Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 10

zm113 Nr. 10, 16.05.2023, (826) 32 | ZAHNMEDIZIN nischen Universität München, „dass in den letzten Jahren bereits andere und größere Kohortenstudien einen Zusammenhang zwischen dem Konsum von Getränken, die statt mit Zucker mit Süßstoffen oder kalorienfreien Zuckerersatzstoffen gesüßt waren, und einem erhöhten Auftreten von Schlaganfall und anderen kardiovaskulären Ereignissen gefunden hatten“. Erythrit in Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräten Zuckeraustauschstoffe wie Erythrit werden vor allem in der Kariesprophylaxe als „zahnfreundliche“ Alternative zum Zuckerkonsum empfohlen. Im Vergleich zu Sorbit und Xylit gilt Erythrit zusätzlich als verdauungsfreundlicher – damit könnten auch größere Mengen ohne weitere Beschwerden verzehrt werden, lautet der vielfach ergangene Rat. Möglicherweise müssten solche Empfehlungen künftig überarbeitet werden. Darüber hinaus wird Erythrit auch in Luft-Pulver-Wasserstrahlgeräten eingesetzt, was ebenfalls Fragen im Hinblick auf die gesundheitliche Unbedenklichkeit aufwirft. Allerdings kommt es im Unterschied zur täglichen Erythritaufnahme bei entsprechenden Ernährungsgewohnheiten nur im Rahmen von Prophylaxemaßnahmen, also vergleichsweise selten, zur Exposition mit Erythrit. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Präventivzahnmedizin (DGPZM) hin (siehe Kasten). Dennoch bleiben auch hier Fragen offen, da – wie die Studie gezeigt hat – auch eine einmalige Erythritgabe zu hohen und anhaltenden Konzentrationen von Erythrit im Blut führen kann. Demgegenüber rechnet die Firma EMS in einer Stellungnahme gegenüber der zm vor, dass die tatsächliche Erythritexposition während einer AIRFLOW®- Behandlung aufgrund der Absaugung des Pulvers um ein Vielfaches geringer ausfällt als in der Studie getestet (siehe Kasten). Die Studie von Witkowski et al. hat in der gesamten Medizin Fragen aufgeworfen, die nach dem aktuellen Wissensstand nur unbefriedigend beantwortet werden können und weitere Forschung erfordern. Von den Erkenntnissen zum Gefährdungspotenzial von Erythrit ist in erster Linie die Debatte um eine zuckerarme Ernährung betroffen – hier spielen Zuckeraustauschstoffe eine wichtige Rolle. Aber auch in der Zahnmedizin könnten sich im Licht weiterer Forschung neue Empfehlungen und Einschätzungen ergeben. nl/br Die Studie: Witkowski M, Nemet I, Alamri H, Wilcox J, Gupta N, Nimer N, Haghikia A, Li XS, Wu Y, Saha PP, Demuth I, König M, Steinhagen-Thiessen E, Cajka T, Fiehn O, Landmesser U, Tang WHW, Hazen SL: The artificial sweetener erythritol and cardiovascular event risk. Nat Med. 2023 Mar;29(3):710-718. doi: 10.1038/s41591023-02223-9. Epub 2023 Feb 27. PMID: 36849732. EMS: „AIRFLOW® PLUS-PULVER MIT ERYTHRIT(OL) IST SICHER!“ Die Firma EMS mit Sitz in Nyon, Schweiz, vertreibt PulverWasserstrahlgeräte (AIRFLOW®), die unter anderem mit Erythrit-Pulver (AIRFLOW® PLUS) betrieben werden. EMS hat sich in einer Stellungnahme gegenüber den zm zu den Ergebnissen der Studie von Witkowski et al. geäußert, aus der wir hier zitieren. EMS schreibt: „Erythritol ist ein natürlicher Süßstoff (Zuckeraustauschstoff), dessen Sicherheit in den letzten 30 Jahren umfassend untersucht wurde [Munro et al., 1998]. Erythritol weist ein niedriges Toxizitätsprofil auf und bei Konsum von moderaten Mengen haben die Studien keine negativen Auswirkungen auf die Gesundheit festgestellt. Erythritol kommt als natürlicher Bestandteil in Lebensmitteln wie zum Beispiel in Honig und Früchten vor und wird in geringen Mengen auch vom menschlichen Organismus selbst produziert. Die U.S. Food and Drug Administration (FDA) [FDA, 2018] und die European Food Safety Authority (EFSA) [EFSA, 2015] stufen Erythritol als sicher ein (Generally Recognized As Safe). Die bei einer AIRFLOW®-Behandlung im AIRFLOW® PLUSPulver verwendete Erythritol-Menge ist mit circa 10 g sehr gering. Werden die Empfehlungen für ein effektives Aerosolmanagement befolgt, werden mehr als 95 Prozent des Erythritols während der Behandlung abgesaugt. Bei einer AIRFLOW®-Behandlung mit AIRFLOW® PLUS-Pulver als Teil des 'Guided Biofilm Therapy (GBT)'-Protokolls nimmt der Patient also maximal 0,5 g Erythritol auf. In der besagten Studie [Witkowski et al., 2023] wurde die Einzeldosierung mit 30 g Erythritol getestet, um einen Effekt nachzuweisen (Seite 715 – Fig. 5). Bei einer GBT-Behandlung mit AIRFLOW® PLUS-Pulver wird maximal 0,5 g Erythritol aufgenommen. Das ist 60-mal weniger als der in dieser Studie getestete Wert mit einer Einnahme von 30 g Erythritol. Weiterhin weist die Studie darauf hin, dass ein Effekt auf das Blutbild nur bei dieser hohen Konzentration von 30 g Erythritol auftritt [Witkowski et al., 2023]. Also müsste ein Patient 60 AIRFLOW®-Behandlungen mit AIRFLOW® PLUS-Pulver in einem Tag erleben, um diesen Risikowert zu erreichen. [...] Die Deutsche Gesellschaft für Präventive Zahnmedizin (DGPZM) hat am 26. April 2023 eine Pressemitteilung veröffentlicht, mit der Aussage, dass Erythritol-Pulver in der PZR (professionellen Zahnreinigung) als sicher gelten kann. Die Sicherheit der Patienten hat bei EMS erste Priorität. EMS führt laufend wissenschaftliche Untersuchungen und klinische Studien durch, um die Sicherheit seiner Produkte zu gewährleisten.“ Literatur: Witkowski, M., Nemet, I., Alamri, H. et al. Nat Med (2023). https://doi.org/10.1038/s41591-023-02223-9. Munro, I. C. et al. Erythritol: an interpretive summary of biochemical, metabolic, toxicological and clinical data. Food Chem. Toxicol. 36, 1139–1174 (1998). [FDA, 2018]: https://www.fda.gov/media/132946/ download. EFSA Panel on Food Additives and Nutrient Sources added to Food. (2015). Scientific Opinion on the safety of the proposed extension of use of erythritol (E 968) as a food additive. EFSA Journal, 13(3), 4033.

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