Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

24 | PRAXIS INTERVIEW MIT PROF. DR. DIANA WOLFF „Wir haben diesen Weg nicht gewählt, um Studierende zu quälen!“ Eine aktuelle Umfrage zeigt, dass sich viele Zahnmedizinstudierende ungerecht behandelt und nicht ernst genommen fühlen. Ein rauer Umgangston und Schikane scheinen an vielen Unis zum Studienalltag zu gehören. Was läuft da schief? Wir haben mit Diana Wolff gesprochen. Sie ist die Präsidentin der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK). Frau Prof. Wolff, wieso sind viele Zahnis derart unglücklich mit ihrem Studium? Prof. Diana Wolff: Das Zahnmedizinstudium ist ein sehr anspruchsvolles Studium, zeitintensiv und mit psychischen und physischen Herausforderungen verbunden. Jeder von uns Zahnmedizinern und Zahnmedizinerinnen erinnert sich an Momente im Studium, in denen man die eigenen Grenzen ganz deutlich gespürt hat. Man könnte jetzt formulieren, dass auch der Beruf des Zahnarztes und der Zahnärztin ein anstrengender ist und das Studium die jungen Menschen auf diese Herausforderungen ausreichend vorbereiten muss. Immerhin geht es darum, am Ende des Studiums eine berufsfähige Kollegin und einen berufsfähigen Kollegen ausgebildet zu haben, der ab Tag 1 seines Arbeitslebens sorgsam mit Patienten umgeht und den Anforderungen der Patientenbehandlung und Administration gewachsen ist beziehungsweise sich diesen erfolgreich stellen kann. Welche Ausbildung brauchen wir, um dieses Ziel zu erreichen? Sind die Bedürfnisse der jetzigen und folgender Generationen Studierender in den aktuellen Konzepten berücksichtigt? Bedarf es einer Reformierung unserer Lehrkultur beziehungsweise kann die neue Zahnärztliche Approbationsordnung hier Abhilfe schaffen? Diese Fragen beschäftigen mich aktuell sehr intensiv. Ich möchte nicht von der Hand weisen, dass traditionell streng hierarchisch organisierte Hochschulfächer Nachholbedarf in der selbstkritischen Auseinandersetzung mit der eigenen Lehrkultur haben und dass es teilweise diskrepante Wahrnehmunzm113 Nr. 10, 16.05.2023, (818) Foto: Universität Heidelberg gen zwischen Lehrenden und Lernenden bezüglich Anforderungsprofilen und Strenge in der Auslegung gibt. Hiervon können nicht nur Zahnmediziner, sondern auch Mediziner oder Juristen ein Lied singen. Tradierte Rollenmodelle und eine auf Härte basierende Lehrkultur kollidieren hierbei mit den Ansprüchen der jungen Generation Studierender. Eine novellierte Approbationsordnung wird diese Problematik nicht lösen, da in dieser lediglich die Rahmenbedingungen neu gesteckt werden. Die aktuelle Umfrage des Studierendenparlaments des Freien Verbandes Deutscher Zahnärzte zeigt, dass die Umfrageteilnehmer ein hohes Maß an Stress und Belastungen in ihrem Studium erleben. Ohne die Ergebnisse kleinreden zu wollen, muss an dieser Stelle erwähnt werden dürfen, dass es sich um eine Stichprobe von circa 14 Prozent aller Studierenden der Zahnmedizin in Deutschland handelt, von der nicht auszuschließen ist, dass sie einer gewissen Stichprobenverzerrung durch eine nicht-zufällige TeilnahmeProf. Dr. Diana Wolff studierte in Heidelberg Zahnmedizin. Sie war anschließend wissenschaftliche Mitarbeiterin und später Oberärztin an der Poliklinik für Zahnerhaltungskunde des dortigen Universitätsklinikums. Seit 2007 ist sie Spezialistin in Zahnerhaltung (Präventiv-Restaurativ) der Deutschen Gesellschaft für Zahnerhaltung. 2012 wurde ihr die „Venia legendi“ im Fach Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und 2015 der Titel einer Außerplanmäßigen Professorin der Medizinischen Fakultät der Ruprecht-Karls-Universität Heidelberg verliehen. 2017 wurde Wolff auf die W3Professur für Zahnerhaltung an der Universität Tübingen berufen. Zugleich wurde sie Direktorin der zugehörigen Poliklinik. Sie war Studiendekanin Zahnmedizin an der Medizinischen Fakultät der Eberhard-KarlsUniversität Tübingen und Sprecherin der Studiendekane Baden-Württemberg. 2021 erhielt sie den Ruf auf die W3-Professur für Zahnerhaltungskunde der Universität Heidelberg und leitet seither dort als Ärztliche Direktorin die zugehörige Poliklinik. Seit 2022 ist Wolff Präsidentin der Vereinigung der Hochschullehrer für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (VHZMK).

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