Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (223) ZAHNMEDIZIN | 33 scheinungsform und Diagnosen wurden erfasst. Die Inzidenz der Fälle wurde berechnet als die Anzahl der oralen HPV-bedingten gutartigen papillären Fälle dividiert durch die Gesamtzahl der Biopsien pro einzelnem Jahr. Ergebnisse Die Daten zeigen, dass es über 20 Jahre zu einem signifikanten Anstieg der Inzidenz HPV-assoziierter gutartiger oraler Läsionen von 3,6 Prozent pro Jahr bei beiden Geschlechtern kam, wobei Männer immer noch häufiger betroffen waren. Allerdings lag bei jüngeren Patienten (< 19 Jahre) eine weibliche Dominanz und sogar ein Anstieg der Inzidenz um fünf Prozent über den getesteten Zeitraum vor. Gemessen an den spezifischen Läsionen kam es zu einem 73-prozentigen Anstieg an Plattenepithelpapillomen! Insgesamt 1,1 Prozent der Patienten hatten multiple Läsionen und es kam in 0,2 Prozent der Fälle zu Rezidiven. Am häufigsten waren die Zunge, der Weichgaumen und die mandibuläre Gingiva befallen, während es in der Altersgruppe < 19 Jahre zumeist zu Läsionen der Oberkiefergingiva und der Unterlippe kam. Diskussion Insgesamt konnte gezeigt werden, dass es innerhalb eines Zeitraums von 20 Jahren zu einer deutlichen Veränderung des Trends zur Entstehung gutartiger oraler Läsionen kam, die mit HPV assoziiert sind. Als mögliche Ursachen diskutieren die Autoren eine Zunahme oraler Sexpraktiken und des „Küssens mit offenem Mund“. Die Mehrzahl der gutartigen Papillenläsionen ist den Autoren zufolge mit HPV-Subtypen mit niedrigem Risiko verbunden — hauptsächlich 6 und 11. Eine Assoziation mit den HochrisikoHPV-Subtypen 16 und 18 wurde bei gutartigen Papillenläsionen nur selten identifiziert. Obwohl eine maligne Transformation relativ selten auftritt, zeigten einige Studien, dass das Risiko dafür in gewissem Maß orts- und größenabhängig ist. Eine gingivale Beteiligung ist dabei mit einem höheren Risiko einer malignen Transformation verbunden [Frigerio et al., 2015]. Vorhandene Impfstoffe gegen eine HPV-Infektion, die vor allem gegen die Subtypen 6, 11, 16 und 18 schützen, wurden bislang nicht gegen orale Läsionen getestet, wobei erste Erfolg versprechende Daten eine Schutzwirkung nahelegen. Die Vielfalt der Trends in den Altersgruppen rechtfertigt eine weitere Erforschung der Ursachen und die Untersuchung möglicher Präventivmaßnahmen. Einschränkend führen die Studienautoren an, dass der festgestellte Trend zunehmender Inzidenz bei gutartigen HPV-bedingten oralen Läsionen allein auf den Daten einer Institution, der Oralen Pathologie der Universität Florida, beruht. Da das Labor jedoch einer der größten Dienstleister der Region ist, halten die Autoren die Ergebnisse ihrer Untersuchung für repräsentativ. Originalpublikation: Alramadhan AS, Fitzpatrick SG, Bhattacharyya I, Islam MN, Cohen DM: Changing trends in benign human papillomavirus (HPV) related epithelial neoplasms of the oral cavity: 1995–2015. Head and Neck Pathology. 2022.16:738-745 AUS DER WISSENSCHAFT In dieser Rubrik berichten die Mitglieder des wissenschaftlichen Beirats der zm regelmäßig über interessante wissenschaftliche Studien und aktuelle Fragestellungen aus der nationalen und internationalen Forschung. Die wissenschaftliche Beirat der zm besteht aus folgenden Mitgliedern: Univ.-Prof. Dr. Elmar Hellwig, Albert-Ludwigs-Universität Freiburg Univ.-Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Universität Bonn Univ.-Prof. Dr. Florian Beuer, Charité – Universitätsmedizin Berlin Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, Universitätsmedizin Mainz Verruca vulgaris an der Unterlippe Foto: Peer W. Kämmerer – JGU Mainz

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