Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 4

zm113 Nr. 04, 16.02.2023, (260) 70 | CHIRURGIE MUND-, KIEFER- UND GESICHTSCHIRURGIE Das ossifizierende Fibrom – ein seltener, gutartiger Knochentumor im Kieferbereich René Rothweiler, Wiebke Semper-Hogg, Christian Gross, Leonard Simon Brandenburg, Michael Ermer Das ossifizierende Fibrom ist eine seltene, gleichzeitig aber wichtige Differenzialdiagnose gutartiger Knochentumore im Kieferbereich. Die Diagnose wird histopathologisch sowie unter Berücksichtigung radiologischer und patientenspezifischer Kriterien wie dem Wachstumsmuster, der Lokalisation im Skelett und dem Patientenalter gestellt. Als Therapie der Wahl gilt die vollständige Enukleation oder bei kleinen Raumforderungen die Kürettage. Dieser Fallbericht beschreibt den Befund eines ossifizierenden Fibroms im Unterkiefer, das mittels Enukleation therapiert wurde. Eine 55-jährige, allgemeinanamnestisch gesunde Patientin stellte sich auf Überweisung ihres Hauszahnarztes mit einer unklaren Veränderung im Bereich des linken Kieferwinkels in der Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums Freiburg vor. Der Befund war bei einer Routinekontrolle in einer Panoramaschichtaufnahme (OPG) aufgefallen (Abbildung 1). Weitere Voraufnahmen existierten nicht. Radiologisch kam eine intraossäre, sklerotische Raumforderung mit zirkulärem, aufgehelltem Randsaum und überlagertemNervus alveolaris inferior zur Darstellung. Klinisch bot sich ein unauffälliger Befund ohne knöcherne Auftreibung des Unterkiefers und mit blander Mukosa. Alle Zähne im linken Unterkiefer waren vital, die Sensibilitätstestung im Innervationsgebiet des linken Nervus alveolaris inferior zeigte sich regelrecht. Die Okklusion war habituell, die Mundöffnung ungestört. In der dreidimensionalen Bildgebung mit digitaler Volumentomografie (DVT) zeigte sich die intraossäre, scharf abgrenzbare, überwiegend homogen mineralisierte Raumforderung mit zirkulärem, hypodensem Randsaum. Der Nervus alveolaris inferior wurde durch die Läsion nach kranial verdrängt und subtotal ummauert (Abbildung 2). Zur Dignitätssicherung planten wir die vollständige Entfernung der Raumforderung unter Erhalt des Nervus alveolaris inferior in Intubationsnarkose. Eine ausgedehnte Resektion mit Unterkieferkontinuitätsdurchtrennung war aufgrund der unklaren Dignität zum Vorstellungszeitpunkt nicht indiziert. Der operative Zugang erfolgte über eine marginale Schnittführung von Zahn 36 bis 37 mit mesialer vestibulärer Entlastung sowie distaler Fortführung auf der Linea obliqua des Ramus mandibulae (Abbildung 3a). Nach Anpassen einer 8-LochOsteosyntheseplatte (Synthes MatrixMANDIBLE) wurde die vestibuläre Kortikalis piezochirurgisch osteotomiert. Nach Entfernung des Knochendeckels konnte die Raumforderung dargestellt und die subtotale Invagination des Nervus alveolaris inferior bestätigt werden (Abbildung 3b). Die Raumforderung konnte vollständig unter Nervschonung entfernt werden (Abbildung 3c). Die vestibuläre Kompaktaschale wurde an der zur Stabilisierung eingebrachten Osteosyntheseplatte refixiert. Der postoperative Verlauf gestaltete sich komplikationslos. Die radiologische Kontrolle ergab keinen Anhalt für ein Residuum der Raumforderung oder für eine Fraktur des Unterkiefers. Die Osteosyntheseplatte war suffizient anliegend (Abbildungen 4a und 4b). Klinisch bestand eine geringgradige Hypästhesie im Versorgungsgebiet des Nervus alveolaris inferior. Die Patientin konnte am zweiten postoperativen Tag bei gutem Allgemeinzustand entlassen werden. Eine Kontrolluntersuchung zwei Monate postoperativ zeigte einen unaufDr. med. Dr. med. dent. René Rothweiler, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: Universitätsklinik Freiburg PD Dr. med. dent. Wiebke Semper-Hogg, Klinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische Operationen, Universitätsklinikum Freiburg Hugstetter Str. 55, 79106 Freiburg Foto: Universitätsklinik Freiburg ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden.

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