Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (222) 32 | ZAHNMEDIZIN AUS DER WISSENSCHAFT Inzidenz benigner HPV-assoziierter Läsionen in der Mundhöhle Peer W. Kämmerer In welchem Umfang humane Papillomaviren (HPV) maligne Tumoren im Oralraum auslösen, ist nach wie vor ungeklärt. Als gesichert gilt, dass sie das Risiko für Mundhöhlenkarzinome im Unterschied zum Oropharynxkarzinom nur gering erhöhen – Schätzungen gehen von einer Prävalenz von unter fünf Prozent aus. Weit häufiger treten HPV-induzierte gutartige orale Läsionen auf. Ein US-Team hat Daten aus 20 Jahren ausgewertet. Die HPV sind eine aus mehr als 100 verschiedenen Subtypen bestehende Gruppe von unbehüllten, doppelsträngigen DNA-Viren. Die geschätzte Prävalenz der oralen HPV-Infektionen in den USA liegt für Erwachsene bis 69 Jahren bei 7,3 Prozent, davon sind 3,1 Prozent Hochrisiko-HPV-Infektionen. Obwohl HPV in erster Linie sexuell übertragen werden, kann die virale Übertragung auch durch direkten Kontakt (zum Beispiel durch Autoinokulation, kontaminierte Objekte oder von der Mutter zum Kind während der Geburt) auftreten. Die meisten oralen HPV-Infektionen sind latent oder subklinisch und spontan selbstlimitierend mit einer spontanen Rückbildung nach ein bis zwei Jahren. Mit dem HPV in Zusammenhang stehende gutartige Neoplasien der Mundhöhle sind mit einer Gesamtinzidenz von circa drei Prozent in der Allgemeinbevölkerung häufige Läsionen. Dazu werden vor allem Warzen (Condylomata acuminata, Verruca vulgaris), aber auch insbesondere Plattenepithelpapillome und multifokale epitheliale Hyperplasien gezählt. Condylomata acuminata – Feigwarzen – sind im Mundbereich ungewöhnlich und betreffen vor allem Patienten in der vierten und in der fünften Lebensdekade. Klinisch liegt normalerweise eineder Schleimhaut aufsitzende, Mukosa-farbene Läsion mit abgestumpft erscheinender Oberfläche vor. Feigwarzen können sowohl einzeln als auch multifokal auftreten, wobei ein multiples Vorkommen vor allem bei HIV-positiven Patienten beziehungsweise bei Patienten unter antiretroviraler Therapie beobachtet wurde. Die orale Verruca vulgaris ist ansteckend und kann per Autoinokulation auch andere Stellen im Körper erreichen beziehungsweise von diesen herrühren. Klinisch liegen überwiegend einzelne, exophytisch-weißliche, papilläre Entitäten vor, die im Mund vor allem die labiale Mukosa, den Gaumen und die Zunge betreffen. Das Plattenepithelpapillom ist die häufigste HPV-assoziierte orale Läsion – hier meist am Weichgaumen und an der Zunge lokalisiert –, wobei vor allem Männer mit einer breiten Altersverteilung betroffen sind. Klinisch stellt es sich vor allem als exophytisch und verdrängend wachsende Läsion von weniger als einem halben Zentimeter Durchmesser mit maulbeerartiger Oberfläche dar. Die Therapie der HPV-assoziierten oralen Läsionen besteht vor allem aus der chirurgischen Exzision, wobei Rezidive meist auf eine inkomplette Entfernung, eine persistierende virale Infektion und einen immunkompromittierten Status zurückzuführen sind. Material und Methode Die Autorengruppe um Alramadhan machte es sich zur Aufgabe, die Häufigkeit und die Frequenz benigner oraler HPV-assoziierter Läsionen retrospektiv über einen Zeitraum von 20 Jahren an einem Kollektiv von 1.458 Fällen zu analysieren. Die Wissenschaftler nutzten dafür Archivdaten des Oral Pathology Biopsy Service der Universität Florida von 1995 bis 2015. Dabei wurden Daten aus einem Kalenderjahr pro Fünfjahresspanne ausgewertet, mithin aus den Jahren 1995, 2000, 2005, 2010 und 2015. Extraorale Lokalisationen, nicht schlüssige Diagnosen oder Syndrombedingte HPV-Läsionen, wie sie bei der Heck-Krankheit beobachtet werden, wurden ausgeschlossen. Alter, Geschlecht, Lokalisation, klinische ErZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Univ.-Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt / Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie und Plastische Operationen, Universitätsmedizin der Johannes GutenbergUniversität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Foto: Kämmerer

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