Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

Foto: Parradee - stock.adobe.com zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (258) 68 | PRAXIS Herr Kötter, Sie setzen einen starken Fokus auf Nachhaltigkeit. Den größten Anteil am CO2-Fußabdruck in der Zahnmedizin hat Studien zufolge die An- und Abfahrt der Beleg- und Patientenschaft. Was kann man aus Ihrer Sicht hier tun? Robert Kötter: Die effektivste Maßnahme zur Reduzierung der Zahnarztbesuche ist vermutlich eine gute Prävention im Sinne einer regelmäßigen Prophylaxe. Anfahrten lassen sich durch ein gutes Terminmanagement vermeiden, indem Behandlungen auf möglichst wenige, dafür längere Sitzungen reduziert werden. Beratungen lassen sich per Anruf oder Videocall erledigen. Unsere Mitarbeiter erhalten einen steuerfreien Zuschuss für öffentliche Verkehrsmittel. Man kann zudem E-Bikes leasen. Ein weiterer Tipp: Verzichten Sie auf das Bereitstellen von Parkplätzen und stellen Sie stattdessen Fahrradständer zur Verfügung. Außerdem lassen sich klimaschädliche Laboranfahrten durch umweltfreundliche Paketdienste oder aber digitale Abformungen vermeiden. Welche Maßnahmen haben Sie in Ihrer Praxis bislang umgesetzt? Wir nutzen Ökostrom. Unsere Beleuchtung haben wir auf LED umgerüstet. Heizungen haben wir mit programmierbaren Thermostaten ausgestattet. Durch Digitalisierung lässt sich der Papierverbrauch erheblich reduzieren, wir nutzen ein Programm, mit dem Dokumente ans Smartphone der PatientInnen gesendet und digital signiert werden können. Und wir verwenden Mehrwegbecher aus erdölfreiem Kunststoff, die im Thermodesinfektor aufbereitet werden. Das kann bis zu 10.000 Becher im Jahr vermeiden. Was davon war aus Ihrer Sicht am wichtigsten, was am leichtesten, was am schwierigsten umsetzbar? Letztlich sind alle Maßnahmen wichtig. In der Summe ergeben viele kleine Schritte eine große Veränderung. Ich halte die Kompensation des unvermeidbaren CO2-Ausstoßes für sehr wichtig. Wir spenden regelmäßig an eine Organisation, die effektiv in nachhaltige Projekte investiert. So lässt sich schon für 1 bis 5 Euro eine Tonne CO2 kompensieren. Besonders leicht umzusetzen und effektiv ist sicherlich die Umstellung auf Ökostrom und die Reduzierung des Papierverbrauchs. Schwierig wird es immer dann, wenn man Gewohnheiten verändern möchte, gerade wenn es um das Vermeiden von überflüssigem Energie- und Ressourcenverbrauch geht. Wie haben Sie Ihr Team eingebunden, damit im veränderten Praxisbetrieb möglichst wenig Friktionen entstehen? Mit vielen Gesprächen und in Teambesprechungen. Sinnvoll ist, nicht zu viele Maßnahmen auf einmal umzusetzen und das Team nicht zu überfordern. Gewohnheiten und Einstellungen ändern sich nicht von heute auf morgen. Die Umstrukturierung sollte man als fortlaufenden Prozess betrachten. Wir haben auch eine besonders motivierte Mitarbeiterin zur Nachhaltigkeitsbeauftragten benannt. Und ziehen jetzt alle an einem Strang? Aller Anfang ist schwer, aber viele Umstellungen sind mittlerweile verinnerlicht und gehören zur Routine. Unsere Mitarbeitenden sind stolz darauf, einen Teil beitragen zu dürfen im Kampf gegen den Klimawandel. Ich habe den Eindruck, dass unsere Maßnahmen zu einer erhöhten Bindung des Personals an die Praxis geführt haben – was in Zeiten chronischen Personalmangels nicht zu unterschätzen ist. Viele KollegInnen sind beim Thema Nachhaltigkeit nicht erst seit den steigenden Energiepreisen zögerlich wegen zusätzlicher Kosten. Welche Erfahrungen haben Sie gemacht? Natürlich führen viele Maßnahmen erst einmal zu erhöhten Kosten, die sich später aber oft durch geringere Energie- und Materialkosten wieder amortisieren und letztlich über die Zeit zu Einsparungen führen können. Die Digitalisierung des Schriftverkehrs zum Beispiel verursacht erst einmal Kosten ZAHNARZT ROBERT KÖTTER GIBT TIPPS FÜR GRÜNE ZAHNMEDIZIN Zahnarzt Robert Kötter studierte Zahnmedizin in Berlin und betreibt mit zwei KollegInnen eine Praxis in Berlin-Mitte. Um deren Betrieb nachhaltiger zu gestalten, hat er viel recherchiert, erste Maßnahmen bereits umgesetzt und eine Internetseite eingerichtet, auf der er Zahnärztinnen und Zahnärzten Tipps und die Möglichkeit zum Austausch geben will. „Ein offizielles Kammer-Siegel für nachhaltige Praxen könnte helfen"

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