Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 8

58 | ZAHNMEDIZIN sich der Defekt im Oberkiefer oberhalb des Ansatzes beziehungsweise im Unterkiefer unterhalb des Ansatzes der Muskulatur, besteht die Möglichkeit einer extraoralen Fistelung. Die Entzündung geht dabei den Weg des geringsten Widerstands durch das Weichgewebe. Der Umstand, dass es somit zu einer Entlastung der apikalen Entzündung kommt, erklärt auch das häufige Ausbleiben von dentogenen Symptomen (wie im Vorfeld beschrieben) [McWalter et al., 1988]. Die Ursachen apikaler Entzündungen sind multifaktoriell, wobei die häufigste Ursache die kariöse Läsion mit Pulpabeteiligung darstellt. Nach einer Pulpagangrän kommt es im Rahmen rezidivierender Entzündungen an der Wurzelspitze und im Bereich des Parodonts zur Entwicklung von Granulationsgewebe auf Kosten des faserreichen Bindegewebes. In der Folge entsteht eine periapikale Osteolyse mit der Entwicklung eines apikalen Granuloms oder auch ein Hohlraum, der als radikuläre Zyste bezeichnet wird. Histologisch zeigt sich beim apikalen Granulom eine chronische Entzündung mit Lymphozyten, Riesenzellen und Fibrosierung. Demgegenüber zeigt die radikuläre Zyste eine Auskleidung mit schmalem, nicht verhornendem Plattenepithel. Die radiologische Unterscheidung zwischen einem apikalen Granulom und einer radikulären Zyste ist oftmals nicht sicher möglich. Allerdings stellen sich radikuläre Zysten radiologisch oft größer dar. Da die Therapie beider Entitäten in den meisten Fällen kaum differiert, ist eine Unterscheidung im Vorfeld nicht immer zwingend erforderlich. Durch die anhaltende Entzündungsreaktion kommt es bei der chronisch entzündlichen Veränderung nach Partsch zur Bildung eines Granulationsgewebestrangs mit en- oder extraoraler Fistelung [Buch et al., 2003]. Dieser Granulationsgewebestrang wird mit der Zeit epithelialisiert [Johnson et al., 1999]. Als Durchtrittspforten dienen hierbei anatomische Schwachstellen im Bereich des Knochens und des Weichgewebes. Abhängig vom entzündlichen Ursprungsgeschehen können sich Fistelgänge an verschiedenen extraoralen Lokalisationen im Bereich des Gesichts finden. So zeigen Granulome mit Ursprung im Oberkiefereckzahnbereich oftmals Fistelungen im Bereich des medialen Augenwinkels oder des Nasenbodens [Buch et al., 2003]. Fisteln mit Ursprung im Oberkieferseitenzahnbereich münden häufig im lateralen Augenwinkel oder im Bereich der Wange. Unterkieferzähne führen häufig zu Fistelperforationen im Bereich des Kinns, der Wange oder des Unterkieferrands [Johnson et al., 1999; Kaya und Kämmerer, 2020]. Der Großteil dieser chronisch granulierenden Entzündungen geht von Zähnen im Bereich des Unterkiefers aus [Sheehan et al., 2005]. Klinisch zeigt sich eine kutane, knotige Läsion mit einer zentralen Öffnung. Oftmals imponiert diese als derb palpabel und in fortgeschrittenem Stadium als zum Untergrund nur schwer verschieblich. Bei Palpation kann in vielen Fällen Pus aus dem Fistelgang exprimiert werden. Die Palpation des Fistelgangs lässt dabei oft schon Rückschlüsse auf den ursächlichen zm113 Nr. 08, 16.04.2023, (652) Abb. 4a: Digitale Volumentomografie zum Zeitpunkt der Erstvorstellung in sagittaler Schicht Abb. 4b: Digitale Volumentomografie zum Zeitpunkt der Erstvorstellung in axialer Schicht Abb. 5: Situs intraoperativ unter Darstellung des Fistelgangs Abb. 6: Extrahierter Zahn 37 und der exzidierte Fistelgang Fotos: Philipp Matheis

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