzusatz (Genta-Coll® resorb, RESORBA, Nürnberg) in i-PRF (injectible platelet rich fibrine) aufgefüllt und im Sinne der Guided bone regeneration mit einer langsam resorbierbaren Membran und A-PRF (advanced platelet rich fibrine) abgedeckt (Abbildungen 5 und 6). Die Lappenreposition und -stabilisierung erfolgte über monofile Nähte mit Prolene® 5-0. Zur postoperativen Schonung wurde der Gaumen mit einer präoperativ angefertigten Verbandsplatte versorgt (Abbildungen 7 und 8). Der histopathologische Befund ergab eine zystische Formation mit plattenepithelialer Auskleidung, Anteilen von Nervenfasern als Korrelat zu Residuen des Nervus incisivus und eine chronisch-entzündliche Überlagerung, die mit den stattgehabten Beschwerden übereinstimmen konnte (Abbildung 9). Nach sieben Tagen erfolgte die Nahtentfernung, der Patient berichtete von einem dumpfen Gefühl im ante- Abb. 1: Präoperative Digitale Volumentomografie Dr. Felix Luhrenberg, Fachzahnarzt für Oralchirurgie Praxisklinik Dr. Norbert Haßfurther Lahnwegsberg 21, 35435 Wettenberg felix.luhrenberg@fpl-luhrenberg.de Foto: privat Dr. med. dent. Philipp Luhrenberg, Klinik und Poliklinik für Mund-Kiefer-Gesichtschirurgie – Plastische Operationen der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: privat Foto: Unversitätsmedizin Mainz

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