Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

58 | GESELLSCHAFT zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (248) Sonderanfertigung verfüge bereits über innen verlegte Bremszüge – eine Technik, die erst knapp 30 Jahre später breitere Verwendung fand, schwärmt der Zahnarzt, der seine Sammlerstücke technisch von einem Profimechaniker feinjustieren lässt. Die Liebhaberstücke aus dem Dornröschenschlaf zu wecken, also zu säubern und zu polieren, übernimmt er hingegen gern selbst. Für ihn ist es ein ganz besonderen Moment, „wenn man sieht, was da unter Jahrzehnte altem Staub zutage tritt". Die Leidenschaft hat ihren Preis Der Zauber blieb, andere Dinge änderten sich: Früher sei er noch „kreuz und quer durchs Land gefahren“, um Räder zu sichten und zu kaufen, mittlerweile „geht aber fast alles über persönliche Kontakte zu Experten in Italien". In der Vergangenheit unterstützten andere deutsche L’Eroica-Teilnehmende Rademachers Sammelleidenschaft tatkräftig. So sei es durchaus vorgekommen, dass er, selbst mit dem Zug angereist, aus Mangel an Transportmöglichkeiten fünf vor Ort in der Toskana gekaufte Räder auf die Autos von Freunden verteilte, umdiese nachHause zu bekommen. Diese Zeiten sind vorbei. Denn seine Sammlung, die fast jede elementare Entwicklung der Rennradtechnik der vergangenen hundert Jahre dokumentiert, ist beinahe komplett. Bis auf wenige Ausnahmen konzentriert er sich auf ganze Räder und kauft nur selten Radsport-Devotionalien oder einzelne Teile nach, höchstens, um seine historischen Räder stilecht zu komplettieren. „Wenn man dann ein seltenes Teil braucht, ist man schon bereit, Preise zu zahlen, die man selbst nicht mehr versteht“, gibt er zu. Der Wert seiner Stahlrenner liege pro Stück je nach Seltenheit zwischen etwa 3.500 und 10.000 bis 12.000 Euro. Bei der Größe seiner Sammlung habe er sich noch keine feste Obergrenze gesetzt, sagte er. Er versuche aber, „dass es nicht viel mehr als 60 Räder werden“. Ein Platzproblem habe er bislang noch nicht, auch weil einige Räder als Dekoration in seiner Praxis stehen. Das sorgt regelmäßig für Gesprächsstoffmit den Patienten, außerdem hat er einige seiner Schmuckstücke auf diese Weise immer im Blick. Auch für den knapp 80 Kilometer weiten Anfahrtsweg zur Praxis nutzt Rademacher zuweilen das Rennrad. Denn seit ihn das Fahrradfieber befallen hat, pendelt er die Strecke nicht mehr mit dem Auto – sondern mit der Bahn und/oder dem Rad. Da er die 2006 von seinem Vater übernommenen Praxisräume bei der Sanierung 2015 barrierefrei machte und mit einer Rampe versah, könne er bei Bedarf sogar direkt bis ins Behandlungszimmer rollen, scherzt er. Tatsächlich ist seitdem die Alterszahnheilkunde einer seiner Behandlungsschwerpunkte geworden. Heute kooperiert er mit drei Seniorenzentren. Sein Traum ist ein Rad von Legende Fausto Coppi Wenn er nicht praktiziert, sucht er nach den letzten fehlenden Puzzleteilen für seine Sammlung, wie etwa einem Profirad aus den 1950er-Jahren – und natürlich gibt es da einen Traum: ein Rad des dreimaligen Weltmeisters Fausto Coppi, der zweimal die Tour de France und fünfmal den Giro d’Italia gewann. „Der hat auf Bianchi legendäre Siege errungen“, weiß Rademacher und man hört ihm an, dass er Bilder im Kopf hat, wie der Italiener auf einem Stahlrenner über staubige Pisten zum Sieg raste. Am Wochenende zum 1. Oktober wird auch Rademacher wieder auf den Schotterstrecken der Toskana starten. Und als wäre nicht schon die Beschaffenheit der gut 200 Kilometer langen Strecke mit mehr als 3.000 Höhenmetern genug Herausforderung, absolvieren der Zahnarzt und seine Mitstreiter das Rennen auch noch mit Oldtimern, die höchstens Baujahr 1987 sind. „Wenn man da unterwegs ist, rappelt und scheppert alles", erzählt der Zahnarzt. „Manchmal ist es darum berghoch leichter als bergrunter.“ mg Mit dem Oldtimer geht's in die Toskana. Foto: privat

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