Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 07

zm 108, Nr. 7, 1.4.2018, (732) gressive Muskelrelaxation nach Jacobson wirksam sein können, wie auch Biofeed- backverfahren zum Beispiel in Form eines Vasokonstriktionstrainings. Auch durch eine kognitive Verhaltenstherapie und durch eine regelmäßige körperliche Belastung im Sinne eines Ausdauertrainings kann man versuchen, die Migräne zu lindern und akuten Kopf- schmerzen vorzubeugen. Ratsam ist ins- besondere die Kombination einer medika- mentösen Migräneprophylaxe mit nicht- medikamentösen Vorbeugestrategien. Bisher ungeklärt ist laut DKMG der Stellen- wert der Akupunktur, als unwirksam wird die Homöopathie beurteilt. Sonderformen der Migräne: Eine Sonder- form ist die menstruelle Migräne. Rund sie- ben Prozent der Frauen mit Migräne klagen über ein gehäuftes Auftreten der Attacken während und kurz vor der Menstruation, wobei meist besonders starke Kopf- schmerzen in dieser Zeit angegeben werden. Als Ursache gelten Östrogenschwankungen. Da das Auftreten der Migräne zeitlich be- grenzt ist, kann eine Kurzzeitprophylaxe sinnvoll sein. Laut den Empfehlungen der DMKG kann der menstruellen Migräne entweder mit einem NSAR (am besten Na- proxen in einer Dosis von zweimal 500 mg täglich, gegeben ab dem vierten Tag vor Beginn der Menstruation bis zum dritten Tag danach) oder mit einem Hormon- pflaster (100 μg Östradiol) vorgebeugt werden. Eine besondere Situation stellt auch die Mgräne bei Kindern und Jugendlichen dar. Die Prävalenz liegt zwischen drei und vier Prozent, wobei etwa die Hälfte der Betroffe- nen auch später im Erwachsenenalter unter einer Migräne leidet. Überproportional häu- fig sind Kinder betroffen, deren Eltern eben- falls an einer Migräne leiden. Die kindliche Migräne zeigt dabei ein etwas anderes klinisches Bild: Beklagt werden häufig auch Bauchschmerzen. Die Kinder können ferner durch eine ungewohnte Teilnahmslosigkeit, durch Müdigkeit oder durch Blässe auffallen. Hauptsymptome sind oft Übelkeit und Erbrechen. Die Attacken sind meist kürzer als bei Erwachsenen, werden als solche oft übersehen oder als banaler Kopfschmerz und als Bauchprobleme fehlgedeutet. Christine Vetter Medizinische Fachjournalistin Das Stellen einer spezi- fischen Diagnose und eine ausführliche Aufklärung sind bei Kopf- und Gesichts- schmerzen entscheidend. So tritt beispielsweise auch der anhaltende idiopathische Gesichtsschmerz mit variabler Attackendauer auf. Er neigt zur Chronifizierung, ist diffus lokalisiert und tendiert zur Ausbreitung des wahrge- nommenen Schmerzes ins gesamte Gesichts- und Kiefer- areal. Häufig führen allerdings deswegen durchgeführte zahn- oder HNO- ärztliche Eingriffe zur Verstärkung und weiteren Perpetuierung der Symptomatik, da jeder neue Eingriff an den betroffenen Strukturen die Irritation potenziell ver- größert. Nun beharren die unsicheren Patienten oft auf genau diesen Eingriffen, was die Behandlung deutlich erschweren kann. Typischerweise handelt es sich um Frauen im mittleren und im höheren Lebensalter, wobei zum Teil von erheb- lichen psychischen Komorbiditäten ausge- gangen wird. Therapeutisch sind meist eine kombinierte Behandlung mit einem niedrig dosierten Antidepressivum (z. B. 10–25 mg Amitriptylin), eine gezielte phy- siotherapeutische Behandlung und ein Entspannungstraining nach sorgfältiger Aufklärung über das Krankheitsbild erfolg- reich. Eine psychologische Diagnostik und psychologische Schmerztherapie sowie die Therapie einer psychiatrischen Komorbidität werden zusätzlich empfohlen. Schlussfolgerung für die Praxis Sowohl die Migräne als auch multiple andere Arten von Kopf- schmerzen können mit einer untypischen Lokalisation des Schmerzes während der Attacken einhergehen. Das kann durchaus darin resultieren, dass die be- sorgten Patienten ihre Schmer- zen im Zahnbereich vermuten und nicht initial bei einem Neu- rologen vorstellig werden. Zur Vorbeugung von in diesen Fällen nicht wirksamen zahnärztlichen Eingriffen ist die Erkennung und die weitere Therapiebahnung bei den betroffenen Patienten durch den Zahnarzt wünschenswert. Im Zweifelsfall, auch um Tumoren im Kopf-Mund-Bereich nicht zu übersehen, sollte eine bildgebende Diagnostik und eine Vorstellung bei einem HNO-Arzt oder bei einem MKG-Chirurgen erfolgen. PD Dr. Dr. Peer W. Kämmerer M.A., FEBOMFS Leitender Oberarzt/Stellvertr. Klinikdirektor Klinik und Poliklinik für MKG-Chirurgie der Universitätsmedizin Mainz Augustusplatz 2, 55131 Mainz peer.kaemmerer@unimedizin-mainz.de Aus Sicht der Zahnmedizin Differenzialdiagnose Kopf- und Gesichtsschmerz Quelle: zahnschmerzennachfullung.blogspot.de 100 Medizin

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