Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (238) 48 | POLITIK GESUNDHEITSKOMPETENZ IN DEUTSCHLAND Migranten sind „digitale Wanderer zwischen den Welten" Die digitale Gesundheitskompetenz von Menschen mit Migrationshintergrund ist in Deutschland niedrig, aber gleichzeitig höher als bei der Allgemeinbevölkerung. Warum das so ist, haben Forscher der Universität Bielefeld untersucht. Dabei hat sich von 2014 bis 2020 die Gesundheitskompetenz der Bevölkerung sogar noch weiter verschlechtert. Zu dem Ergebnis kommen die repräsentativen Health Literacy Surveys (HLS), die seit 2014 in Bielefeld durchgeführt werden. Den Befragten von 2020 fiel es demnach viel schwerer als denen in 2014, Informationen zu Gesundheit und Krankheit angemessen zu verarbeiten. Die HLS-MIG-Studie, ebenfalls aus Bielefeld, lenkt nun erstmals die Aufmerksamkeit auf die Gesundheitskompetenz von Migranten. Befragt wurden die zwei größten Migrationsgruppen in Deutschland: Menschen aus der ehemaligen Sowjetunion (Stichprobe: 525 Befragte) und aus der Türkei sowie deren Nachkommen (Stichprobe 512 Befragte). Zentrales Ergebnis: Die Gesundheitskompetenz in diesen Gruppen ist entgegen der Erwartung zwar nicht geringer als in der Allgemeinbevölkerung, doch verfügt mehr als die Hälfte der Befragten über eine insgesamt nur niedrige Gesundheitskompetenz. Das gilt vor allem für das digitale Wissen. Hemmschuhe sind immer: keine Bildung, Alter, Krankheit 66,3 Prozent in der Gruppe mit exsowjetischem und 64,7 Prozent in der Gruppe mit türkischem Migrationshintergrund haben eine geringe digitale Gesundheitskompetenz. Besonders wenig digital-affin sind Ältere ab 65 Jahren (90,1 versus 93,2 Prozent), Personen mit niedrigem Sozialstatus (79,2 versus 83 Prozent), einem geringen Bildungsniveau (73,3 versus 78,5 Prozent), chronischen Erkrankungen (76,6 Prozent versus 68 Prozent), eigener Migrationserfahrung (68,9 versus 72,6 Prozent) oder geringen Deutschkenntnissen (71,4 versus 76,5 Prozent). Über 70 Prozent beider Gruppen nutzen demzufolge Internetseiten zum Thema Gesundheit, aber weit weniger als die Hälfte Gesundheits-Apps, digitale Geräte oder digitale Interaktion zur gesundheitlichen Versorgung. Experten hatten daraufhin im vergangenen September Bedarfe analysiert, Konsequenzen angemahnt und Strategien zur Verbesserung der digitalen Gesundheitskompetenz gefordert. Die Diskussionen mündeten in ein achtes Papier im Rahmen der Empfehlungen des Nationalen Aktionsplans Gesundheitskompetenz. Sie beschaffen sich anders Informationen Warum Migranten eine — zwar auf niedrigem Niveau — bessere digitale Gesundheitskompetenz haben? Sie beschaffen sich den Fachleuten zufolge die Informationen anders. Sie inforDie digitale Gesundheitskompetenz von Migranten ist höher als bei der Bevölkerung allgemein. Trotzdem: Das Level ist niedrig und es besteht Handlungsbedarf. Foto: Syda Productions – stock.adobe.com

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