Zahnärztliche Mitteilungen Nr. 09

zm 108, Nr. 9, 1.5.2018, (996) Ringelmann wurde am 10. April 1776 als erstes von sieben Kindern des Schneiders Friedrich Ringelmann in Würzburg geboren. Dort besuchte er das Gymnasium, das er jedoch vor- zeitig verließ. Ringelmann konnte sich dennoch 1792 an der Würzburger Universität für das Fach Chirurgie im- matrikulieren, das damals (im Unter- schied zur Medizin) noch nicht zu den akademischen Fächern gehörte [Groß, 1999a]. In den Jahren 1795 bis 1798 diente er als Feldwundarzt in der kaiserlich-königlichen österreichischen Armee; die Abschlussprüfungen legte er 1799 nach seiner Rückkehr nach Würzburg ab [Schwarz, 1994]. Bereits 1799 stellte Ringelmann beim Ma- gistrat den Antrag, sich als zweiter Zahnarzt neben Philipp Frank in Würzburg nieder- lassen zu dürfen; tatsächlich spezialisierten sich zu dieser Zeit viele Wundärzte auf die Zahnbehandlung [Groß, 1999b]. Rin- gelmann, der seinen Antrag mit Zeugnissen Würzburger Professoren versah, hatte Erfolg [Holzhauer, 1962; Schwarz, 1994; Schröck- Schmidt, 1996]. Schon bald ersuchte er um die Erlaubnis, über die Zahnbehandlung hinaus die ge- samte wundärztliche Praxis ausüben zu dürfen. Auch dieser Antrag war erfolgreich – allerdings musste sich Ringelmann zuvor auf Anordnung des Fürstbischofs einer Prüfung vor Professoren der Universität unterziehen. Letztere attestierten ihm sehr gute Kennt- nisse in der Chirurgie, so dass es ihm seit April 1801 erlaubt war, die chirurgische Praxis außerhalb des Zunftverbands aus- zuüben; nicht gestattet wurde ihm, Gesellen anzustellen [Schwarz, 1994; Schröck-Schmidt, 1996]. Befeuert durch seine erfolgreichen Anträge, bewarb sich Ringelmann um die Position eines öffentlichen Lehrers an der Universität Würzburg. Er bot an, alle inländischen Kan- didaten der Chirurgie unentgeltlich in Zahn- heilkunde zu unterrichten. Als Motiv nannte er sein Bestreben, die Patienten vor „unwür- digen“ und „gewinnsüchtigen“ Scharlatanen zu bewahren. Tatsächlich existierte zu jenem Zeitpunkt noch keine verbindliche Ausbil- dung zum Zahnbehandler. Ringelmann, der 1802 geheiratet hatte, schien erneut die richtigen Argumente ge- funden zu haben – jedenfalls wurde er im Februar 1803 als Dozent an der Universität beschäftigt. Damit verbunden war die Er- laubnis, als „aggregiertes“ Mitglied der Me- dizinischen Fakultät Vorlesungen zu halten – ungefähr dem heutigen Lehrbeauftragten entsprechend. Da er kein ordentliches Fakultätsmitglied war, wurden seine Lehr- veranstaltungen im Vorlesungsverzeichnis durch einen Strich getrennt aufgeführt [Schwarz, 1994; Schröck-Schmidt, 1996]. Das Beispiel Ringelmanns zeigt, wir schwer es für Vertreter eines nichtakademischen Faches damals war, bei den ordentlichen Professoren Akzeptanz zu finden. Deshalb erscheint es lohnend, die weiteren Schritte Ringelmanns auf dem Weg zu universitärer Anerkennung nachzuzeichnen: Ringelmann ließ sich durch seine inferiore Positionierung im Vorlesungsverzeichnis weder einschüchtern noch einschrän- ken. Rasch bot er Vorlesungen an, die eindeutig in die Pädiatrie hinein- reichten: Er widmete sich dem „schweren Zahnen“ der Kinder – zum Ärger der Fakultät, die in der Themenwahl eine Grenzüberschrei- tung erblickte [Schröck-Schmidt, 1996]. Gleiches sah man in Ringel- manns Strategie, im Januar 1804 im „Intelligenzblatt für den Unter- Mainkreis“ seinen Unterricht als „öffentlicher Lehrer“ der Universität zu annoncieren, womit er den Eindruck er- weckte, ein ordentlicher Professor zu sein [Schwarz, 1994]. Während die Fakultät pro- testierte, beschwerte sich Ringelmann sei- nerseits gegen die Praxis, seine Vorlesungen unter einem Strich und nicht im vollem Wortlaut anzuführen. Es folgten harsche Schriftwechsel zwischen Fakultät, Senat und den kurfürstlichen Stellen, die mit einem Kompromiss endeten: Solange Ringelmann keinen akademischen Grad erlangt habe, sei er nicht der Gruppe der öffentlichen Lehrer zuzuordnen. Dementsprechend hätten seine Vorlesungen tatsächlich im Verzeichnis am Ende zu erscheinen – allerdings ohne Trenn- strich und in vollem Wortlaut [Schwarz, 1994; Schröck-Schmidt, 1996]. Ringelmann nahm diesen Teilerfolg zum Anlass für zahlreiche weitere Beschwerde- briefe und Petitionen. Um seine Kritikern Paroli zu bieten, hatte er zwischenzeitlich beschlossen, in Heidelberg zu promovieren. Bereits im März 1804 wurde ihm nach Vor- lage einer Dissertation („De ossium morbis eorumque, in specie dentium carie“) der Dr. chirurgiae zuerkannt [Ringelmann, 1804]. Unter Verweis auf die Doktorwürde bewarb er sich im April 1804 offiziell um eine Profes- sur an der Universität Würzburg. Diese ent- Wegbereiter der Zahnheilkunde – Teil 13 Carl Joseph Ringelmann – Erster Unidozent im Fach Zahnheilkunde Carl Joseph Ringelmann (1776–1854) gilt als Protagonist bei der Akademisierung der Zahnheilkunde. Er kämpfte entschlossen für seine Anerkennung als ordentlicher Hochschullehrer und unterstrich damit die Bedeutung einer anerkannten universi- tären zahnärztlichen Ausbildung. Quelle: Würzburger medizinhistorische Forschungen, Bd. 55 Die Todesanzeige von Ringelmann 100 Gesellschaft

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