Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 06

zm 108, Nr. 6, 16.3.2018, (518) Zunächst gilt: Für den zahnärztlichen Bereich wird es prinzipiell ent- scheidend sein, welche Weichenstellungen konkret vorgenommen werden und ob oder inwieweit der Aktionsrahmen der zahnärzt- lichen Selbstverwaltung damit beschnitten wird. Digitalisierung und E-Health-Gesetz Im Koalitionsvertrag nimmt der Bereich der Digitalisierung einen großen Raum ein. Dabei geht es auch um die Weiterentwicklung des E-Health-Gesetzes. Ein konkreter Aktionsplan soll bis 2020 Maß- nahmen und Meilensteine nennen. Relevant aus vertragszahnärzt- licher Sicht: Die elektronische Patientenakte und die Digitalisierung des Zahnbonusheftes im Rahmen der Telematikinfrastruktur sollen noch in dieser Legislaturperiode eingeführt werden. Für die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) wird es vor allem auf die genaue Ausgestaltung und die Rolle der Selbst- verwaltung ankommen. Dazu der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Wolfgang Eßer: „Bei der Digitalisierung des Gesundheitswesens muss die Selbstverwaltung weiterhin der zentrale Akteur bleiben, Stichwort Bonusheft und elektronische Patientenakte. Damit das interoperabel ausgestaltet wird, ist die Selbstverwaltung unerläss- lich. Sonst erntet man Lösungen, die nicht funktionieren und an den Bedürfnissen der Patienten und der Zahnärzte vorbeigehen.“ Kommission zur Honorarreform Von zentraler Bedeutung für Zahnärzte und Ärzte ist die Frage der Honorarreform. Im Vertrag heißt es: „Sowohl die ambulante Honorarordnung in der Gesetzlichen Krankenversicherung (EBM) als auch die Gebührenordnung der Privaten Krankenversicherung (GOÄ) müssen reformiert werden. Deshalb wollen wir ein modernes Vergütungssystem schaffen, das den Versorgungsbedarf der Bevöl- kerung und den Stand des medizinischen Fortschritts abbildet.“ Da- her will die Regierung dazu auf Vorschlag des Bundesgesundheits- ministeriums eine wissenschaftliche Kommission einsetzen, die bis Ende 2019 unter Berücksichtigung aller hiermit zusammenhängen- den medizinischen, rechtlichen und wirtschaftlichen Fragen Vor- schläge vorlegt. Ob diese Vorschläge umgesetzt werden, wird da- nach entschieden, heißt es. Für die KZBV ein sehr kritischer Punkt. Eßer dazu: „Zu einem solch riskanten Experiment mit der Versorgung unserer Patienten hat sich die KZBV immer ablehnend positioniert. In zahnärztlichen Praxen gibt es keine Zwei-Klassen-Medizin und Scheindebatten um vermeintlich „gerechte“ Honorarordnungen lösen keines der Probleme, die das Gesundheitssystem hat.“ Der Präsident der Bundeszahnärztekammer, Dr. Peter Engel ergänzt: „Die Zahnmedizin kann und darf neben der grundsätzlichen Kritik davon nicht betroffen sein, da sie eine Sonderrolle im Gesundheits- system einnimmt und immer eine Folgeabschätzung der Eingriffe beachtet werden muss.“ Stärkung der Gesundheitsfachberufe Der Koalitionsvertrag sieht auch eine neue Rollenverteilung der Gesundheitsberufe vor. Deren Aufgabenverteilung soll neu justiert werden, um ihnen mehr Verantwortung zu übertragen. Dieses The- ma wird sowohl in der Zahnärzteschaft als auch unter den Ärzten diskutiert. Befürchtet wird, dass durch eine weitere Akademisierung der Fachberufe der ärztliche und zahnärztliche Beruf ausgehöhlt wird. Für BZÄK und KZBV kommt es darauf an, was genau geplant wird. Für BZÄK und KZBV gilt nach wie vor die Maxime: Delegation ja – Substitution nein. Hier hat sich die BZÄK als verantwortliche Standesorganisation immer klar positioniert. So formulierte die BZÄK in ihrem Memorandum zur Aus- und Fortbildung des zahn- ärztlichen Praxispersonals 2016: „Eine Ausweitung der Delegations- möglichkeiten an Praxispersonal ist nicht notwendig, eine Ver- schiebung der Grenzen zwischen Substitution und Delegation wird abgelehnt.“ Weitere Vertragspunkte betreffen Regelungen, die die ärztliche Selbstverwaltung tangieren, und die von den Ärzten kritisiert wer- den (siehe Kasten). Weitere Kommissionen Laut Vertrag sollen weitere Kommissionen gebildet werden, um das Gesundheitssystem zu reformieren. So soll etwa eine Bund- Länder-Kommission zur Verbesserung der sektorübergreifenden Versorgung eingesetzt werden. Die Kommission soll „Vorschläge für alle Aspekte der Daseinsvorsorge genauso wie gezielte Struktur- verstärkungen in Ländern und Kommunen“ erarbeiten. Des Weiteren soll eine Kommission „Gleichwertige Lebensverhältnisse“, bestehend aus Bundesregierung, Ländern und kommunalen Spit- zenverbänden gebildet werden. Und: Dem Bundesministerium für Gesundheit soll das Recht eingeräumt werden, eigene Modell- projekte beim Innovationsfonds einbringen zu können. Dies brachte den Vorsitzenden des NAV-Virchow-Bundes, Dr. Dirk Heinrich, auf die Palme: „Der Staat übernimmt das Gesundheits- wesen. Mit einer Vielzahl von Detailregelungen und der Schaffung Koalitionsvertrag und Selbstverwaltung Wächst der staatliche Einfluss? Mit dem Ja der SPD-Mitglieder für eine Große Koalition steht fest: Die Vereinbarungen aus dem Koalitionsvertrag werden umgesetzt. Dieser sieht Maßnahmen vor, die in der Selbstverwaltung Befürchtungen wecken, der staatliche Einfluss der Politik könnte zunehmen. Dazu Beispiele. 14 Politik

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