Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 5

zm113 Nr. 05, 01.03.2023, (330) 44 | GESELLSCHAFT UMSTRITTENER TIKTOK-TREND Klebeband in der Nachttischschublade – für bessere Zähne Social-Media-InfluencerInnen feiern in den USA eine alte Idee: Mouth Taping. Das nächtliche Abkleben des Mundes mit einfachem Klebeband oder speziellen Pflastern soll im Schlaf die Mundatmung unterdrücken und so positiv wirken. Die wissenschaftliche Evidenz hält sich in Grenzen. Das ist der neueste WellnessWahn", heißt es in einem Bericht des US-Fernsehsenders CBS. Auf den vertrauen seit Neuestem auch Stars und Sternchen, etwa die Schauspielerin Gwyneth Paltrow. Befürworter wie das US-Zahnärzteportal Dentistry-IQ loben die blutdrucksenkendeWirkung, außerdem sei die Nasenatmung besser für die Zähne. Denn wer mit offenem Mund schläft, leide häufiger unter obstruktiver Schlafapnoe (OSA) oder Bruxismus, argumentieren sie. Und da der Mund schneller austrockne, sei die Remineralisierung durch den Speichel während des Schlafs gestört. Und wenn die Mundatmung zu einem Ungleichgewicht des oralen Mikrobioms führt, könne zudem Halitosis entstehen. Doch während zur pathologischen Mundatmung viele Studien existieren, ist der Nutzen des Mouth Taping bisher wenig erforscht. Den ersten Hinweis auf mögliche positive Effekte lieferte Anfang der 2000er-Jahre eine Studie [Birch, 2004], die bei 30 PatientInnen beobachtete, dass die Verwendung eines porösen oralen Pflasters denmittleren Apnoe/Hypopnoe-Index (AHI) um 35 Prozent senken kann. Im vergangenen Jahr bestätigte eine kleine taiwanesische Untersuchung [Lee et al., 2022] diese Beobachtung. Bei ProbandInnen mit leichter OSA reduzierten sich durch Mouth Taping sowohl der AHI als auch der mediane Schnarchindex (SI) um 47 Prozent. Die Technik könne womöglich eine alternative Behandlung bei Patienten mit leichter OSA sein, lautete das vorsichtige Fazit der Autoren. 2009 untersuchte eine ebenfalls kleine Studie [Tattersfield, 2009] den möglichen Nutzen für Asthmapatienten, der aber letztlich nicht nachgewiesen werden konnte. Erst sagt er seine Frau „Gute Nacht" ... Trotzdem werben Mediziner wie Dr. Mark Burhenne für die Technik. Der US-Zahnarzt betreibt seit 2009 dieWebsite askthedentist.com und bespielt regelmäßig Social-Media-Kanäle. Auf YouTube schwärmt er nicht nur von den positiven Effekten des Mouth Taping, sondern bewirbt auch ganz konDas US-Nachrichtenmagazin „Inside Edition“ des Fernsehsenders CBS warnte jüngst davor, sich ohne ärztlichen Rat vor dem Schlafen den Mund abzukleben. Foto: Youtube-Inside Edition

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