Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

40 | PRAXIS zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (230) zen kann“, fügt er hinzu. Einfacher als gedacht hingegen seien die Präparation beim Zahnersatz und die klassische oder digitale Abformung. Inzwischen stellt Huth aber fest, wie es ihm durch Training gelingt, die schwierigen Abläufe zu routinieren. Sich nach Jahren die Bewegungsabläufe bewusst zu machen und nun die Tätigkeit der einen Hand auf die Assistenz zu übertragen, sei schwer. Inzwischen klappe es aber sehr gut. Extra Kniffe habe er keine entwickelt. „Wichtig ist, geduldig zu sein und nach Fehlschlägen nicht aufzugeben“, betont er. Die Assistenz müsse ihm vor allem Sicht verschaffen, das habe er bisher immer selbst mit der linken Hand gemacht. Und die Bohrer nicht mehr allein wechseln zu können, das müsse er halt akzeptieren. Beim angesprochenen Entfernen von Prothesendruckstellen hält seine Assistenz jetzt die Prothese. Oder beim CEREC trennt sie den Haltesteg zwischen Block und Krone ab. „Wir sind jetzt seine linke Hand!" Und wie war die Umstellung für die Assistenz? Zusammen habe man sich als Duo nach dem Prinzip „Learning by doing“ in die neue Situation hineingearbeitet. „Die angepassten Behandlungsabläufe waren schnell im Kopf", berichten Nancy Lipinski und Zina Al-Sadoon. Gezählt habe nur, dass ihr Chef noch lebt, und nicht, dass jetzt eventuell gewisse Dinge nicht mehr gehen. Kleinigkeiten wie Wange abhalten, den Bohrer wechseln oder Ähnliches haben die Mitarbeiterinnen direkt übernommen. „Wir sind jetzt seine linke Hand!" Jeden Morgen bespricht Huth mit seinem Team, was für Patienten kommen und welche Behandlungen durchgeführt werden. Gemeinsam gehen sie dann die Behandlung, insbesondere eventuelle Problemstellen, durch. „Durch die mediale Aufmerksamkeit wissen inzwischen viele Patienten von meiner Einschränkung. Vorher ist es kaum jemandem aufgefallen, erst im Gespräch nach der Behandlung. Ablehnung musste ich bisher nicht erleben“, erzählt der Praxischef. Bei der Behandlungsplanung klärt er den Patienten über das Therapieziel auf und wie die Behandlung Schritt für Schritt abläuft. Versicherungstechnisch gibt es keine Einschränkungen. Wenn eine Zahnentfernung ansteht, übernimmt seine angestellte Zahnärztin den Eingriff, da man eine zweite Hand zum Absichern benötige. „Ich bekomme trotzdem jeden Zahn entfernt – per Fräse, aber das ist nicht im Sinne der Patienten, sondern wäre nur um mein Ego zu befriedigen. Sicherheit und Qualität gehen vor!“ Was motiviert den Zahnarzt, trotz der Einschränkung weiterzumachen? Zu Hause würde ihm ja schnell langweilig, sagt er lachend und schließt an: „Selbstverständlich mache ich meinen Job gerne!“ Unvorstellbar ihn nicht mehr auszuüben. Außerdem war ihm trotz der Schwere des Unfalls klar, dass er nicht kampflos aufgeben will. Am offensichtlichsten ist momentan eine große Wölbung an seiner Hand. Diese stammt vom Fett des aufgenähten Leistenlappens, der die Hand vorm Absterben bewahren soll. „Ziel ist, dass ich wieder greifen kann, das aber ohne Sensibilität“, sagt Huth und meint damit, dass er sich vor allemnicht unterkriegen lassen will. LL Huth lag teilweise unter dem Radlader, der Überrollbügel lag dabei auf seiner Hand. Die Feuerwehr befreite ihn, per Hubschrauber kam er in eine Spezialklinik nach Leipzig.

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