Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (236) 46 | TITEL einem apikalen Durchmesser größer 1 mm haben aufgrund der hohen Wahrscheinlichkeit einer Revaskularisation ein geringes Risiko für eine Pulpanekrose [Tsukiboshi, 2002; Thomas et al., 1998]. Jedoch ist die Vitalerhaltung der Pulpa nicht eine zwingende Voraussetzung für die erfolgreiche Autotransplantation. So wurden in einer 2014 von Chung et al. veröffentlichten systematischen Metaanalyse zu den Ergebnissen der Autotransplantation von Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum sehr niedrige Misserfolgsund Komplikationsraten in Bezug auf Ankylose und infektionsbedingte Wurzelresorptionen festgestellt. Eine endodontische Behandlung bei transplantierten Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum ist jedoch notwendig, um die Entstehung parodontaler oder pulpaler Erkrankungen zu verhindern oder aufzuhalten [Andreasen et al., 1990; Almpani et al., 2015]. Diese sollte innerhalb der ersten zwei Wochen nach Autotransplantation abgeschlossen sein, um eine entzündlich bedingte Wurzelresorption zu vermeiden [Tsukiboshi, 2012]. Verwendung von Antibiotika Nach Chung et al. [2014] scheint eine systemische Antibiotikaprophylaxe die Misserfolgsrate nach einer Autotransplantation bei Zähnen mit abgeschlossenem Wurzelwachstum zu reduzieren und kann auch bei Patienten mit beeinträchtigtem Allgemeinzustand ebenso wie bei gängigen chirurgischen Verfahren empfohlen werden. Hammarstrom et al. und Andreasen et al. weisen in ihren 1986 und 1990 veröffentlichten Arbeiten darauf hin, dass eine systematische Antibiose die infektionsassoziierte Wurzelresorption reduzieren könnte und auch nach den Richtlinien der „International Association of Dental Traumatology“ für die Therapie von avulsierten Zähnen wird die Anwendung einer systemischen Antibiose empfohlen. Hierbei wird speziell auf die positiven Effekte des Doxycyclins auf die parodontale Heilung hingewiesen [Fouad et al., 2020]. Die vorteilhafte topische oder systemische Wirkung von Tetracyclinen auf die Pulpa- und Parodontalheilung ist jedoch nicht eindeutig [Hinckfuss und Messer, 2009; Liu et al., 2019] und auch die Ergebnisse eines systematischen Reviews bei der Autotransplantation von Zähnen mit nicht abgeschlossenem Wurzelwachstum können die Empfehlung der Literatur zum prophylaktischen Einsatz von Antibiotika weder bestätigen noch widerlegen. Da die Verwendung von Tetracyclinen auch zu einer Verfärbung von bleibenden Zähnen führen kann, sollten diese bei Patienten unter zwölf Jahren nicht verschrieben werden [Fouad et al., 2020]. Eine klare evidenzbasierte Empfehlung für den routinemäßigen Einsatz einer systemischen Antibiose bei der Autotransplantation von Zähnen kann daher zum aktuellen Zeitpunkt nicht ausgesprochen werden. Risiken und Nutzen sollten patientenindividuell abgewogen werden. Schienungstechnik und -länge Die Techniken, die zum Schienen der transplantierten Zähne verwendet werden, umfassen die Nahtfixation und verschiedene semipermanente Schienungen wie die Verwendung von TTS-Schienen oder Kfo-Drähten. Im Allgemeinen lag die Dauer der Schienung in den meisten Veröffentlichungen zwischen einer Woche und sechs Wochen. Jedoch zeigten sich widersprüchliche Ergebnisse bezüglich des Einflusses von Stabilisierungstechniken auf den Erfolg der Autotransplantation und bis dato existiert keine Studie, die die Wirkung der Schienungsdauer auf die Erfolgsrate untersucht hat [Rohof et al., 2018]. Plotino et al. empfehlen in ihrem 2020 veröffentlichten Review, die Schienungstechnik und -länge in Abhängigkeit von der Primärstabilität des transplantierten Zahnes zu wählen. So reicht bei guter Primärstabilität des transplantierten Zahnes eine Nahtfixation mit einer überkreuzten Haltenaht aus. Bei unzureichender Primärstabilität empfehlen die Autoren eine semipermanente Schienung für 14 Tage. Bei starker Mobilität des autotransplantierten Zahnes kann die Dauer der semipermanenten Schienung auf bis zu sechs Wochen extendiert werden. In allen Fällen ist eine Überprüfung der Okklusion unerlässlich, um sicherzustellen, dass sich der Zahn außer Okklusion befindet. Ein wichtiger Faktor für den Behandlungserfolg der Zahntransplantation ist die Vitalität des parodontalen Ligaments und seiner Zellen. Je kürzer die extraorale Verweildauer des zu transplantierenden Zahnes und je schonender dessen operative Entfernung und Transposition sind, desto geringer ist auch die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung. Die Verwendung einer 3-D-gedruckten Replika, wie in Patientenfall 2 beschrieben, ermöglicht Operateuren die exakte Vorbereitung des Empfängerbetts und damit eine maximale Reduktion der extraoralen Verweildauer des Spendezahns. Dies wiederum reduziert die Wahrscheinlichkeit einer Schädigung des parodontalen Ligaments. Erste klinische Studien gaben eine wesentliche Vereinfachung der Behandlung durch dieses Verfahren an [Lee at al., 2001; Peña-Cardelles et al., 2021]. Bis dato existieren jedoch keine Studien, die eine Verbesserung der Erfolgsquote belegen. Untersuchungen in diesem Bereich wären daher wünschenswert. Gleichzeitiger Sinuslift und Autotransplantation Wie in Patientenfall 2 dargestellt, ist auch die erfolgreiche Kombination eines Sinuslifts mit einer Autotransplantation möglich. Bis dato existieren hierzu aber keine systematischen klinischen Untersuchungen. In einigen veröffentlichten Case Reports konnte jedoch ein Behandlungserfolg dieses Verfahrens gezeigt werden [Park et al., 2012; Pang et al., 2011]. Dr. Benjamin Engelke, MSc Gemeinschaftspraxis Dr. Markus Blume, Dr. Benjamin Engelke Uhlstr. 19-23, 50321 Brühl Foto: www.aschoffotografie.de

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