64 | ZAHNMEDIZIN Fallbeispiels einer neunjährigen Patientin mit traumatischem Verlust des oberen mittleren Schneidezahns beschrieben werden. Kasuistik Ein neunjähriges Mädchen hatte bei einem Schlittenunfall den rechten oberen mittleren Schneidezahn verloren. Der Zahn 11 war nach einer extraoralen Lagerungszeit von mehr als 24 Stunden alio loco replantiert und mit einem Titan-Trauma-Splint von Zahn 12 bis 22 geschient worden. Drei Monate nach dem Unfall stellte sich die Patientin mit folgendem Befund vor (Abbildung 2): Im OPG findet sich nach Replantation mit Pulpotomie (Abbildung 2a) bereits ein vertikaler Einbruch des krestalen Knochens, drei Monate später ist eine infektionsbedingte Resorption des Zahnes 11 erkennbar (Abbildung 2b). Alle vier Milcheckzähne zeigen im Alter von neun Jahren bereits deutlich reduzierte Wurzellängen aufgrund der natürlichen Exfoliation durch die im Durchbruch befindlichen bleibenden Eckzähne. Die Entscheidung fiel auf den Zahn 83 als Autotransplantat, da dieser zu diesem Zeitpunkt die längste Wurzel aufwies (Abbildung 2b). AufgrundderinfaustenPrognosedesreplantierten Zahnes 11 entschieden wir uns für die Milchzahn-Transplantation von 83 nach 11, da dieser die längste Wurzellänge aller vier Milcheckzähne besaß. Im selben Eingriff wurde der replantierte Zahn 11 entfernt und der Milcheckzahn 83 in die Lücke 11 transplantiert. Das Transplantat wurde für drei Wochen mit einer Überknüpfnaht fixiert, die mit Kunststoff (Tetric EvoFlow®, Cavifil, Bleach XL) adhäsiv gesichert wurde (Abbildung 3a). Nach der Entfernung der Naht zeigte sich ein reizlos eingeheiltes Transplantat mit Lockerung I. Grades, negativem Perkussionstest sowie reizlosen gingivalen Verhältnissen bei einer Taschentiefe von 1 mm (Abbildung 3b). Das Transplantat wurde acht Wochen später schrittweise in adhäsiver Technik mit Komposit aufgebaut (Abbildungen 4a und 4b) und blieb so für weitere 4,2 Jahre – funktionstüchtig – im Mund der Patientin, bis ins Alter von 13,2 Jahren. Die psychosozialen Folgen dieser sofortigen ästhetischen Rehabilitation können gerade bei Mädchen gar nicht hoch genug eingeschätzt werden. Ein Jahr nach der Autotransplantation wurde die Patientin erneut vorstellig und war klinisch beschwerdefrei. Sie hatte zu keinem Zeitpunkt Schmerzen oder Beschwerden. Das Transplantat zeigte eine physiologische Beweglichkeit und war vollumfänglich funktionsfähig. Eine Wurzelkanalbehandlung mit Ca(OH)2 war zu keinem Zeitpunkt erforderlich. Die Exfoliation der Wurzel machte in der Folgezeit keine nennenswerten Fortschritte, was auf einen langen Erhalt der Zahnwurzel in der Zukunft hinweist. zm115 Nr. 03, 01.02.2025, (166) Fotos: Praxisklinik mkg-muc a b Prof. Dr. med. Dr. med. dent. Dirk Nolte Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mkg-muc® Sauerbruchstr. 48, 81377 München Foto: privat Dr. Sophie Esmaty Praxisklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie mkg-muc® Sauerbruchstr. 48, 81377 München Foto: mkg-muc® Abb. 5: Radiologischer (a) und klinischer (b) Befund ein Jahr nach autoTX 83 á 11: a: Die Wurzel des Milcheckzahns in Position 11 ist diskret verkürzt und zeigt eine nahezu vollständige Obliteration der Wurzel im Sinne einer vitalen Einheilung. b: Eine Ankylose mit vertikaler Wachstumshemmung war zu keinem Zeitpunkt nachweisbar. Die zuverlässige Entwicklung des vertikalen Wachstums von Knochen und Weichgewebe lässt sich im Vergleich zum gesunden Zahn 21 gut erkennen. Dr. Tanja Rupprecht Fachpraxis für Kieferorthopädie Dr. Tanja Rupprecht Rotkreuzstr. 1, 86368 Gersthofen Foto: Barbara Gandenheimer
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