Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 11

PRAXIS | 69 Damit Fehlhaltungen nicht zur Gewohnheit werden, empfiehlt es sich, statische Arbeitshaltungen bewusst aufzulösen und da, wo es möglich ist, gezielt in die Gegenbewegung zu gehen. Es ist wichtig, dem Körper zu zeigen, dass ein Muskel nur für eine gewisse Zeit „kurz“ gehalten wird – zum Beispiel wenn die eine Schulter weiter vorne und tiefer gehalten wird als die andere, dieser Muskel aber trotzdem seine ursprüngliche Länge beibehalten soll. Das kann dauerhaften Verkürzungen vorbeugen. Unbedachtes Lösen statischer Haltungen belastet den Körper Zum körperlichen Ausgleich regelmäßig Sport zu treiben, ist hilfreich, und ein athletischer Körper ist grundsätzlich auch deutlich belastbarer. Allerdings gibt Steger zu bedenken: „Es ist gut, wenn Du regelmäßig trainierst. Zusätzlich solltest Du aber nach langen statischen Haltungen kontrolliert aufstehen und die Position bewusst auflösen.“ Der Auflösungsvorgang Schritt 1: Bewusstes, langsames Auflösen der statischen Arbeitshaltung (am Patienten): Gehen Sie langsam und bewusst aus einer statischen Körperhaltung heraus. Steger: „Wenn Du im Stress bist, stehst Du nicht langsam auf, aber dafür solltest Du Dir die Zeit nehmen.“ Schritt 2: Gehen Sie in die Gegenbewegung, wenn kein Patient auf dem Stuhl liegt: Das Ziel der Gegenbewegung ist, die einseitige Arbeitsstatik zu durchbrechen. Es geht um Repositionierung und Neutralisierung. Alte Bewegungsmuster der Verkürzung und der Verhärtung sollen durchbrochen werden. Dabei geht es ausschließlich darum, die einseitige Gegenbewegung einzunehmen. Es reicht, wenn Sie nur einseitig in die Gegenbewegung gehen. Versuchen Sie die Situation erst mental zu dokumentieren: Wenn kein Patient auf dem Stuhl sitzt, nehmen Sie Ihre typische Arbeitshaltung ein und machen Sie von dieser Haltung ein mentales Foto. Wie sind Ihre Finger positioniert? Sind sie gebeugt, weil sie das Winkelstück halten? Was ist mit Ihrem Handgelenk? Scannen Sie den Arm entlang bis zur Kopfkrone, dann den Nacken und den Rücken hinunter bis zum Becken, zu den Knien und zu den Füßen. Jetzt überlegen Sie, wie Sie (eines nach dem anderen) alle Körperteile aus der asymmetrischen Position heraus wieder in die Gegenbewegung bringen können. Sie könnten also die Finger strecken, das Handgelenk in die andere Richtung neigen, den Ellenbogen strecken, den Arm nach hinten oben nehmen. Wenn Sie sich durch den Oberkörper gearbeitet haben, denken Sie bitte auch an den Unterkörper. Nicht nur die Schulter, auch das Becken und das Gesäß wollen ausgerichtet werden. Besonders wichtig: Wenn Sie in der Gegenbewegung sind, achten Sie darauf, tief ein- und auszuatmen. Unter Anstrengung und Anspannung übernimmt der Körper oft eine flache, unvollständige Atmung. Die tiefe Atmung hat einen beruhigenden und gleichzeitig revitalisierenden Effekt auf den Körper. Fazit Die Schritte zur Auflösung einer statischen Arbeitshaltung sind ausführlich bebildert und beschrieben. Dass nur wenig Zeit für die vollständige Ausführung dieses Bewegungsablaufs zur Verfügung steht, ist klar. Deswegen wäre es auch schon zielführend, nur ein oder zwei Teilschritte durchzuführen – was die konkrete Situation eben zulässt. Das Ziel ist die funktionelle, qualitativ gute Auflösung. Es geht einfach nur darum, dass sie daran denken – und tun, was möglich ist. Unser Tipp: Probieren Sie die Übungen doch mal in Ihrer Freizeit aus, um zu erfahren, wie einfach sich dieser Bewegungsablauf durchführen lässt und wie gut er sich anfühlt. Ganz zum Schluss noch eine kleine Motivation von Ulrich Steger: „Wenn Du eh aufstehen musst, um zum nächsten Patienten zu gehen, dann nimm dir doch die Zeit, um deinem Körper etwas Gutes zu tun.“ Für diesen Artikel hat die Autorin mit dem Personal Trainer Ulrich Steger zusammengearbeitet. Steger ist Diplomsportlehrer und Sporttherapeut und betreut regelmäßig Menschen, deren Berufe körperlich anspruchsvoll sind und gleichzeitig Präzisionsarbeit erfordern, wie zum Beispiel Zahnärzte und Chirurgen. Er kennt deren Herausforderungen und macht es sich zur Aufgabe, herauszuarbeiten, wie bereits mit kleinen Veränderungen im Alltag berufsbedingten Beschwerden und Verletzungen vorgebeugt werden kann. zm113 Nr. 11, 01.06.2023, (967) „Wenn Du eh aufstehen musst, um zum nächsten Patienten zu gehen, dann nimm dir doch die Zeit, um deinem Körper etwas Gutes zu tun.“ Ulrich Steger, Diplomsportlehrer und Sporttherapeut NEHMEN SIE SICH EINE AUSZEIT Mit fünf Minuten Yoga zur Entspannung! Die Zahnärztin und Yogalehrerin Julia Uhrenbacher hat bereits für die zm3/2022 einen Artikel verfasst und darin verschiedene Übungen zum gezielten Training in der Zahnarztpraxis beschrieben – von Atemtechniken über Balanceübungen bis hin zur Entspannung. Diese Yoga-Pausen sind ein sehr guter Ausgleich und perfekt für den zahnärztlichen Alltag. Foto: Lennart Maximilian Uhrenbacher

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