Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

52 | ZAHNMEDIZIN In beiden Fällen kann insbesondere bei Patienten im Wechselgebiss beziehungsweise im frühen permanenten Gebiss, das heißt noch in der Wachstumsphase der Kiefer, der kieferorthopädische Lückenschluss als primäre Therapieoption geprüft werden. Bei Erwachsenen sind kieferorthopädische Zahnbewegungen ebenfalls noch möglich; insofern kann ein kieferorthopädischer Lückenschluss individuell ebenfalls geprüft werden, auch wenn hier sicherlich häufig eher prothetische Maßnahmen indiziert sind. Beispielsweise kann durch eine kieferorthopädische Mesialisation nicht traumatisierter Nachbarzähne auch im wachsenden Kiefer ein traumatisch bedingtes Knochendefizit günstig beeinflusst werden [Pontoriero et al., 1987; Prapas et al., 2008; Stenvik und Zachrisson, 1993] (Abbildung 4). Durch den Einsatz skelettaler Verankerungshilfen ist es möglich, auch in komplexeren Situationen einen kieferorthopädischen Lückenschluss durchzuführen. Mit digitalen CAD/CAMHerstellungsmethoden wie dem selektiven Laser-Melting-Verfahren können hochindividualisierte Apparaturen angefertigt werden, die verschiedene Behandlungsaufgaben gleichzeitig adzm113 Nr. 11, 01.06.2023, (950) ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. Abb. 4a Abb. 4b Abb. 4c Abb. 4d Abb. 4e Abb. 4: Patient nach Avulsion von 21 ohne Reposition: zehnjähriger Patient nach Frontzahntrauma mit Verlust von Zahn 21 a: intraorale Ausgangssituation: Zustand nach palatinaler Dislokationsverletzung mit Avulsion ohne Reposition von 21 mit großem vestibulärem Knochendefekt regio 021 b: Aufsicht auf den Oberkiefer: skelettal verankerter Mesial-/Distalslider zum frontalen Lückenschluss regio 021. Die grünen Pfeile verdeutlichen die Zug-/Druckrichtung. c: frontale Darstellung: Intrusionsbogen an Zahn 22 regio 021. Die Intrusion wurde durchgeführt, um den Gingivaverlauf an Zahn 11 anzugleichen. d: Aufsicht auf den Oberkiefer: Zustand nach Mesialisation des zweiten Quadranten unter Einhaltung der Mittellinie und leichter Distalisation des ersten Quadranten e: frontale Darstellung: Zustand nach vollständigem Lückenschluss regio 021 durch 22 und erfolgter kieferorthopädischer Intrusion von 22. Zahn 22 wurde anschließend mit Komposit umgeformt (Poliklinik für Zahnerhaltungskunde, Universitätsklinikum Heidelberg). f: Frontale Darstellung der Mundpartie: minimale Mittellinienabweichung von 0,5 mm nach links bei harmonischem Schneidekantenverlauf Abb. 4f Empfehlung Kieferorthopädischer Lückenschluss Empfehlungsgrad Für die Entscheidung, ob beim Verlust oberer mittlerer Schneidezähne ein kieferorthopädischer Lückenschluss mit Mesialisation der OK-2er an die 1er-Stelle infrage kommt, sollen neben der Anatomie der oberen 2er bezüglich ihrer Kronenund Wurzelausbildung auch weitere grundlegende intra- und extraorale Faktoren berücksichtigt werden, die beim kieferorthopädischen Lückenschluss bei Aplasie Gültigkeit haben (Übersicht in der Leitlinie „Zahnimplantatversorgungen bei multiplen Zahnnichtanlagen und Syndromen“ - AWMF 083024; S3; Stand: 12/2016; https://www.awmf.org/leitlinien/detail/ll/083-024.html). Konsensstärke: starker Konsens Fotos: UKHD

RkJQdWJsaXNoZXIy MjMxMzg=