Zahnaerztliche Mitteilungen Nr. 07

20 | POLITIK ZAHNARZT CHRISTIAN BARTELT ZU SEINER ARBEIT IM BUNDESTAG „Den Workload als MdB habe ich unterschätzt“ Nach knapp einem halben Jahr im Deutschen Bundestag zieht Zahnarzt Christian Bartelt (FDP) ein Zwischenfazit über sein Leben als Politiker in Berlin: über die Arbeit im Gesundheitsausschuss, die Störaktionen der AfD und wie es ihm gelingt, sich in den sitzungsfreien Wochen in seiner Einzelpraxis auf dem Land bei Behandlungen zu „erden“. Herr Bartelt, Sie sind jetzt seit knapp sechs Monaten Mitglied des Deutschen Bundestags. Wo hat sie der Alltag als MdB überrascht? Christian Bartelt: Tatsächlich hatte ich den Zeitaufwand wirklich unterschätzt, den es in Anspruch nimmt. Ich bin von einer 45-Stunden-Woche ausgegangen. Dass es teilweise zwischen 60 und 80 Stunden pro Woche sind, hatte ich so nicht auf dem Zettel. Aber es ist trotzdem machbar. Hinzu kam im Herbst vergangenen Jahres dann ja noch die Herausforderung, ein Büro neu zu organisieren. Ja, aber was das angeht, habe ich einfach das riesige Glück gehabt, dass ich sowohl das Büro als auch die Angestellten von meinem Vorgänger Hagen Reinhold übernehmen konnte. Ich bin damit in fertige und gut funktionierende Strukturen gekommen. Nachdem Sie zwischenzeitlich öffentlich als Nachfolger ihres ebenfalls ausgeschiedenen Parteikollegen Lars Lindemann als FraktionsObmann im Gesundheitsausschuss gehandelt worden waren, ging die Funktion Mitte März an Kristin Lütke. Was sagen Sie zu der Entscheidung? Das war eine klare Sache der Mehrheitsverhältnisse in der Abstimmung der AG Gesundheit, in der ich noch nicht stimmberechtigt war und deren Vorsitzende Frau Lütke ist. Aber das spielt für mich insofern keine Rolle, weil ich letzten Endes gerade was die Berichterstattung und den Zuschnitt der Fachlichkeit angeht, bekommen habe, was ich immer wollte. Ich bin jetzt verantwortlich für den ganzen ambulanten Bereich, das heißt für die Freien Berufe wie niedergelassene Zahnärzte und niedergelassenen Ärzte. Das kompensiert das auf jeden Fall. Bedeutet die Entscheidung auch, dass Pflege aus Sicht der Fraktion eine größere Rolle als Zahnmedizin spielt? Frau Lütke ist ja als Unternehmerin im Pflegebereich tätig. Nein. Das ist ja das Kuriose an der ganzen Geschichte. Denn Frau Lütke übernimmt gar nicht das Thema Pflege. Sie hat beruflich damit zu tun, aber nicht als Bundestagsabgeordnete. Das ist eine Compliance-Geschichte, mit der vorher auch argumentiert wurde, warum ich nicht die Zahnarztthemen übernehmen sollte. Dabei ist es ein Themenfeld, in dem ich mich gut auskenne. Ein großes Thema aus Sicht der Zahnärzteschaft – und neulich Gegenstand im Gesundheitsausschuss – ist Private Equity. Die FDP ist ja klassischerweise investorenfreundlich, hier kollidiert diese Haltung jedoch mit den Vorstellungen der Zahnärzteschaft. Wie lässt sich dieser Widerspruch auflösen? Da bin ich auch sehr ambivalent. Als Mecklenburger haben wir mit investorenbetriebenen MVZ so gut wie keine Berührungspunkte, aber ich sehe tatsächlich die Notwendigkeit, dass KZVen und Kammern mehr Eingriffsmöglichkeiten haben. Auch innerhalb der Fraktion gibt es dazu kontroverse Meinungen. Vorrangig muss es natürlich ums Patientenwohl gehen. Und Studien zum Abrechnungsverhalten von investorenbetriebenen MVZ und Berichte zu den Arbeitsbedingungen der dort angestellten Kollegen, mit denen nicht so gut umgegangen wird, geben zu denken. Aber grundsätzlich gehören iMVZ zum breiten Feld der Versorgung mit dazu. Bis zum Ende der Legislatur stehen alle Reformen unter dem Finanzierungsvorbehalt des FDP-Finanzministers. Was ist gesundheitspolitisch überhaupt noch umsetzbar bis zum Beginn des Wahlkampfs im Herbst? Na, was auf jeden Fall umsetzbar ist und was umsetzbar sein muss, ist ein eigenes Bürokratieentlastungsgesetz. Da haben wir endlich auch vom Bundesgesundheitsminister die Zusage bekommen, dass es ein eigenes Gesetz und nicht irgendwo in anderen Gesetzen mit beigemengt wird – und wir die eine oder andere Kröte für die Umsetzung hätten schlucken müssen. Insofern bin ich sehr gespannt. Andere Regelungen, wie etwa die Krankenhausreform stehen ja nicht zwingend unter dem Finanzierungsvorbehalt, sondern sind eher von der Zustimmung der Länder abhängig. Eine Dauer-Herausforderung für den Politikbetrieb sind die Störfeuer der AfD. Jüngst sorgte etwa die Aktion von Kay-Uwe Ziegler für Wirbel, der sich kurzerhand selbst zum Vorsitzenden des Gesundheitsausschusses erklärte. Wie schwer behindern Vertreter der AfD aus Ihrer Wahrnehmung den demokratischen Prozess auf Bundesebene? Es gehört einfach zum Kalkül der AfD, mit solchen Aktionen zum einen den normalen Ablauf zu behindern und sich zum anderen anschließend in den sozialen Medien als Opfer präsentieren und so Wähler akquirieren zu können. Wir haben Der 1976 geborene Zahnarzt Christian Bartelt gehört seit September 2023 dem Deutschen Bundestag an, als er das Amt des freiwillig ausgeschiedenen Abgeordneten Hagen Reinhold (FDP) übernommen hat. Foto: Deutscher Bundestag/ Inga Haar zm114 Nr. 07, 01.04.2024, (518)

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