Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 8

22 | PRAXIS STEUERN IN DER PRAXIS Das müssen Sie über die Umsatzsteuer wissen Marcel Nehlsen, Bernhard Fuchs Auf den ersten Blick birgt die Umsatzsteuerpflicht für den Zahnarzt organisatorischen Aufwand und Unsicherheiten bei der Umsetzung. Bei genauerer Betrachtung entstehen durch die Umsatzsteuerpflicht jedoch Chancen, die gezahlte Vorsteuer aus Eingangsrechnungen vom Finanzamt wiederzuholen. Wir verschaffen einen Überblick über mögliche Vorsteuerabzüge und geben Ihnen Tipps für die Zusammenarbeit mit dem Steuerberater, damit auch kein Euro an Vorsteuer verloren geht. Kaum ein Thema sorgt für mehr Abstimmungsbedarf zwischen Zahnarzt und Steuerberater als die Umsatzsteuer. Dabei sind Praxen mit Eigenlabor oder Cerec-Geräten zwangsläufig mit der Umsatzsteuer, auch Mehrwertsteuer genannt, konfrontiert: Sie sind verpflichtet, auf die Einnahmen des Eigenlabors Umsatzsteuer ans Finanzamt abzuführen. Im Gegenzug steht es ihnen zu, die in den Lieferantenrechnungen für das Eigenlabor ausgewiesene Umsatzsteuer vom Finanzamt zurückzuholen – der sogenannte Vorsteuerabzug. Welche Leistungen des Zahnarztes sind umsatzsteuerpflichtig und welche nicht? Zahnärztliche Leistungen, die zum Zweck der Diagnose, der Behandlung und – soweit möglich – der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen vorgenommen werden, also einem therapeutischen Zweck dienen, sind grundsätzlich von der Umsatzsteuer befreit. Der Zahnarzt darf auf seinen Patientenrechnungen für diese Leistungen keine Umsatzsteuer ausweisen und muss auch keine Umsatzsteuer ans Finanzamt abführen. Das hat zur Folge, dass er aus Eingangsrechnungen, die im Zusammenhang mit seiner Heilbehandlung stehen, keine Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend machen kann. Das betrifft zum Beispiel alle Rechnungen für Praxismaterial, für Instandhaltungen von Praxisgeräten oder Behandlungseinheiten. Die Herstellung von Zahnersatz im Eigenlabor oder mit einem Cerec ist hingegen umsatzsteuerpflichtig, auch wenn sie Teil der zahnärztlichen Tätigkeit ist. Darüber hinaus sind diese nicht medizinisch indizierten Leistungen des Zahnarztes umsatzsteuerpflichtig: „ Verkauf von Prophylaxeartikeln „ kosmetisches Bleaching „ Zahnschmuck „ Gutachten zum Zwecke der Kostenübernahme durch die Krankenkasse „ Gutachten für den medizinischen Dienst der Krankenversicherung „ Vortragstätigkeiten „ PKW-Überlassung an Arbeitnehmer „ Überlassung von Praxis,- und Operationsräumen, Ausstattung oder Personal an andere Zahnärzte Für die genannten Leistungen müssen 7 Prozent für Prothetik-Leistungen des Eigenlabors oder 19 Prozent Umsatzsteuer für die anderen umsatzsteuerpflichtigen Leistungen ans Finanzamt abgeführt werden. Gleichzeitig kann er aber aus den Eingangsrechnungen, die ihm im Zusammenhang mit diesen Leistungen gestellt wurden, die darin enthaltene Umsatzsteuer als Vorsteuer vom Finanzamt zurückholen. Kurzer Exkurs in die Kleinunternehmerregelung: Diese Regelung besagt vereinfacht, dass man auf die Anwendung der Umsatzsteuer- und Vorsteuerregelungen verzichten kann, sofern die Summe aller umsatzsteuerpflichtigen Leistungen im Vorjahr weniger als 22.000 Euro und die Summe im laufenden Jahr voraussichtlich weniger als 50.000 Euro betragen. Das betrifft in der Regel Praxen, die kein klassisches Eigenlabor haben, sondern lediglich geringfügige zahntechnische Chairside-Leistungen erbringen. Varianten bei der Vorsteuer Es gibt drei Varianten, die bei der Beurteilung von Umsatzsteuer und Vorsteuer zu unterscheiden sind: „ Variante a) Der Zahnarzt zahlt Rechnungen im Zusammenhang mit steuerfreien Heilbehandlungen = Er kann die in diesen Rechnungen enthaltene Mehrwertsteuer nicht als Vorsteuer vom Finanzamt zurückfordern. Ein Beispiel: Der Zahnarzt kauft Füllmaterial für konservierende Leistungen ein. Aus diesen Rechnungen kann er keine Vorsteuer gegenüber dem Finanzamt geltend machen, weil die Behandlung selbst umsatzsteuerfrei ist. „ Variante b) Der Zahnarzt zahlt RechnungenimZusammenhangmitumsatzsteuerpflichtigen (Eigenlabor-) Leistungen = Er kann die in diesen Rechnungen enthaltene Umsatzsteuer in vollem Umfang als Vorsteuer vom Finanzamt zurückfordern. Ein Beispiel: Der Zahnarzt kauft Labormaterial zur Herstellung Bei genauerer Betrachtung entstehen durch die Umsatzsteuerpflicht auch Chancen. Foto: ms-grafixx Martin Schlecht - stock.adobe.com zm113 Nr. 08, 16.04.2023, (616)

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