Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

20 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (210) mechanischer, traumatischer oder infektiologischer Natur zu sein, dies ist aber nicht abschließend geklärt [Mesquita et al., 2014]. Obwohl in jedem Alter nasopalatinale Zysten auftreten können, werden diese insbesondere in der fünften und der sechsten Lebensdekade diagnostiziert [Lang et al., 2021]. Um eine wachsende Zyste vom (noch) physiologischen Kanal abgrenzen zu können, hat sich in der Literatur die nahezu arbiträre 6-Millimeter-Grenze des Kanaldurchmessers durchgesetzt [Lang et al., 2021]. Zur Verifizierung wird die Röntgendiagnostik in zwei Ebenen (Zahnfilm + Aufbissaufnahme) oder ein Schnittbildverfahren empfohlen, um die Lage der transluzenten Läsion einwandfrei festzustellen und so Fehldiagnosen wie apikale Parodontitiden mit konsekutiven Wurzelkanalbehandlungen der anterioren Inzisivi zu vermeiden [Faitaroni et al., 2011; Bains et al., 2016]. Der maximale Durchmesser dieser Zysten liegt in der Regel zwischen 10 und 15 Millimetern, Fälle mit einem Durchmesser von 30 Millimetern sind ebenfalls beschrieben [Suter et al., 2011; Suter et al., 2011a]. Häufig handelt es sich um Zufallsbefunde in der zahnärztlichen Routinediagnostik auf Panoramaschichtaufnahmen oder Zahnfilmen der Oberkieferfront [Sane et al., 2014]. Interessanterweise korrelieren klinische Symptome wie Schmerzen oder die palatinale Schwellung nicht mit der Größe der Läsion [Suter et al., 2011]. Allerdings werden mit zunehmendem Volumen der Zyste Nachbarstrukturen involviert (wie die Oberkieferschneidezähne), die infolge der Zystektomie eventuell wurzelkanalbehandelt werden müssen. Perforationen des Nasenbodens treten nur bei großen Zysten auf. Parästhesien sind selten beschrieben und in der Regel temporärer Natur, da der Nervus incisivus ein hohes Regenerationspotenzial hat [Urban et al., 2015]. Therapie der Wahl bei Beschwerden und zunehmender Größe der Läsion ist die Zystektomie. Es gibt prinzipiell keine Evidenz, dass das Auffüllen des knöchernen Defekts notwendig ist [Buchbender et al., 2018; Ettl et al., 2012]. Allerdings hat insbesondere die Anwendung von PRF den Vorteil der schnellen weichgeweblichen Heilung und geringeren postoperativen Beschwerden [Miron et al., 2017; Xiang et al., 2019]. Histologisch lässt sich ein epithelial ausgekleideter Hohlraum nachweisen, der selten respiratorisches Flimmerepithel zeigt, sondern wahlweise plattes, kubisches oder hochprismatisches mehrschichtiges Epithel ohne Oberflächendifferenzierung aufweist; das Lumen und die Zystenwand sind typischerweise nicht mit Cholesterinkristallen gefüllt, wie das bei radikulären Zysten der Fall ist [Swanson et al., 1991; Yamazaki et al., 2004]. Wegen des engen Nervbezugs lassen sich überdies Nervenfasern und deren nutritive Gefäße nachweisen [Barros et al., 2018]. In einer retrospektiven Analyse von 334 Fällen lag die Rezidivrate nasopalatinaler Zysten, die innerhalb der ersten sechs Monate auftraten, bei zwei Prozent [Swanson et al., 1991]. ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Abb. 8: Verbandsplatte Abb. 9: Pathohistologische Aufnahme mit Abbildung (a) des epithelial ausgekleideten Zystenlumens und (b) angeschnittener Nervenfasern. Fotos: Philipp Luhrenberg

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