Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 21

ZAHNÄRZTLICHE MITTEILUNGEN | WWW.ZM-ONLINE.DE Entbudgetierung bei Hausärzten Der Bundesrechnungshof empfiehlt weniger extrabudgetäre Leistungen – das soll gut sein für die Versorgung? SEITE 56 Arzneimittelknappheit Wird es in den kommenden Monaten in den Zahnarztpraxen wieder zu Engpässen kommen? SEITE 80 Onboarding von Quereinsteigern Sind sie die Lösung für das Problem Fachkräftemangel? Können sie eine echte Verstärkung für das Team sein? SEITE 34 Menopause und Mundgesundheit AUSGABE 21 | 2023 zm 01.11.2023, Nr. 21

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EDITORIAL | 3 Schuster, bleib bei deinem Leisten! KZBV nach einer baldigen Aufhebung des Budgets für die Parodontitis-Therapiestrecke. Auch hier würde der gesundheitliche Mehrwert für die Versicherten vom BRH sicherlich ausgeklammert. Man darf also gespannt sein, was da noch kommt und wie das Bundesgesundheitsministerium damit umgeht. Überhaupt hat der Bundesrechnungshof seine Fühler in letzter Zeit verstärkt Richtung ärztliche und zahnärztliche Körperschaften ausgestreckt. Die KZBV-Vertreterversammlung hatte dem Verlangen nach gesetzlichen Prüfrechten des BRH schon eine deutliche Absage erteilt – dies auf Grundlage zweier Rechtsgutachten, die zu einem klaren Urteil kommen: Schuster, bleib bei deinem Leisten! Man sieht also, dass es sich lohnt, sich mit staatlichen Einrichtungen zu befassen, die man sonst eher selten im Blickhat. Viel Spaß bei der Lektüre dieses Heftes Sascha Rudat Chefredakteur Mehr zum Prüfbericht des BRH lesen Sie auf S. 56. Der Bundesrechnungshof (BRH) gehört zu den staatlichen Institutionen, von denen man immer wieder liest und hört, aber mit denen man sich – Hand aufs Herz – eher selten wirklich befasst. Dabei ist das eine beeindruckende Bundesoberbehörde, die sage und schreibe rund 1.050 Menschen an drei Standorten beschäftigt (Bonn, Berlin, Potsdam). Das jährliche Gesamtbudget der Behörde beträgt rund 187 Millionen Euro. Das klingt viel, aber es wird auch viel geprüft. Neun Prüfungsabteilungen befassen sich mit nicht weniger als 50 Prüfgebieten. Und eines davon ist Gesundheit. Doch obwohl es nur eines von rund 50 Gebieten ist, meldet sich der BRH in letzter Zeit erstaunlich oft zum Thema Gesundheit zu Wort. Und obwohl es hier zum größten Teil um Versicherten- und nicht um Steuergelder geht. Denn für die Prüfung der Verwendung letzterer ist der Bundesrechnungshof nach eigenen Angaben eigentlich zuständig: „Wir schauen genau hin, was mit den Steuergeldern passiert, machen Probleme transparent und sprechen Empfehlungen aus“, heißt es auf der Website. Nicht, dass Sie mich falsch verstehen: Natürlich muss mit den Versichertengeldern ebenfalls verantwortungsbewusst umgegangen werden, aber das ist dann doch eine etwas andere Baustelle als die Prüfung der Ausgaben für Brücken und Autobahnen. Aber wie viele Behörden scheint der Bundesrechnungshof auch der Versuchung erlegen, sich neue Aufgabenfelder zu erschließen. In einem aktuellen Prüfbericht hat er sich mit der „Extrabudgetären Vergütung von vertragsärztlichen Leistungen in der ambulanten Versorgung“ beschäftigt und kommt zu dem Schluss, dass der Ausgabenanteil extrabudgetärer Leistungen an der gesamten ärztlichen Vergütung wieder deutlich reduziert werden sollte. Ärztliche Leistungen sollten auskömmlich vergütet werden, die Ausgaben für die ambulante Versorgung sollten aber möglichst nicht unkontrolliert ansteigen können, heißt es in dem Bericht weiter. Extrabudgetäre Vergütungen sollten deshalb die Ausnahme bleiben. Dass der Bericht vom GKV-Spitzenverband begrüßt wird, verwundert nicht. Anders das Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung (Zi): Der Bericht sei rückwärtsgewandt und habe nicht die künftige Versorgung im Blick, heißt es von dort. Und man macht zu Recht darauf aufmerksam, dass die ärztlichen Leistungen, die zur Versorgung der Bevölkerung erbracht wurden, auch voll bezahlt werden sollten. Dies sei das „absolute Minimum der Ermöglichungspolitik“. Eigentlich banal und man fragt sich, ob der BRH beim Brückenbau ähnliche Maßstäbe wie bei der gesundheitlichen Versorgung anlegt. Wohl kaum. Die zahnärztliche Versorgung war zwar nicht Gegenstand dieses Prüfberichts, aber es gehört wenig Fantasie dazu, sich vorzustellen, was die obersten Kassenwarte zur extrabudgetären Vergütung im zahnärztlichen Bereich sagen würden. Dies vor dem Hintergrund, der aktuellen Forderung der Foto: Lopata/axentis

4 | INHALT 14 Der besondere Fall mit CME Wenn der Patient die Prothese nicht akzeptiert – obwohl sie lege artis angefertigt wurde. 64 Auszubildende strukturiert führen Fördern, fordern, leiten – wie Sie den Nachwuchs sicher durch den Praxisalltag begleiten MEINUNG 3 Editorial 6 Leitartikel 8 Leserforum POLITIK 12 KBV, KZBV und ABDA in der Bundespressekonferenz Heilberufler richten „Notruf“ an den Kanzler 24 Positionspapier des Arbeitskreises Ethik der DGZMK zur Zusammenarbeit von Zahnärzten und Zahntechnikern Weiterhin gemeinsam erfolgreich mit klarer Aufgabenverteilung 32 Belgisches Gesundheitsministerium schaltet sich ein Verkaufen rumänische Privatunis Zahnarzt-Diplome? 38 Elektronische Patientenakte BMG verteidigt Opt-out im Petitionsausschuss 56 Neuer Prüfbericht zur extrabudgetären Vergütung Bundesrechnungshof keilt gegen Entbudgetierung und TSVG-Vergütung 68 Hauptversammlung des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte in Lübeck „Der FVDZ muss Partner der Zahnärzte sein!“ 80 Arzneimittelknappheit in der Zahnarztpraxis Keine massiven Engpässe, aber Unmut ZAHNMEDIZIN 14 Der besondere Fall mit CME Wenn der Patient die Prothese nicht akzeptiert 30 Neue S3-Leitlinie zur periimplantären Weichgewebsaugmentation Welche Anforderungen stellt ein Implantat an das umliegende Gewebe? 46 Abschiedssymposium in Freiburg Der Hellwig geht in den Ruhestand 48 Interview mit Prof. Elmar Hellwig zu seinem Abschied „Die Wissenschaft hat in mir das Feuer entfacht!“ 70 Fallberichte aus der Allergologie Unverträglichkeitsreaktionen auf zahnärztliche Metalle 82 Geschiebeprothese versus verkürzte Zahnreihe Fehlende Molaren? Der Patientenwunsch entscheidet! Inhalt zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1858)

INHALT | 5 76 Healing Architecture Die Ausstellung „Das Kranke(n)Haus" im Architekturmuseum der Technischen Universität München zeigt, wie Architektur heilen hilft. TITELSTORY 40 Menopause und Mundgesundheit Wie die hormonellen Veränderungen in den Wechseljahren die orale Gesundheit beeinträchtigen können. TITELSTORY 40 Orale Symptome infolge der Wechseljahre Menopause und Mundgesundheit 44 Große Umfrage unter US-Amerikanerinnen Der Zusammenhang von Menopause und Mundgesundheit ist vielen unbekannt PRAXIS 34 Quereinsteigerinnen in der Zahnarztpraxis – Teil 3 Wie viel Potenzial steckt in Quereinsteigern? 64 Auszubildende strukturiert führen Fördern, fordern, leiten – mit Zielen zumZiel 74 Interview mit dem Oralchirurgen und Web-Entwickler Dr. Tilmann Seifert „Die Website ist das neue Praxisschild!“ GESELLSCHAFT 52 Widerstandskämpfer und „Staatsfeinde“ im „Dritten Reich“ Paul Rentsch (1898–1944) – Dentist und Mitglied der Gruppe „Europäische Union“ 76 Ausstellung „Das Kranke(n)Haus“ Wenn Bauten heilen helfen 86 30 Jahre Philipp-Pfaff-Institut Mit Mut und Geschwindigkeit durch die Krise MEDIZIN 58 Studienlage zu hochverarbeiteten Lebensmitteln Wie süchtig machen Tütensuppen, Chips und Tiefkühlpizza? 88 Operationszentrum für schwerstkranke Kinder in Datteln Eine perfekte Schnittstelle zwischen Medizin, Zahnmedizin, Anästhesie, Eltern und Station MARKT 91 Neuheiten RUBRIKEN 39 Bekanntmachungen 79 Formular 62 Termine 90 Impressum 110 Zu guter Letzt zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1859) Titelfoto: fizkes – stock.adobe.com

Die Welt ist in Aufruhr, neben dem andauernden Ukraine-Krieg ist nun der Nahe Osten und der Konflikt zwischen Israel und seinen Anrainerstaaten in den Mittelpunkt des medialen und politischen Interesses gerückt. Dennoch: Die Situation in der ambulanten Versorgung und in unseren Praxen macht uns große Sorgen und wir müssen diese Sorgen adressieren und Lösungen gerade auch im Sinne unserer Angestellten sowie unserer Patientinnen und Patienten – jetzt eventuell mit etwas mehr Fingerspitzengefühl – einfordern. Und daher bleibe ich bei folgendem politischen Befund: Die inhaber(in)- geführte „Hauszahnarztpraxis“ hat Deutschland mit an die Weltspitze der Mundgesundheit geführt. Dies belegen nicht zuletzt die Studien des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) eindrücklich. Die klassische Niederlassung selektiert ihre Patientinnen und Patienten nicht nach Rendite. Sie wird den Anforderungen des ländlichen Raumes besser gerecht als die meisten anderen Praxis-Settings. Gleichzeitig arbeitet sie gemeinwohlorientierter, als Investoren oder die öffentliche Hand dies organisieren könnten. Die „Hauszahnarztpraxis“ im Sinne eines „Grundversorgers“ deckt den Großteil der Patientenbedürfnisse in hoher Qualität und bei herausragender Patientenzufriedenheit ab und stützt sich regelmäßig auf ein streng qualitätsorientiertes Überweiser-Netzwerk. Unser aktuelles Problem Die damit verbunden Chancen verschwinden jedoch derzeit hinter einem anderen Problem: Die Studie „Berufsbild angehender und junger Zahnärztinnen und Zahnärzte“ des IDZ – und nicht nur sie – lässt erkennen, dass es unter jungen Kolleginnen und Kollegen einen Trend zur Anstellung und gegen die Niederlassung in eigener Praxis zu geben scheint. Das Image der eigenen Praxis hat also gelitten. Besonders deutlich zeigt sich diese Entwicklung im ländlichen Raum. Drei Gründe stehen dabei im Vordergrund: ƒ Die Gesundheitspolitik in Deutschland hat viel zu lange Geld und Ressourcen in den stationären Bereich mit angestellten Ärztinnen und Ärzten gesteckt. Die eigen-verantwortliche ambulante „Grundversorgung“, zu der die Zahnmedizin zählt, wurde mehr und mehr vernachlässigt. ƒ Übertriebene und widerlegte Äußerungen nach dem Motto, die „kleine Praxis“ werde den Anforderungen an moderne Zahnmedizin nicht mehr gerecht, eine Landpraxis sei finanziell nicht ausreichend auskömmlich und nur die Anstellung mache Verwaltung und Bürokratie erträglich, haben ebenfalls zu dem schlechten Image beigetragen. ƒ Dieses negative Image trifft auf junge Menschen, die nach der aktuellen Sichtweise ihren Schwerpunkt neben der Arbeit auch auf andere Faktoren wie Work-Life-Balance legen und die sich mit langfristiger ortsfester Lebensplanung schwerer tun. Unsere Lösungsansätze Nun steht die Gesundheitsversorgung in Deutschland vor weitreichenden Veränderungen, die zu einem neuen Verständnis von stationärer und ambulanter Versorgung führen sollen. Dabei sind es vor allem Tendenzen hin zu einer staatsnahen neuen Versorgungssäule, die wir sehr kritisch sehen: kostenintensive Doppelstrukturen, Großeinheiten in Konkurrenz zur bestehenden ambulanten Versorgung. Die selbstgesteckten Ziele des Koalitionsvertrags würden konterkariert. Wir müssen daher unseren Denkanstößen und Forderungen zur Stärkung der klassischen ambulanten Versorgung als Nukleus einer zukünftigen zahnärztlichen Versorgung zuspitzen, und damit auch die Versorgung in ländlichen Gegenden sicherstellen, ohne aufwendige und teurere Doppelstrukturen zu schaffen. Es ist unsere gemeinsame Aufgabe, die „kleine Praxis“ mit ihren besonderen Nöten und Bedürfnissen – neben anderen Strukturen, die im Rahmen einer diverser werdenden Versorgungslandschaft entstehen werden – wieder mehr in den Fokus der Politik, aber auch der Selbstverwaltung zu rücken. Entbudgetierung und Ambulantisierung können dabei durchaus hilfreich wirken. Und ersten Weichenstellungen in Richtung Poliklinikstrukturen oder „deutsches NHS“ müssen wir massiv begegnen. Im Sinne unserer Patientinnen und Patienten, aber auch in unserem eigenen Interesse! Prof. Dr. Christoph Benz Präsident der Bundeszahnärztekammer Chancen der zahnärztlichen Niederlassung 6 | LEITARTIKEL Foto: GEORG JOHANNES LOPATA-AXENTIS.DE

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zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1862) Leserforum Ich zitiere aus diesem überschwänglichen Leserbrief, der auch aus der „Marketingabteilung“ eines neuen MVZ stammen könnte: „Der Verkauf lief völlig problemlos, alles zu einem absolut fairen Verkaufspreis [...]. Ich habe sehr viel Urlaub, generell mehr Freizeit, eine faire Bezahlung [...]. Ich mache nun das, was mir immer am meisten Spaß gemacht hat. Einfach Patienten behandeln [...]. Der neue Besitzer hat [...] sehr viel Geld investiert. Allein ins äußere Erscheinungsbild der Praxis – es wurde alles komplett renoviert und auf einen modernen Stand gesetzt. Auch die technische Ausstattung wird fortlaufend [!] erneuert.“ Moment mal: Ist das glaubhaft? Wie sieht denn da die Betriebswirtschaft aus? Das führt dann auch zu der Frage: Was gibt es denn fortlaufend noch zu erneuern („komplette Renovierung / moderner Stand“)? Wo bleibt denn da noch eine Rendite? Dieser Text ist damit letztlich sehr blauäugig, durch seine offensichtliche, überschwängliche Übertreibung und Realitätsferne, unter vollständiger Ausblendung betriebswirtschaftlicher Hintergründe. Denn gerade die wären nun interessant: Wie macht der neue Eigentümer das eigentlich? Solche geradezu paradiesischen Verhältnisse in einer Praxis wären ganz sicher defizitär, mit einem Punktwert von 1988 zumal. Lohnen könnte sich das letztlich nur durch einen baldigen, sehr profitablen Weiterverkauf ... nach Art einer „Heuschrecke“. Kann das dann noch ein „Vorbild“ sein? Andererseits fragt sich der Leser: Was muss dieser Kollege vorher falsch gemacht haben, wenn sich so vieles nach dem Verkauf seiner Praxis derart drastisch verbessert hat? Alles? Auch das scheint mir nicht realistisch. Dr. Paul Schmitt, Frankfurt am Main MVZ-ANSTELLUNG Ist das glaubhaft? Zum Leserbrief „Positive Praxisverkauf-Erfahrung“ in der zm 19/2023, S. 8. Die zm-Redaktion ist frei in der Annahme von Leserbriefen und behält sich sinnwahrende Kürzungen vor. Außerdem behalten wir uns vor, Leserbriefe auch in der digitalen Ausgabe der zm und bei www.zm-online.de zu veröffentlichen. Bitte geben Sie immer Ihren vollen Namen und Ihre Adresse an und senden Sie Ihren Leserbrief an leserbriefe@zm-online.de oder an die Redaktion: Zahnärztliche Mitteilungen, Chausseestr. 13, 10115 Berlin. Anonyme Leserbriefe werden nicht veröffentlicht. Foto: ©Federico Rostagno - stock.adobe.com

Kinder. Zähne. Gärtnern. Und wofür brauchen Sie mehr Zeit? Mehr Selbstbestimmung und Flexibilität durch die eigene Praxisgründung – darauf setzt Dr. Katharina Albertsen. Finanziell das große Ganze im Blick zu behalten, ist dabei unser Job. Was immer Sie bewegt, sprechen Sie mit uns. > apobank.de/gruenden Dr. Katharina Albertsen Zahnärztin und Mutter von vier Kindern, Varel

zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1864) 10 | LESERFORUM MODERNER PULPASCHUTZ Unterfüllen oder nicht? Zum Artikel „Biokompatibilität von Füllungsmaterialien: Welchen Schutz bekommt die Pulpa?“ in zm 19/2023, S. 40–46. Leider wird eine zentrale Behauptung nicht belegt: „Jedes präparierte Dentin am vitalen schmerzsymptomlosen Zahn muss mit einem biokompatiblen Pulpaschutz überall dort, wo die Dentintubuli einen Zugang zur Pulpa haben, abgedeckt werden. Dafür sind Zink-Phosphat-Zemente und Glasionomerzemente ohne Zweifel am besten geeignet.“ Was international zu dieser Frage an systematischen Übersichtsarbeiten veröffentlicht wurde [Arandi et al., 2020; Igor et al., 2019; Blum et al., 2018; Schenkel et al., 2016], weist aber in die gegenteilige Richtung, die sich so zusammenfassen lässt: „Die besten verfügbaren Belege deuten darauf hin, dass Zahnärzte Komposite im Seitenzahnbereich ohne Unterfüllungen legen können, außer solchen zu therapeutischen Zwecken, ohne nachteilige Auswirkungen auf postoperative Komplikationen, mit möglichen Leistungsverbesserungen im klinischen Gebrauch und mit Effizienzeinsparungen bei der Behandlungszeit“ [Blum et al., 2018]. Michael Logies, Wallenhorst Arandi NZ, Rabi T. Cavity Bases Revisited. CCIDE. 2020;12:305-312. doi:10.2147/ CCIDE.S263414 Igor B, Wilson N. Consequences of no more linings under composite restorations. British Dental Journal. 2019;226:749-752. doi:10.1038/s41415-019-0270-2 Blum IR, Wilson NHF. An end to linings under posterior composites? J Am Dent Assoc. 2018;149(3):209-213. doi:10.1016/j.adaj.2017.09.053 Schenkel AB, Peltz I, Veitz-Keenan A. Dental cavity liners for Class I and Class II resinbased composite restorations. Cochrane Database Syst Rev. 2016;10(10):CD010526. doi:10.1002/14651858.CD010526.pub2 Antwort von Prof. Dr. Peter Gängler, Autor des Artikels „Biokompatibilität von Füllungsmaterialien: Welchen Schutz bekommt die Pulpa?“ in zm 19/2023, S. 40–46. Lieber Herr Kollege Logies, vielen Dank für Ihren Leserbrief, der tatsächlich das Dilemma des Pulpaschutzes in der Praxis aufgreift. Sie zitieren unter anderen den Cochrane-Report von 2016, später heißt es im Update von 2019: „There is inconsistent, low-quality evidence regarding the difference in postoperative hypersensitivity subsequent to placing a dental cavity liner under Class I and Class II posterior resinbased composite restorations in permanent posterior teeth in adults or children 15 years or older“ [Schenkel et al., 2019]. Wenn man die Biokompatibilität allein aus der postoperativen Hypersensibilität, die tatsächlich eine akute Pulpitis ist, betrachtet, erreicht man eine Evidenz von niedriger Qualität, man missachtet die ISO-Normen der Bestimmung der Biokompatibilität aller dentalen Biomaterialien in ISO 19993, 1 – 20 von 2018–2021 und insbesondere die Prüfnormen der ISO/TC 106 7405 von 2018 (die alle fünf Jahre, also in diesem Jahr, dem wissenschaftlichen Stand angepasst werden), die zwingend die Pulpa-Dentin-Anwendungsprüfung für Füllungsmaterialien vorsehen und urteilt aus den klinischen Daten und mitunter aus Zytotoxizitätstesten. Aber ein entscheidender Pulpaschaden lässt sich so weder bestimmen noch ausschließen. Und ob im Gefolge eines Präparationstraumas oder einer Monomerschädigung 5, 20 oder 60 Prozent aller nächstgelegenen primären Odontoblasten untergehen, ist für die Vitalerhaltung von klinischer Bedeutung. Als die Glasionomerzemente vor mehr als einem halben Jahrhundert entwickelt wurden, unterlagen sie einer normgerechten Biokompatibilitätstestung, und sie waren so pulpaschonend wie die seit mehr als vor einem Jahrhundert eingeführten Zink-PhosphatZemente [Benkert et al., 1987; Beer et al., 1990; Nicholson et al., 1991]. Für lichthärtende GIZ und Composite-Materialien ohne Pulpaschutz steht diese Evidenz bis heute aus. Wir kennen die genaue Pulpaentfernung vom Kavitätenboden oder von der Kronenpräparation nicht, wir wissen nicht, wie viele offene Dentintubuli die Pulpa erreichen, also warum nicht den bestmöglichen Schutz als Unterfüllung oder Befestigungszement, den die moderne Zahnmedizin bietet, anwenden? Das ist keine Spitzfindigkeit, sondern eine Verhütung von ungezählten Wurzelkanalbehandlungen. Und warum sollen wir mit einer Evidenz von niedriger Qualität zufrieden sein, wenn es eine größtmögliche Evidenz aus der Pulpa-Dentin-Anwendungsprüfung gibt, die einen Pulpaschaden durch das Füllungsmaterial ausschließt. Nicht umsonst werden Biokompatibilitäts-Tests der Zemente bis in unsere heutige Zeit durchgeführt – sie zeigen eine deutlich höhere Gewebeverträglichkeit gegenüber CompositeMaterialien [Kotha et al., 2023]. Mit vielen Grüßen, Ihr Peter Gängler Nicholson JW, Braybrook JH, Wasson EA. The biocompatibility of glass-poly(alkenoate) (Glass-Ionomer) cements: a review. J Biomater Sci Polym Ed. 1991;2(4):277-85. doi: 10.1163/156856291x00179. PMID: 1663390. Kotha AK, Nicholson JW, Booth SE. Biological Evaluation of Zinc Phosphate Cement for Potential Bone Contact Applications. Biomedicines. 2023 Jan 18;11(2):250. doi: 10.3390/biomedicines11020250. PMID: 36830786; PMCID: PMC9953316. Benkert O, Beer R, Gängler P, Koch I. Biologisch-experimentelle Untersuchungen zahnärztlicher Füllungswerkstoffe im Anwendungstest am Hausschwein. Zahn-Mund-Kieferheilkd. 1987;75: 555-61. Beer R, Gängler P, Wutzler P, Krehan F. Vergleichende biologische Prüfung des Glasionomerzementes Ketac-Bond. Dtsch Zahnärztl Z. 1990; 45: 202-8. Schenkel AB, Veitz-Keenan A. Dental cavity liners for Class I and Class II resin-based composite restorations. Cochrane Database Syst Rev. 2019 Mar 5;3(3):CD010526. doi: 10.1002/14651858.CD010526.pub3. PMID: 30834516; PMCID: PMC6399099.

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12 | POLITIK zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1866) KBV, KZBV UND ABDA IN DER BUNDESPRESSEKONFERENZ Heilberufler richten „Notruf“ an den Kanzler Eine spürbare Verschlechterung der flächendeckenden und wohnortnahen Versorgung sei absehbar, sollte sich an dem schlingernden Politikkurs von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nicht schnell etwas ändern. So lautete die Warnung von Kassenärztlicher und Kassenzahnärztlicher Bundesvereinigung (KBV und KZBV) sowie der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). Am 19. Oktober richteten Martin Hendges, Dr. Andreas Gassen und Gabriele Regina Overwiening in der Bundespressekonferenz in Berlin einen gemeinsamen „Notruf“ an Kanzler Olaf Scholz. Die einzelnen Probleme seien zwar grundsätzlich nicht neu, die Ernsthaftigkeit der daraus resultierenden Bedrohungslage dann aber doch. Konkret drohe das Zusammenspiel von Bürokratie- und Sparwahn, holpriger Digitalisierung, dem belastenden Fachkräftemangel, der Arzneimittel-Lieferengpässe und dem geringem Verständnis des Ministers für eine präventive Versorgung die bestehenden Strukturen „unwiederbringlich zu zerstören“. MartinHendges,Vorstandsvorsitzender der KZBV, schilderte die „verheerenden Folgen in der Versorgung von Patientinnen und Patienten mit Parodontitis“, die sich aus der strikten Budgetierung des GKV-Finanzstabilisierungsgesetzes (GKV-FinStG) ergeben. Das Spargesetz von Lauterbach grätschte – wie vorhergesagt – mitten in die Einführungsphase der neuen, präventionsorientierten Behandlungsstrecke zur Bekämpfung der Parodontitis. Jetzt zeige der Evaluationsbericht von KZBV und der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie (DG PARO), dass die Zahl der Neubehandlungsfälle für die dreijährige PAR-Behandlungsstrecke eklatant eingebrochen ist. „Das hat fatalen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung“ 2024 werde sich diese Problematik durch das GKV-FinStG weiter verschärfen, erläuterte Hendges, da nur noch die Mittel für die unterstützende Parodontitistherapie bei bereits laufenden Behandlungen aus den Vorjahren zur Verfügung stehen – „mit fatalen Folgen für die Gesundheit der Bevölkerung“. Mit Blick auf die Folgekosten nicht frühzeitig behandelter Parodontitis, die sich allein im zahnärztlichen Bereich auf rund 200 Millionen Euro jährlich summieren, sei die Haltung Lauterbachs obendrein unsinnig. Dem pflichtete KBV-Chef Dr. Andreas Gassen bei: In der aktuellen Gesundheitspolitik der Ampel-Regierung könne „niemand eine ordnende Hand oder ein strategisches Ziel erkennen“. Die Politik des Ministers laufe darauf hinaus, die ambulanten Strukturen mit selbstständigen Freiberuflern als Rückgrat der Versorgung zu zerstören. ABDA-Präsidentin Gabriele Regina Overwiening bestätigte die Bewertung ihrer Kollegen. „In der LieferengpassKrise beweisen die Apotheken erneut, wie wichtig sie für die Daseinsvorsorge sind“, sagt sie. Doch trotz steigender Kosten sei die Vergütung seit 2013 eingefroren. mg Zeigten Einigkeit (v.l.): Martin Hendges, Vorstandsvorsitzender der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV), Dr. Andreas Gassen, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung (KBV) und Gabriele Regina Overwiening, Präsidentin der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände. Foto: zm_mg

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14 | ZAHNMEDIZIN DER BESONDERE FALL MIT CME Wenn der Patient die Prothese nicht akzeptiert Lars Straßburger, Monika Bjelopavlovic, Peer W. Kämmerer Am Anfang jeder prothetischen Therapie steht die Entscheidung, ob der Zahnersatz festsitzend oder herausnehmbar konstruiert werden soll. Dabei unterscheiden sich die Vorstellungen des Patienten häufig vom Therapieoptimum aus zahnärztlicher Sicht. Der zum Zeitpunkt des Erstbefunds 79-jährige Mann stellte sich auf Eigeninitiative zwecks prothetischer Neuversorgung in der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde der Universitätsmedizin Mainz vor. Allgemeinanamnestisch imponierten ein Diabetes mellitus Typ 2 (HbA1c 6,2–6,7 Prozent) und eine arterielle Hypertonie. Der Patient stand unter der Dauermedikation von Metformin 500 mg, Ramipril 5 mg, Torasemid 10 mg, Metohexal 47,5 mg, Simvastatin 20 mg, Tamsulosin 0,4 mg und 3 mg Marcumar (INR 2,5–2,8) bei Zustand nach einer Bypass-Operation im Jahr 2019. Klinisch zeigten sich im Oberkiefer insuffiziente, verblockte und verblendete NEM-Kronen mit beidseitigen GoldExtensionen distal, die über Geschiebe mit dem anterioren Anteil verschraubt waren (Abbildungen 1 und 2). Der Patient berichtete, dass die vorhandenen Kronen und Brücken 1984 eingesetzt worden seien. Besonders auffällig war eine Dezementierung, die klinisch durch rechtsseitigen Druck und Zug mit einer Pinzette und daraufhin austretende Sulkusflüssigkeit in Regio 14 detektiert wurde. Da entsprechend des synoptischen Behandlungskonzepts [Naumann et al., 2010] bei prothetischer Neuversorgung eine gesamte Evaluation der Restpfeiler erfolgen muss, wurden zunächst die Kronen im Oberkiefer durch Schlitzen und Aufbiegen entfernt. Erst danach ließ sich deren Erhaltungswürdigkeit abschließend beurteilen. So war der Zahn 14 tief kariös zerstört und nicht-erhaltungswürdig, was mit dem Bild der wahrscheinlich seit Längerem bestehenden Dezementierung korrelierte (Abbildung 3). Die Brücken im Unterkiefer wurden als suffizient befundet. Die Ruheschwebelage wurde mithilfe des Zielinsky-Zirkels auf 2 mm bestimmt. Parodontologisch zeigten sich stabile Verhältnisse. Ein ParoFoto: Universitätsmedizin Mainz zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1868) Eingegliederte Teleskopprothese Abb. 1: klinischer Situs bei Erstvorstellung Abb. 2: korrespondierende Panoramaschichtaufnahme bei Erstvorstellung

ZAHNMEDIZIN | 15 zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1869) Abb. 4: Vorbereitung und Anfertigung eines Langzeitprovisoriums BEFUNDSCHEMA TT 5/4 2/3 3/2 3/2 2/2 2/3 3/2 LG I 0 I I I 0 0 ViPr − − + + − + + Befund f f f f x wwwwwwwwf ww ww f f f f Zahn 18 17 16 15 14 13 12 11 21 22 23 24 25 26 27 28 Zahn 48 47 46 45 44 43 42 41 31 32 33 34 35 36 37 38 Befund k b k k k k b k pk ViPr + + ++++++++++ + + LG I 0 0 0 0 I I I I 0 0 0 0 I TT 3/3 3/2 2/2 2/2 3/2 2/2 2/2 2/2 2/2 2/2 2/2 2/3 2/3 3/3 Tabelle 1: Befundschema des Patienten Abb. 3: klinischer Situs bei Erstvorstellung nach Entfernung der Kronen im Oberkiefer (a) sowie der entfernte Zahnersatz (b und c) Fotos: Universitätsmedizin Mainz dontaler Screening-Index (PSI) wurde erhoben (3-1-1-1-2-2). Der hier auffällige Zahn 14 wurde bereits zuvor beim klinischen Befund als nicht-erhaltungswürdig eingestuft und im Verlauf extrahiert. Nach Durchführung einer Professionellen Zahnreinigung wurde auf eine intensive parodontologische Therapie verzichtet, da sich bei den Folgeterminen auch die stellenweise auftretenden blutenden Papillen auf Sondieren verbesserten. Das funktionelle CMDScreening zeigte eine nicht-druckdolente Kaumuskulatur sowie eine symmetrische, uneingeschränkte Mundöffnung ohne Reiben und Knacken. Tabelle 1 zeigt das entsprechende Befundschema nach der Entfernung der insuffizienten Kronen im Oberkiefer mit den Taschentiefen mesial und distal (TT), den Lockerungsgraden (LG) und den Sensibilitätsüberprüfungen mittels Kältespray (ViPr). Übergangsweise wurden die verbliebenen Stümpfe mit einem festsitzenden Langzeitprovisorium aus einem Hochleistungspolymer der PET-Gruppe versorgt (Abbildung 4), um Stabilität über einen längeren Zeitraum gewährleisten a c b

zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1870) 16 | ZAHNMEDIZIN zu können. Nach der Extraktion des Zahnes 14 und der Abheilung der Extraktionswunde wurde der Patient über die Optionen des definitiven Zahnersatzes aufgeklärt: n Festsitzend mittels Kronen 13–11 + 24, Brücke 21–b–23 + Implantatkronen in Regio 15–14 + 25 n Herausnehmbar mittels gaumenfreier Teleskopprothese auf den verbleibenden sechs OberkieferZähnen n Herausnehmbar mittels Klammerverankerter Modellgussprothese auf sechs neuen Kronen Der Patient entschied sich nach ausreichender Bedenkzeit für die herausnehmbare Teleskopprothese. Da er ein Transpalatinalband total ablehnte, wurde ihm als Kompromiss in Aussicht gestellt, dass man bei der hohen Anzahl der Pfeilerzähne auf eine Gaumenabdeckung verzichten könne. Ebenso wurde dem Patienten als weiterer maximaler Kompromiss angeboten, auf eine Fassung beider Tubera zu verzichten, da diese bereits zeitlebens nicht gefasst waren und auch hier ein stark reduziertes Adaptationsvermögen erwartet wurde. Bei allen Therapievarianten fand das Konzept der verkürzten Zahnreihe Berücksichtigung [Fueki und Baba, 2017; Reissmann et al., 2019; Schierz et al., 2021]. Für den Patienten spielten zudem noch die geringere Behandlungsdauer und die Kosten eine große Rolle. Eine Klammer-verankerte Modellgussprothese als Regelversorgung der gesetzlichen Krankenkasse kam aus ästhetischen Gründen für den Patienten nicht infrage. Die Stümpfe wurden folglich zur Aufnahme von Teleskopkronen präpariert und mittels Doppel-Fadentechnik für die konventionelle Abformung mit dem Polyether vorbereitet. Nachdem das zahntechnische Labor die NEMPrimärteleskope hergestellt hatte, wurden sie am Patienten anprobiert und mit einem Tropfen provisorischen Zements auf den Stümpfen fixiert (Abbildung 5a), um sie anschließend in der Fixationsabformung mit abzuformen (Abbildung 5b). Auf dem Meistermodell wurde vom Labor nun der Wachswall zwecks Kieferrelationsbestimmung hergestellt. Nach Überprüfung der Ruheschwebelage von 2 mm wurde der Wachswall verschlüsselt. Bei der Gesamtanprobe konnte neben der Kontrolle der statischen/dynamischen Okklusion und der Ästhetik das spannungsfreie Gleiten des Prothesengerüsts in die Primärteleskope überprüft werden. Schließlich erfolgte die Eingliederung der fertigen Teleskopprothese (Abbildung 6). Die Primärteile wurden mit Glasionomerzement auf den Stümpfen zementiert. Nach Entfernung der Zementreste und der erneuten Überprüfung der statischen und der dynamischen Okklusion, ist das gemeinsame Üben des Ein- und Ausgliederns der Prothese gerade bei dieser Art der Arbeit unabdingbar. Eine ausführliche Aufklärung über die Reinigung, Handhabung und das Recall folgte. Auch wenn der Zahnersatz einwandfrei konstruiert und geplant wurde, stellte der Patient sich in den kommenden Wochen immer wieder mit Problemen beim Herausnehmen der Prothese vor. Auch dezementierte sich das Teleskop an Zahn 23 wiederholt. Zudem beklagte der Patient, dass er generell schlecht mit der Versorgung zurechtkomme. Ihm komme alles „zu dick“ und „zu massiv“ vor. Bereits bei der Aufklärung war deutlich zur Sprache gekommen, dass durch die Konstruktionsart des Zahnersatzes mit drei Schichten (PriAbb. 5: Fixierung der NEM-Kronen (a) und Abformung (b) Eingegliederte Teleskopprothese Abb. 6: Eingliederung der Teleskopprothese Fotos: Universitätsmedizin Mainz ZM-LESERSERVICE Die Literaturliste kann auf www.zm-online.de abgerufen oder in der Redaktion angefordert werden. a b

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zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1872) 18 | ZAHNMEDIZIN mär-, Sekundärteleskop und Verblendung) sowohl ästhetische Einbußen als auch Adaptationsschwierigkeiten gegenüber dem vorigen festsitzenden Zahnersatz zu erwarten seien. Allgemein gelten in der Literatur viele subjektiv gescheiterte, aber objektiv suffiziente Therapieversuche als ein typisches Zeichen einer somatoformen Prothesenintoleranz [Müller-Fahlbusch, 1992]. Des Weiteren werden Beschwerden beschrieben, die nicht ins Bild der jeweiligen Befundsituation passen [Marxkors, et al., 1993]. Die Beschwerden bestehen in der Regel länger als sechs Monate und lassen keine oder zumindest keine direkten Schlüsse auf einen Mangel der prothetischen Arbeit zu [Marxkors und Müller-Fahlbusch, 1976]. Da die Adaptation an den herausnehmbaren Zahnersatz über ein halbes Jahr hinweg ausblieb und der Patient aufgrund der sehr hohen Erwartungshaltung an den Zahnersatz die Situation schließlich nicht weiter tolerieren wollte, wurde nun doch der Weg der festsitzenden Therapiealternative mit dem damit verbundenen chirurgischen Part forciert angestrebt. Nach Durchführung einer dentalen Volumentomografie (DVT) wurden daher zahnärztliche Implantate in Regio 14, 15 und 25 im Sinne einer verkürzten Zahnreihe geplant und inseriert (Abbildung 7). Nach dreimonatiger subgingivaler, konventioneller Einheilzeit wurden die Implantate freigelegt. Zwei Wochen später begann man die vorhandenen Primärkronen zu entfernen. Die Stümpfe wurden nachpräpariert und es wurden erneut Fäden gelegt (Abbildung 8a und 8b). Nachdem die Einheilkäppchen entfernt und die Scanbodies in die Implantate eingeschraubt wurden, erfolgte der Intraoralscan (Abbildung 8c). Der festsitzende Zahnersatz wurde im zahntechnischen Labor designt und aus monolithischem Zirkonoxid gefräst. Die Kronen konnten schließlich selbstadhäsiv auf den Stümpfen befestigt werden. Das Einschrauben der Implantatkronen erfolgte mit Drehmomentschlüssel auf 35 Ncm nach Herstellerangabe. Die Schraubkanäle wurden anschließend verschlossen. Mit dem Endergebnis (Abbildung 8d) zeigte sich der Patient auch im Recallverlauf hochzufrieden. Abb. 7: Additive Insertion von drei Implantaten (Panoramaschichtaufnahme) Abb. 8: Nachpräparation der Stümpfe und Einbringen der Scanbodies (a u. b), digitaler Intraoralscan (c) und das klinische Ergebnis (d) Fotos: Universitätsmedizin Mainz a c d b

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20 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1874) Um den Sitz der Implantatkronen nach dem Einsetzen zu prüfen, wurden intraorale Tubusaufnahmen im Sinne eines Baseline-Röntgens angefertigt (Abbildung 9). In den Folgeterminen wurde dem Patienten noch eine Aufbissschiene für den Oberkiefer eingegliedert, um etwaigem nächtlichen Bruxismus vorzubeugen. Für die Nachsorge empfiehlt sich ein halbjährliches Kontrollintervall. Der Fall zeigt einen sehr hohen Behandlungsaufwand mit einer Behandlungsdauer von etwa zwei Jahren (Abbildung 10). Auf zum Teil notwendige endodontische Behandlungen wurde hier aus Gründen der Übersichtlichkeit nicht näher eingegangen. Diskussion Immer wieder stößt herausnehmbarer oder kombiniert festsitzend-herausnehmbarer Zahnersatz in Bezug auf die Patientenzufriedenheit an seine Grenzen. Gerade bei älteren Patienten, die ihr ganzes Leben lang festsitzend versorgt waren, wird die Adaptationsgrenze durch einen herausnehmbaren Zahnersatz schnell überschritten. Denn geriatrische Patienten zeigen nicht selten ein stark reduziertes Adaptationsvermögens [Bär et al., 2009] und können die notwendigen neuen Reflexe nur vermindert oder gar nicht mehr ausbilden [Stiesch und Bremer, 2008]. Sofern eine iatrogene und werkstoffbedingte Prothesenintoleranz ausgeschlossen wurde, kommt eine somatoforme Prothesenintoleranz infrage, die in der Literatur mit unspezifischen Symptomen wie Schmerz, Mundschleimhautbrennen und/oder Gewöhnungsstörungen an den Zahnersatz sowie insbesondere Zubissschwierigkeiten [Wolowsk et al., 2021] angegeben werden. Wenn ansonsten weder funktionelle noch psychogene Ursachen herangezogen werden können, kann wieder eine rein festsitzende Versorgung Abhilfe verschaffen. Hier ist am ehesten eine rasche Gewöhnung an den Zahnersatz zu erwarten, sofern der Patient zuvor schon festsitzend versorgt war [Stiesch und Bremer, 2008]. Oftmals ist dies aber nicht ohne Insertion von zahnärztlichen Implantaten – wie im vorliegenden Fall – zu realisieren. Die modernen digitalen CAD/ CAM-gestützten Versorgungsmöglichkeiten von Zähnen und Implantaten ermöglichen bei der prothetischen Versorgung eine schnelle, suffiziente und teilweise kostengünstigere Alternative zu konventionellen Abformmethoden. In der Literatur geht implantatgestützter Zahnersatz mit erhöhter Patientenzufriedenheit einher, insbesondere wenn die Adaptation an einen konventionellen herausnehmbaren Abb. 10: Klinischer Situs zur Erstvorstellung (a), nach Einbringen der initialen Teleskopprothese (b), nach Einbringen eines Provisoriums (c) sowie die definitive Versorgung (d) CME AUF ZM-ONLINE Wenn der Patient die Prothese nicht akzeptiert Für eine erfolgreich gelöste Fortbildung erhalten Sie zwei CME-Punkte der BZÄK/DGZMK. a c d b Fotos: Universitätsmedizin Mainz

Alle Informationen und Anmeldung auf unserer Website unter www.swissdentalsolutions.com/ kurse/signature-days KURSZEITEN: jeweils 9:00 – 17:00 UHR 13. November 2023 14. November 2023 Alle Termine finden in der SWISS BIOHEALTH CLINIC und im SWISS BIOHEALTH EDUCATION CENTER in Kreuzlingen statt. Dr. Karl Ulrich Volz Pionier der Keramikimplantologie und Inhaber der SDS SWISS DENTAL SOLUTIONS Schauen Sie dem Pionier der Keramik-Implantologie Dr. Ulrich Volz über die Schulter und profitieren Sie von seiner unglaublichen Erfahrung von über 26.000 persönlich gesetzten Keramik-Implantaten. Mit Unterstützung seines grossen und ausgezeichneten Chirurgen-Teams operiert Dr. Volz auf 4 OP´s die wesentlichen Elemente jeder OP, welche über je 5 Kanäle für die Teilnehmer auf den Grossbildschirm im SWISS BIOHEALTH EDUCATION CENTER live übertragen werden. So bekommen die Hospitations-Teilnehmer eine Fülle an Implantaten und Diversität an Fällen zu sehen, wie sonst nirgendwo. Die Hospitanten können entweder das Geschehen ganz entspannt aus dem Vortragsraum verfolgen oder direkt in einem der vier OP’s anwesend sein und die Teamarbeit noch direkter analysieren. Dr. Volz kommentiert seine Operationen und Entscheidungen durchgehend live und steht zwischen den Operationen für Fragen im EDUCATION CENTER zur Verfügung. NEUER KURS: Dr. Ulrich Volz SIGNATURE DAYS SDS Deutschland GmbH Bücklestrasse 5a 78467 Konstanz | Deutschland SDS SWISS DENTAL SOLUTIONS AG Konstanzerstrasse 11 8280 Kreuzlingen | Schweiz Hotline +49 7531 89 16 86 0 info@swissdentalsolutions.com www.swissdentalsolutions.com Hotline +41 71 556 36 70 info@swissdentalsolutions.com www.swissdentalsolutions.com Letzte Chance im Jahr 2023!

22 | ZAHNMEDIZIN zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1876) Zahnersatz gescheitert ist [Sharka et al., 2019]. In den meisten wissenschaftlichen Untersuchungen wird hier jedoch die Gruppe der Zahnlosen untersucht, die zumeist einen hohen Benefit bei implantatgestützter Totalprothetik aufweisen [Beresford und Klineberg, 2018; ELsyad et al., 2019; Mumcu et al., 2020]. Interessanterweise konnten in einem Review von Yao et al. in diesem Zusammenhang keine signifikanten Unterschiede zwischen festsitzenden, implantatgetragenen Suprakonstruktionen und herausnehmbaren, implantatgestützten Suprakonstruktionen bezogen auf die Patientenzufriedenheit festgestellt werden [2018], jedoch war eine Tendenz hin zum festsitzenden Zahnersatz zu verzeichnen. Dieses Ergebnis wurde in einem Review und einer Metaanalyse von Borges et al. unterstützt, in dem sowohl die Lebensqualität als auch die Stabilität und die Kaufunktionalität bei festsitzenden Suprakonstruktionen besser abschnitten [2020]. Unser Patient wies eine stark bis extrem verkürzte Zahnreihe auf [Augthun und Mundt, 2008], folglich war sowohl über einen konventionellen herausnehmbaren Zahnersatz als auch über die Wiederherstellung der verkürzten Zahnreihe bis zum ersten Molar aufzuklären [Schierz et al., 2021]. Fazit In diesem Patientenfall konnte deutlich aufgezeigt werden, dass die Umstellung auf herausnehmbaren Zahnersatz nach bis dato lebenslang festsitzender Versorgung eine Herausforderung für den Behandler sein kann. Trotz einer Durchführung lege artis kam es zu keinem zufriedenstellenden Patientenergebnis, obwohl zum Teil erhebliche Kompromisse bei der Konstruktion des herausnehmbaren Zahnersatzes eingegangen worden waren. Daher empfiehlt es sich, eine Testphase für herausnehmbaren Zahnersatz mit Interimsprothesen vorzuschalten, bevor ein labor- und kostenintensiver, definitiver Zahnersatz hergestellt und inkorporiert wird. Da der alternative festsitzende Zahnersatz häufig nur durch Implantate realisiert werden kann, sind der Behandlungsaufwand und die Behandlungsdauer sowie generell eine kostenintensivere Behandlung oftmals maßgebliche Faktoren bei der Entscheidungsfindung. Die modernen CAD/CAM-gestützten Verfahren (Intraoralscan, digitales Design und Herstellung der Kronen/Brücken) sowie eine monolithische Materialwahl können hierbei teilweise die Herstellung der prothetischen Versorgung kosteneffizient unterstützen. n Abb. 9: Einzelzahnfilme der Implantate Regio 14, 15 und 25 nach Einsetzen der prothetischen Restauration FAZIT FÜR DIE PRAXIS n Sollte bei älteren Patienten, die zeitlebens festsitzend versorgt waren, ein herausnehmbarer Zahnersatz ab einem bestimmten Zeitpunkt nicht länger vermeidbar sein, sollte zunächst eine Testphase durchgeführt werden. n Diese Testung kann kostengünstig und schnell mit provisorischen Interimsprothesen erfolgen. n Die modernen CAD/CAM-gestützten Verfahren können bei der Herstellung des definitiven Zahnersatzes eine schnelle, suffiziente und teilweise kostengünstigere Alternative zu konventionellen Abformmethoden darstellen. Dr. med. dent. Lars Straßburger Assistenzzahnarzt der Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz lars.strassburger@unimedizin-mainz.de Foto: Universitätsmedizin Mainz Dr. Monika Bjelopavlovic Poliklinik für Zahnärztliche Prothetik und Werkstoffkunde, Universitätsmedizin der Johannes-Gutenberg Universität Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Universitätsmedizin Mainz Univ.-Prof. Dr. Dr. Peer W. Kämmerer, MA, FEBOMFS Leitender Oberarzt/Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für Mund-, Kieferund Gesichtschirurgie – Plastische Operationen, Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz Foto: Kämmerer Fotos: Universitätsmedizin Mainz

ZAHNMEDIZIN | 23 Sich für das KaVo ProXam Konzept zu entscheiden, bedeutet Premium-Qualität mit erprobten, zuverlässigen Technologien zu erhalten - egal ob in der intra- und extraoralen Bildgebung oder im Bereich des intraoralen Scannens. Erfahren Sie mehr: www.kavo.com/de/imaging KaVo ProXam Ein Portfolio - viele Möglichkeiten. KaVo Dental GmbH | Bismarckring 39 | 88400 Biberach | Deutschland www.kavo.com

24 | POLITIK zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1878) Die Zusammenarbeit der zahnärztlichen und der zahntechnischen Berufsgruppen verlangt sowohl zahnärztlich-medizinische Kompetenz und Erfahrung als auch materialkundliches sowie technologisches Wissen und die fachlich korrekte handwerkliche Umsetzung. Dafür ist eine präzise Aufgabentrennung zwischen beiden Berufsgruppen unabdingbar, die sich streng an den erworbenen Qualifikationen der Beteiligten im Rahmen der zahnärztlichen Approbationsordnung beziehungsweise der zahntechnischen Ausbildungsordnung auszurichten hat. „Wenngleich sich die Zusammenarbeit im überwiegenden Maße an diesen Grundsätzen ausrichtet, werden bisweilen zahnärztlich-medizinische Aufgaben unzulässigerweise an Zahntechniker delegiert beziehungsweise von diesen übernommen. Zusätzlich werden zahnärztliche Leistungen von Zahntechnikern initiiert und selbstständig ausgeführt“, schreibt der Arbeitskreis Ethik der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund und Kieferheilkunde (DGZMK) in einem jetzt Grundsätzlich gilt: Zahnärztliche Tätigkeiten sind an Zahntechniker weder delegierbar noch durch diese substituierbar. Im Hinblick auf die Delegationsfähigkeit besteht kein Unterschied zwischen im Praxislabor oder im gewerblichen Labor beschäftigten Zahntechnikern. Foto: Kadmy – stock.adobe.com POSITIONSPAPIER DES ARBEITSKREISES ETHIK DER DGZMK ZUR ZUSAMMENARBEIT VON ZAHNÄRZTEN UND ZAHNTECHNIKERN Weiterhin gemeinsam erfolgreich mit klarer Aufgabenverteilung Seit vielen Jahren arbeiten Zahnärztinnen und Zahnärzte mit Zahntechnikerinnen und Zahntechnikern zum Wohle der Patienten erfolgreich zusammen. Dennoch werden bisweilen zahnärztlich-medizinische Aufgaben unzulässigerweise an Zahntechniker delegiert beziehungsweise von diesen übernommen. Teilweise aus Unkenntnis, teilweise aber auch unter bewusster Vorteilsnahme. Neben den juristischen Problemen werden dabei grundlegende ethische Prinzipien zulasten der Patientensicherheit ignoriert.

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26 | POLITIK veröffentlichten Positionspapier. Teilweise geschehe dies aus Unkenntnis, teilweise aber auch unter bewusster Vorteilsnahme seitens der Zahnärztinnen und Zahnärzte beziehungsweise der Zahntechnikerinnen und Zahntechniker. Das Ausnutzen der Abhängigkeit des Zahntechnikers durch den Zahnarzt sowie des Vertrauens der Patienten habe bereits zu „einer bedenklichen Entwicklung innerhalb beider Berufsgruppen geführt“. Vor diesem Hintergrund sei es das Anliegen des vorliegenden Positionspapiers, die Sensibilität der Zahntechnikerinnen und Zahntechniker sowie der Zahnärztinnen und Zahnärzte für die Besonderheiten und für die konsequente Einhaltung der gebotenen Abgrenzung der praktizierten Zusammenarbeit zu erhöhen. Transparente Regeln, konsequente Abgrenzung Im Positionspapier wird festgehalten: „Die Gesamtverantwortung für jede zahnmedizinische Behandlung liegt ausschließlich beim zahnärztlichen Behandler. Nach dem Zahnheilkundegesetz (ZHG) setzt die zahnärztliche Tätigkeit eine zahnärztliche Approbation voraus. Allein diese berechtigt und befähigt zur Feststellung und Behandlung von Zahn-, Mund- und Kieferkrankheiten (§ 1 Abs. 3 ZHG) im Rahmen der zahnmedizinischwissenschaftlichen Erkenntnisse. Neben der Übernahme der Gesamtverantwortung ist der Zahnarzt auch zur persönlichen Leistungserbringung verpflichtet.“ Und weiter: „Eine Delegation originär zahnärztlicher Aufgaben an Zahntechnikerinnen und Zahntechniker ist aus mehreren Gründen ausgeschlossen. Das selbsttätige Handeln eines Zahntechnikers am stomatognathen System eines Patienten ist von der handwerklichen Ausbildung des Zahntechnikers nicht gedeckt. Der Zahntechniker ist insbesondere nicht befähigt, mögliche Schadensrisiken seiner Arbeit am Patienten zu erkennen sowie im Schadensfall medizinisch adäquat einzugreifen. Auch eine Substitution von zahnärztlichen Leistungen ist nicht möglich, da auf diese Weise die Verantwortung für die durchgeführten Leistungen unzulässigerweise auf Dritte übertragen werden würde. Zu beachten ist, dass zwischen Zahntechniker und Patient kein Vertragsverhältnis besteht.“ Die besondere moralische Verantwortung des Zahnarztes liege laut den Autorinnen und Autoren darin, „sein ganzes Wissen und seine Erfahrung zu nutzen, um seine Patienten vor möglichen körperlichen und seelischen Schäden zu schützen und manchmal unvermeidbare Schadensrisiken professionell zu erkennen, abzuwägen und auf diesem Wege so gering wie möglich zu halten“. Die besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten verbiete es, die Durchführung zahnärztlicher Tätigkeiten auf nicht zahnärztliche Leistungserbringer zu übertragen und die Verantwortung an sie abzugeben. „Der Patient und sein gesundheitliches Wohl stehen an oberster Stelle“, stellt der Arbeitskreis Ethik klar. Die Verantwortung des Zahnarztes für den Patienten verbiete es ihm, einem möglicherweise bestehenden Patientenwunsch nach Übernahme und Durchführung zahnärztlicher Maßnahmen in einem zahntechnischen Labor nachzukommen. „Dem Patienten sollte im Rahmen der Aufklärung bewusst gemacht werden, dass Behandlungsmaßnahmen welcher Art auch immer nicht delegierbar sind und es somit illegal sowie risikobehaftet ist, wenn ein Zahntechniker diese übernimmt“, heißt es. zm113 Nr. 21, 01.11.2023, (1880) SO BITTE NICHT! Beispiele unzulässiger Tätigkeiten durch Zahntechnikerinnen und Zahntechniker: n selbstständiges Herstellen von dentalen Schienen jeder Art ohne zahnärztlichen Auftrag (zum Beispiel Funktion, KFO, Schnarchen) n Durchführung eigeninitiierter Reparaturen n Beratung des Patienten bezüglich seiner prothetischen Versorgung n Präparation von natürlichen Zähnen (Körperverletzung) n Werbung mit der Übernahme zahnärztlicher Leistungen Beispiele unzulässiger Delegation an Zahntechnikerinnen und Zahntechniker: n manuelle, instrumentelle und ästhetische Diagnostik (Ausnahme: Bestimmung der Zahnfarbe), Relationsbestimmungen n intraorale Abformungen jeder Art n Wachs- und Gerüsteinproben jeder Art n Abnehmen und Wiedereinsetzen oder intraorale Herstellung von Provisorien n Eingliederung von abnehmbarem und festsitzendem Zahnersatz (inklusive Implantatteilen) Beispiele für Korruptions- und Vorteilsnahmepraktiken: n das kostenfreie Zurverfügungstellen von Materialien oder technischem Equipment, etwa Artikulatoren, instrumentelle Funktionsanalysetools, digitale Intraoralscanner, Planungsanalysen oder Ähnliches n über das Skonto hinausgehende Rabatte, die nicht an den Patienten weitergegeben werden, n unentgeltliche Dienstleistungen des Labors, die originäre Aufgaben der Zahnarztpraxis sind (Unterstützung bei oder Übernahme von Zahnersatzabrechnungen, Finanzierungsdienstleistungen, Finanzierungskostenbeteiligungen oder Ähnliches) Folgende Motive können dafür verantwortlich sein: n Die Zahnarztpraxis fordert solche Praktiken ein oder nimmt sie in Unkenntnis der Rechts- und Problemlage an. n Das zahntechnische Labor bietet von sich aus derartige Praktiken an oder sieht sich dazu gezwungen. Illustration: chekman – stock.adobe.com

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